Halle gegen Rechts, Impfgegner und Nazis auf dem Markt
23. Mai 2020 | Politik | 7 Kommentare
Impfgegner und Corona-Zweifler meditieren auf dem Markt
Ein merkwürdiges Bild bot sich heute auf dem Marktplatz. Während der stadtbekannte kleine Mann zwischen 14:00 und 15:00 Uhr seine Anhänger um sich versammelte und seine kruden rechtsextremen Thesen umherbrüllte (natürlich ohne Mundschutz), demonstrierte „Halle gegen Rechts“ mit ca. 70 – 100 Teilnehmern gegen diese Veranstaltung. Diese traten im Anschluss gleich gegen die nächste Veranstaltung an: ab 15:30 Uhr waren die „Impfgegner“ bzw. Corona-Leugner an der Reihe.
- Unter Rechten
- Kleiner Mann greift an
- Ommm….
Sie hatten sich die gemeinsame Mediation als Protestform gegen „Mundschutzzwang“ und „Zwangsimpfung“ ausgesucht. Mitten unter ihnen: wieder der besagte Rechtsextremist.
Die Corona-Leugner machten indes auch keine Anstalten, sich von der Teilnahme des besagten Rechtsextremisten zu distanzieren. Der wiederum versuchte, zwei Fotografinnen anzugehen (selbstverständlich ohne Mundschutz), die Polizei griff jedoch schnell ein und verhinderte schlimmeres. Der kleine Mann hat übrigens für die kommende Woche täglich Aktionen angemeldet.
- Gegendemo Halle gegen Rechts
Halle gegen rechts hatte seine Demonstration gegen Rechts und Impfgegner unter einem Motto zusammengefasst: „Der Wahn von der Weltverschwörung endet immer gefährlich“
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@Nachtrag:
Um etwas praktischer zu Argumentieren: Ich halte es für sinnvoll, die BgR-Gegendemos inhaltlich um die Initiative „Vergesellschaften statt Klatschen“ herum zu gestalten. Bei Einbeziehen der Lage des Pflegepersonals und anderer Dienstleistungsbereiche (z. B. die oft ausgelagerte, prekär organisierte Verpflegung). In der Impfdiskussion hielte ich einen Slogan wie „Impfen für die Menschen, nicht für den Profit“ für sinnvoll
Was sich dahinter versteckt, würde ich zunächst offen lassen (keine Patente, Impfung muss ausreichenden getestet und sicher sein, Impfprogramme dritte Welt…) . Es würde auch einen geordneten Gegenpol gegenüber den ganzen esoterischen Impfgegnern darstellen. So könnten die am letzten Samstag sinnentleerten Gegenproteste auf eine sinnvolle, inhaltliche Basis gestellt werden.
@keule,
das ist gar nicht so einfach zu beantworten.
Wichtig fände ich, dass man den Rechten mit ihren Themen nicht immer nur hinterher läuft, sondern dass man auch eigene Themen setzt.
Anstelle den puren Egoismus in Form von sogenannten „Grundrechtedemos“ abzufeiern, zeigt die Kampagne „Vergesellschaften statt Klatschen“ in die richtige Richtung. Leider hätte sie breiterer öffentlicher Unterstützung bedurft. Privatisierungen und Profitorientierung im Gesundheitswesen dienen eher den Profitinteressen von Pharmakonzernen und Gesundheitsindustrie als den Patienten. Dagegen ist Bill Gates mit dem Umfang seiner Impfstoffsuche ein Waisenknabe.
Es gibt auch so viele andere Dinge die schief laufen: Eine ökologisch fragwürdige und ökonomisch unsinnige Lufthansarettung, die ein Mehrfaches des Wertes der Lufthansa ausmacht und vor allem den Aktionären dient. Oder die Tatsache, dass während BMW Corona-Kurzarbeit vom Staat kassiert, gleichzeitig eine Dividende von 1,5Mrd an seine Aktionäre auszahlt…
Das würde einen Liebich zwar nicht mundtot machen, aber immerhin die öffentliche Aufmerksamkeit auf gesellschaftlich relevanten Probleme lenken.
Wenig hilfreich scheint mir, gegen faschistischen deutschem Nationalismus mit anderen Nationalismen (und Nationalfahnen) zu protestieren. Auch die aufgemalten entweder ins Leere greifenden oder nur geschichtsfälschend zu interpretierenden Sprüche („Der Wahn von der Weltverschwörung endet immer gefährlich“) zeugen allenfalls von elitärem Kleingeist aber nicht von gesellschaftlichem Anspruch. Sie erschöpfen sich in einer simplifizierenden Anti-Haltung.
Vielleicht sollten wir alle weniger reden sondern mehr tun.
Irgendwelche Ideen wie man dem Zwerg Einhalt gebieten kann?
@fractus. Kann mich dem nur anschließen.
Ein, wenn auch gut begründetes, Feindbild allein, begründet noch lange keine gute Position. Zu einer vernünftige Position gehört noch ein wenig mehr als nur fragwürdige und simplifizierende Losungen, selbst wenn es gegen Nazis geht. Darauf wollte ich nur hinweisen. Und ja, mir ist durchaus bewusst, wer zu den Gegenprotesten aufgerufen hat.
https://mobile.twitter.com/valentinhacken_/status/1256635762717663232
Als ich gegen halb vier über den Markt huschte, fiel mir zudem eine Gruppe von vermutlichen Gegendemonstranten aus. Vermutlich deswegen, weil sich mir der Sinn der dort mitgeführten USA und Israel Fahne mit den darin enthaltenen nationalistischen Projektionen nicht wirklich erschloss. Ergänzt um Transparente wie „Zwangsimpfungsantifa“ die wohl irgendwie geistreich wirken sollten, aber das Niveau der benachbarten Demos nicht wirklich toppen konnten. Das eine Antifa-Fahne mit Antifa-Symbol auf ahistorischem, neumodischem Schwarzen Untergrund anstelle des historischen Rot dazugehörte, war dann nicht wirklich überraschend. Die Zeiten in denen eine aus der Linken stammenden Antifa gesellschaftliche Zusammenhänge verhandelt hat, scheinen lange vorbei.