Hüskens zieht gemischte Bilanz nach Einführung des Neun-Euro-Tickets

8. Juni 2022 | Politik, Umwelt + Verkehr | 3 Kommentare

Eigentlich sollte das 9-Euro-Ticket vor allem finanzielle Entlastung schaffen und Pendlern unter die Arme greifen. Nach dem nunmehr ersten Wochenende ist jedoch klar, dass auch zahlreiche Kurzurlauber und Event-Besuchende das Ticket und den Service der Bahn in Anspruch nahmen und weiterhin nehmen werden. In der Folge kam es zu extrem vollen Zügen, zahlreichen Verspätungen, zum Teil Zugausfällen aufgrund von Überfüllung und insbesondere zu Ernüchterung. Sachsen-Anhalts Verkehrsministerin Dr. Lydia Hüskens zog gestern nun eine erste Bilanz und sah dabei aber Positives.

„Die Erwartungen haben sich in jeder Hinsicht erfüllt, könnte man ganz knapp sagen. So haben einerseits tatsächlich deutlich mehr Menschen Bahn und Bus genutzt. Damit wurde das Ziel erreicht, einen Anreiz dafür zu schaffen, das eigene Auto einmal stehen zu lassen. Auf der anderen Seite sind vielerorts infrastrukturelle Probleme im Schienennahverkehr zutage getreten, wie sie zu befürchten waren.“

Die Ministerin fügte jedoch hinzu, dass gerade das zurückliegende Feiertagswochenende mit einer Vielzahl großer Veranstaltungen aber auch eine erste, echte Feuerprobe für das günstige Ticket gewesen sei. Daher seien die drei Tage für ein abschließendes Fazit zu wenig.

„Dennoch gibt es bereits jetzt viele Anhaltspunkte dafür, was im Öffentlichen Personennahverkehr unbedingt besser werden muss, wenn wir mehr Menschen von den Vorteilen überzeugen wollen. Der Feldversuch Neun-Euro-Ticket zeigt, die Infrastruktur ist für einen spürbaren Passagieranstieg nicht gerüstet. Es gab zu wenig Investitionen in den vergangenen Jahren. Dabei stehen sowohl der Bund als auch die Länder in der Verantwortung. Wir können nicht gegenseitig mit den Fingern aufeinander zeigen. Darüber gilt es zu reden, sowohl in Berlin als auch in Magdeburg“, betonte die Ministerin.

Die Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt erklärte derweil, das Pfingstwochenende sei von einer deutlich erhöhten Nachfrage geprägt gewesen: Dies betraf feiertagsübliche Kurzurlaube und Ausflüge. Hinzu kamen eine Reihe von Großveranstaltungen zu Pfingsten (Springbreak in Pouch mit ca. 22.000 Teilnehmern, Wave-Gotik-Treffen in Leipzig mit ca. 25.000 Teilnehmern, Saale-Weinmeile zwischen Bad Kösen und Roßbach mit mehreren tausend Besuchern sowie die Königstage in Quedlinburg und die Kulturelle Landpartie im Wendland).

Einige Betriebsstörungen hatten die Lage zudem weiter erschwert (Böschungsbrände, Personenunfälle, Störungen an der Leit- und Sicherungstechnik, Oberbaumängel). An den beiden Hauptreisetagen Samstag und Pfingstmontag waren die Züge insgesamt sehr stark nachgefragt. Daher war auch die ansonsten nahezu unproblematische Fahrradmitnahme nur sehr beschränkt möglich. Dass es hier zu Engpässen kommen kann, wurde zwar schon vor dem Wochenende intensiv kommuniziert, letztlich von den Reisenden aber nicht immer ausreichend beachtet.

Auf den erwartet stark nachgefragten Strecken in die Metropolen, die vor allem auch als Transitverbindungen durch Sachsen-Anhalt genutzt wurden, mussten Züge wegen Überfüllung in einem Fall ganz oder aber teilweise geräumt werden. Vielfach war bei den Unterwegshalten kein Zustieg mehr möglich, was mancherorts zu Verspätungen führte.

Auf der Achse Magdeburg – Braunschweig wurden von der DB Regio operativ zwei Sonderzugfahrten als Entlastung durchgeführt. Abellio und DB Region hatten etliche Zugleistungen planmäßig verstärkt. Dort, wo die Unternehmen keine zusätzlichen Fahrzeuge beschaffen konnten, traten die Probleme dann allerdings besonders zutage.

Der Einsatz von „Reisendenlenkern“ auf den großen Bahnhöfen hat sich bewährt, um den Einstieg etwas zu beschleunigen und um diverse Auskünfte zu erteilen. In Sachsen-Anhalt finden wochentags rund 1.700 Zugfahrten statt. An den Wochenenden sind es rund 1.400 Fahrten täglich.

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