Wiegand muss sich wegen uneidlicher Falschaussage vor Gericht verantworten

30. Januar 2024 | Politik | 24 Kommentare

Der suspendierte Oberbürgermeister von Halle, Bernd Wiegand, muss sich vor Gericht verantworten, da er wegen uneidlicher Falschaussage angeklagt wurde. Ihm wird uneidliche Falschaussage vorgeworfen im Zusammenhang mit einem Zivilprozess am Landgericht Halle. Er soll wahrheitswidrig ausgesagt haben, dass er mit dem Geschäftsführer der Entwicklungs- und Verwaltungsgesellschaft Halle-Saalkreis (EVG) vereinbart habe, dass eine beurlaubte Angestellte weiter beschäftigt werde. Die Anklage lautet darauf, dass Wiegand falsche Angaben gemacht hat und somit eine uneidliche Falschaussage begangen hat. Das Landgericht Halle lehnte jedoch ein Hauptverfahren gegen ihn und seine frühere Büroleiterin wegen des Ausspähens von Daten ab. Die Anklage bezieht sich auf den Vorwurf, dass Wiegand im Jahr 2017 einer beurlaubten Angestellten Zugang zum Datennetzwerk der Entwicklungs- und Verwaltungsgesellschaft Halle-Saalkreis (EVG) verschafft haben soll. Das Gericht konnte jedoch nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass Wiegand an der Beschaffung des Datenzugangs beteiligt war oder später davon erfuhr und nichts unternahm. Wiegand wurde im April 2021 vom Stadtrat suspendiert, insbesondere wegen Manipulationen bei der Reihenfolge von Corona-Impfungen. (Quelle: Mitteldeutsche Zeitung).

 

Das Landgericht teilt dazu weitere Details mit:

Mit Beschluss vom 29.01.2024 hat die zuständige Strafkammer des Landgerichts Halle die Anklage der Staatsanwaltschaft Halle vom 15.06.2022 gegen den beurlaubten Oberbürgermeister der Stadt Halle Dr. W. insoweit zugelassen, als dem Angeschuldigten uneidliche Falschaussage zur Last gelegt wird. Soweit ihm und seiner damaligen Büroleiterin ein gemeinschaftliches Vorbereiten des Ausspähens von Daten zur Last gelegt wird, hat die Kammer die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.

Mit der Anklageschrift wird den Angeschuldigten Dr. W. und seiner Büroleiterin zur Last gelegt, im Jahre 2017 einer Angestellten der Entwicklungs- und Verwaltungsgesellschaft Halle-Saalkreis mbH (im Folgenden: EVG mbH) durch Verschaffen eines Passwortes Zugang zu dem Datennetzwerk der EVG mbH ermöglicht zu haben.
Die Angestellte war zuvor vom Geschäftsführer der EVG mbH mit sofortiger Wirkung beurlaubt worden, weil die Kündigung des Arbeitsverhältnisses beabsichtigt war. Der Geschäftsführer hatte sich Büroschlüssel und Dienstlaptop aushändigen lassen. Nachdem
zwischen dem Angeschuldigten Dr. W und dem Geschäftsführer der EVG mbH kein Einvernehmen über eine Weiterbeschäftigung der Angestellten erzielt werden konnte, sollen die Angeschuldigten übereingekommen sein, der Angestellten ein Büro in den Räumen der
Stadtverwaltung zur Verfügung zu stellen, damit sie von dort auch weiter Zugriff auf das Datennetzwerk der EVG mbH habe. Die Angeschuldigte soll daraufhin den Umzug der Computertechnik und die Vergabe eines neuen Passwortes veranlasst haben.

Nach Auffassung der Strafkammer war wegen dieses Tatvorwurfs die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen. Zum einen werde bei den gegebenen Beweismöglichkeiten eine Beteiligung des Angeschuldigten Dr. W. an dem in der Anklageschrift geschilderten
Sachverhalt nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen sein. Es sei nämlich nicht zu erwarten, dass eine Beteiligung des Dr. W. an dem Kernvorwurf, nämlich der Verschaffung des (neuen) Passworts (§ 202c Abs. 1 Nr. 1 StGB) bewiesen werden könne.
Ebenso wenig gebe es Anhaltspunkte dafür, dass der Angeschuldigte später von der Neuvergabe des Passworts erfahren und daraufhin nichts veranlasst habe.

Zum anderen sei den Angeschuldigten voraussichtlich nicht nachzuweisen, dass ihnen bewusst war oder sie es zumindest billigend in Kauf genommen hätten, dass die beurlaubte Angestellte der EVG mbH unter Verwendung des neuen Passwortes vorsätzlich eine Straftat im Sinne des § 202a StGB (Ausspähen von Daten) begehen würde, was aber Voraussetzung für eine Verurteilung der Angeschuldigten ist. Vielmehr sei die Angestellte davon ausgegangen, dass sie weiterhin befugt sei, unter Verwendung des neuen Passwortes auf die Daten der EVG mbH zuzugreifen.

Soweit dem Angeschuldigten Dr. W. dagegen uneidliche Falschaussage zu Last gelegt wurde, hat die Kammer das Hauptverfahren eröffnet. Gegenstand dieses Tatvorwurfs ist eine Zeugenaussage des Angeschuldigten in einem Zivilprozess am Landgericht Halle, in
dem der Geschäftsführer der EVG mbH gegen seine zwischenzeitlich ausgesprochene Abberufung als Geschäftsführer vorging. In diesem Verfahren wurde der Angeschuldigte Dr. W. im Oktober 2020 als Zeuge vernommen und soll dabei wahrheitswidrig ausgesagt
haben, im April 2019 habe er mit dem Geschäftsführer der EVG mbH vereinbart, dass die beurlaubte Angestellte weiter beschäftigt werde und mit der Bürotechnik der EVG mbH in ein städtisches Büro umziehe.

Soweit die Strafkammer die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hat, steht der Staatsanwaltschaft Halle hiergegen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu, über die dann das Oberlandesgericht Naumburg zu entscheiden hat. Aus diesem Grunde sind derzeit noch keine Termine anberaumt.

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