Slawische und eisenzeitliche Siedlung bei Theißen entdeckt

6. August 2017 | Nachrichten | 3 Kommentare

Zeitz-Theißen, Fundstelle 3. Grabungsleiter Dovydas Jurkenas stellt das Grubenhaus in der slawischen Siedlung vor. © Claudia Hoga, Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie

Im Zuge des Neubaus der Ortsumfahrung der B91 östlich von Theißen führt das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt derzeit archäologische Ausgrabungen durch.
Seit Mitte April bis Ende Oktober 2017 werden sechs Fundstellen mit einer Gesamtfläche von 29.000 m² ausgegraben. Die Untersuchungsflächen befinden sich zwischen den Ortschaften Theißen und Nonnewitz und folgen dem zukünftigen Verlauf der Ortsumfahrung auf einer Gesamtlänge von ca. 1,1 km in Nord-Süd Richtung.

Während das Kernstück der Ausgrabung die im Folgenden vorgestellte slawischen Siedlung ausmacht, zeugen weitere, noch ältere Funde und Befunde von einer komplexen und langen Siedlungskontinuität über einen Zeitraum von gut 3.000 Jahren. So lässt sich die Nutzung der Siedlungslage auch in der Eisenzeit nachweisen, die sich an die Verwendung des Areals als Bestattungsplatz im Endneolithikum (2800 bis 2200 v. Chr.) anschließt.

Im Niederungsbereich des Grabungsareals (Fundstelle 3) zeugen zwei Grubenhäuser, ein Pfostenbau und mehrere Gruben von der Besiedlung der Fläche während historischer Zeiten. Nach keramischem Material handelt es sich um einen Ausschnitt einer mittelslawischen Siedlung (8.–10. Jahrhundert n. Chr.), deren Schwerpunkt beiderseits eines Baches liegt. Besonders interessant ist die Verknüpfung dieser archäologischen Strukturen mit schriftlichen Quellen. Bröditz, heutzutage ein Ortsteil von Nonnewitz im Westen, wurde erstmals im Jahr 976 als Villa Brodici erwähnt, was aus dem Slawischen übersetzt »Furt« bedeutet. Ob die aufgedeckte ländliche Siedlung tatsächlich an der Stelle einer Furt lag, kann man nicht eindeutig beantworten. Es ist aber auffällig, dass ein südlich des Baches erfasster neuzeitlicher Altweg beziehungsweise seine Fahrspuren Richtung Bröditz führen.

Zeitz-Theißen, Fundstelle 3.
Bestattung eines Mannes
vom Ende der Jungsteinzeit.
© Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie

Auf der Hochfläche der Fundstelle 3, oberhalb der slawischen Siedlung, weisen zahlreiche Befunde auf ein vorhergehendes, großes Siedlungsareal während der älteren Eisenzeit (800 bis 500 v. Chr.) hin. Die Untersuchungen im Bereich dieser Fundstelle sind noch nicht abgeschlossen. Es steht jedoch fest, dass lediglich ein kleiner Teil der Siedlung erfasst wurde. Die bisher etwa 300 dokumentierten Befunde zeugen von einem Wirtschaftsbereich mit zahlreichen und dicht zu einander liegenden Vorrats-, Abfall- und Lehmentnahmegruben sowie mindestens einem Speicherbau. Die entsorgten Webgewichte und vereinzelte kleine Fragmente der Briquetage deuten auf die Textilbearbeitung und eine eventuelle Salzproduktion hin. In der unmittelbaren Nähe dieses Bereiches beziehungsweise südwestlich davon befindet sich ein zweischiffiges Wohnhaus, das vermutlich ebenso zur Siedlung gehört. Auffällig ist, dass zwischen den zahlreichen Siedlungsgruben drei weitere Bestattungen zu finden sind. Allerdings bleibt momentan aufgrund des fehlenden Fundmaterials eine zeitliche und kulturelle Zuordnung offen. Herauszuheben ist die wahrscheinlich jungsteinzeitliche Hockerbestattung eines Mannes in Rückenlage in einer Siedlungsgrube, mit dem Kopf nach Nordwesten, dem Blick nach Osten, angewinkelten Beinen und mit ursprünglich gebundenen Armen. Bemerkenswert ist, dass der Bauchbereich des Skelettes mit einer kompakten Schicht von Brandlehm zugedeckt wurde. Möglicherweise könnten solche Befundumstände als Schutzmaßnahme vor Wiedergängertum des Toten interpretiert werden. Weiterhin befand sich eine Unterkieferhälfte eines kleineren Wiederkäuers direkt an der rechten Schulter.

Den ältesten Hinweis auf die Besiedlung im Umfeld der Siedlungen gibt eine Hockerbestattung der Glockenbecherkultur (2600 bis 2200 v. Chr.), welche an der Fundstelle (Fundstelle 1) nahe der Hauptstraße zwischen Theißen und Nonnewitz aufgedeckt wurde. Es handelt sich hierbei nicht um eine reguläre Bestattung in Hockerlage, sondern um eine im neolithischen Kontext selten beobachtete Umbestattung. Hierbei wurde der männliche Verstorbene, nach allen zu dieser Zeit herrschenden Sitten und Riten, auf eine andere Stelle umgebettet. Die Knochen wurden in einer schlafenden Position, auf der rechten Seite liegend, mit dem Kopf nach Norden zeigend und angewinkelten Händen und Beinen angeordnet. Dies ist ein klarer Beleg für den respektvollen Umgang mit dem Tod und den Verstorbenen.

Text und Fotos: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie

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