Update: Stadt Halle unterliegt erneut gegen Polizeibehörde wegen Marktplatz-Schreihals: Oberverwaltungsgericht schließt sich dem Verwaltungsgericht an

22. Oktober 2020 | Politik | 5 Kommentare

Oberbürgermeister Bernd Wiegand musste erneut eine Niederlage einstecken: Auch das Oberverwaltungsgericht schließt sich dem Beschluss des Verwaltungsgerichts an (Hallespektrum berichtete). Die Beschwerde der Stadt gegen den Beschluss hatte keinen Erfolg: Wie aus der Begründung des Oberverwaltungsgerichts hervorgeht, habe das Verwaltungsgericht zu Recht bemängelt, dass die Stadt Halle die Belästigung der Bürger durch das Gebrüll des rechtsradikalen Sven Liebich nicht ausreichend dargelegt habe.

So heißt es in der Begründung: „Das Interesse von etwaigen Beeinträchtigungen des Marktes auch während der Abbauzeiten verschont zu bleiben, ist jedenfalls nicht von dem Gewicht, dass es das Interesse des Beigeladenen (Sven L , d.Red) überwiegt“.

Auch die Störung der Ausstellung „Unantastbar“ scheint für das Gericht nicht hinreichend substantiiert dargelegt zu sein: so fehle es an konkreten Anhaltspunkten, „dass die Versammlung des Beigeladenen dem Charakter der Ausstellung in einem nicht hinzunehmendem Maße widerspricht“

Weiter heißt es: „Allein aus dem Umstand, dass der Beigeladene im Verfassungsschutzbericht als Rechtsextremist bezeichnet wird, ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für den Inhalt seiner Äußerungen bei der bevorstehenden Versammlung“

Das Oberverwaltungsgericht betrachtet jedoch grundsätzlich, genauso wie das Verwaltungsgericht Halle, versammlungsrechtliche Auflagen zur Vermeidung oder Beherrschung von Rechtsgüterkollisionen als zulässig.  Als schutzwürdige Rechtsgüter werden im Gerichtsbeschluss insbesondere die grundrechtlich relevanten Belange der Straßenverkehrsteilnehmer erwähnt, Lärmschutzbelange von Anwohnern und Passanten sowie das Grundrecht der Passanten und anderer Dritter auf die negative Meinungsfreiheit (d.h. die Freiheit, keine Meinung zu haben und auch nicht zur Bildung oder zum Äußern einer Meinung gezwungen werden zu dürfen). Die Beeinträchtigung dieser Interessen und deren Ausmaß müssten jedoch anhand konkreter Ereignisse im Bezug auf die letzten Versammlungen belegt werden. Beispiele aus Versammlungen, die längere Zeit zurück liegen, oder allgemeine Überlegungen reichen nach Auffassung des Oberverwaltungsgericht zur Erteilung von einschränkenden Auflagen nicht aus.

Das stichhaltige Belegen derartiger Rechtsgüterkollisionen ist der Stadt anscheinend nicht gelungen. Dennoch hält sich der Oberbürgermeister Bernd Wiegand an seinem Vorhaben fest. Gestern informierte er alle Stadträte, dass die Stadt Halle nunmehr ein Hauptverfahren in dieser Sache vor dem Verwaltungsgericht Halle einleiten wird.

 

 

 

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