Corona, Klima, Advent und rotnasige Rentiere
11. Dezember 2021 | Nachrichten | 5 KommentareMit dem näher rückenden Weihnachtsfest realisieren die Menschen die fatalen Auswirkungen von Corona-Pandemie und Klimaänderung auch auf Rudolph, das rot-nasige Rentier und seine Verwandten. Milde Winter ohne Schnee haben die flotten Schlittenzieher praktisch arbeitslos gemacht und bei ihnen eine tiefe Sinnkrise verursacht. Ohne Schnee fällt insbesondere zum Leidwesen jüngerer Menschen die weihnachtliche Geschenkezustellung per Schlitten aus. Sie „rentiert“ sich nicht mehr. Sie wurde kostenpflichtig von verschiedenen Paketdiensten übernommen. Und da, wo es schneemäßig gerade noch gehen könnte, werden die Rentiergespanne nicht selten von benzingetriebenen Motorschlitten verdrängt. Das Vordringen der Abgas-produzierenden Motorschlitten empfinden die sensiblen Vierbeiner als Frevel an ihrer abgeschiedenen unberührten arktischen Heimat, wo ihr Urvater von der Lebensabschnittsgefährtin des Rentierzüchters Sergej Nikolaus aufgezogen worden war. Zunehmend problematisch sind die perspektivlosen Jung-Ren-Rotnasen. Das sowjetsterngleiche stolze Leuchten ihrer roten Nasen ist verblasst. Sie rotten sich zu aggressiven, gewaltbereiten Gruppen zusammen, verweigern Zugdienste und belästigen weibliche Rentiere sogar außerhalb der Brunftzeit.
Noch im Winter 2019/2020, vor der Corona-Pandemie, herrschte der Eindruck, dass die Rudolphs omnipräsent seien, ja saisonal sogar eine Plage darstellen. Die schießwütige von einer Rotallergie geprägte amerikanische Waffenlobby fühlte sich von tr(i)umphierenden Politikern ermuntert, ihre historische Jagderfahrung bei der Eliminierung von Rothäuten in den Kampf gegen Rotnasen einzubringen. Von traditionsbewußten Jägern wird der Einsatz halbautomatischer Schusswaffen jedoch als unwaidmännisch abgelehnt.
Über die Entstehung der roten Nase gibt es noch keine abschließenden Erkenntnisse. Das abgestrahlte kalte Rotlicht wird vermutlich verursacht durch eine bislang unbekannte Bioluminiszenz von Rhino-Photozyten. Ihre Bildung wurde wahrscheinlich durch Trinken der Rentiere an heißen Quellen begünstigt. Heiße Quellen sind gerade im von Vulkanismus geprägten Kamtschatka recht häufig. In der Nase haben die Rentiere ein gut durchblutetes Gewebe, das als Wärmetauscher dient. Statt eingeatmete sibirisch-kalte Atemluft vorzuwärmen wird hier interessanterweise auch der Dampf heißer Quellen auf erträgliche Temperaturen runtergekühlt. Die vulkanischen Quellen enthalten zudem oft seltene Elemente. Es gibt Vermutungen, dass Galliumarsenid, mit dem gegenwärtig Rotlicht emittierende Leuchtdioden industriell hergestellt werden, auch zur Kaltlichterzeugung in Photozyten genutzt wird.
Nasale Bioluminiszenz blockiert offenbar effektiv das Eindringen von COVID19-Viren, denn Infektionen sind selten bei den Rudolphs. Die von Sergej Nikolaus vorsorglich eingerichteten Intensivpflege-Ställe wurden bislang nicht benötigt. Das Leben in Herden fördert die Ausbreitung und den Erhalt der schützenden Bioluminiszenz. Man bezeichnet diesen Schutz als Herden-Immunität. Möglicherweise trägt auch die sprichwörtliche sibirische Kälte – bis zu -60°C hat man in Kamtschatka schon gemessen – zur Inaktivierung der stacheligen Viren bei, indem diesen bei starkem Frost möglicherweise die Stacheln abbrechen und sie nicht mehr an die Zellen im Atmungssystem des Menschen andocken können. Bei zunehmender Erderwärmung funktioniert die frostige Entstachelung nicht mehr.
Trotz allem sollte man nicht resignieren. Zur Populationskontrolle erlegte rotnasige Rentiere können uns als weihnachtliche Rotwursthäppchen oder als Festtagsbraten „Ren aux Vin Rouge“ erfreuen. Rotwein- und Glühweinverkostungen zaubern herrlich rote Nasen in die bleichen Menschengesichter. Kreativ passt man die weihnachtliche Dekoration gemeinschaftlich im Familienkreis an, indem z.B. hergebrachte Weihnachtskugeln mit Gewürznelken dekoriert werden. Die Stachelkugeln sehen nicht nur Corona-lustig aus, sondern duften dann sogar stimmungsaufhellend. Und der traditionelle Weihnachtsspaziergang sollte dieses mal zu den frustrierten Ren(tner)tieren im Zoo führen, denen das rote Leuchten der Nasen fast abhanden gekommen ist, um sie mit Roter Beete zu füttern und Oldies wie „Rudolph the red-nosed raindeer …“ zu erheitern.
(H.J. Ferenz)
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Bei göttlichen Geschöpfen hilft nur Glauben,
aber bei göttlichen Viren nicht mal das!
Eigentlich heißen die halbzahmen Hirsche schlicht Ren, vom altnordischen „hrreinn“. In Nordamerika nennt man sie Karibu, aus der Sprache indigener Kanadier. Die deutsche Bezeichnung Rentier ist eine ungenaue Übersetzung der Bezeichnung Ren-deer. Deer nennt man im Englischen Hirsche. Ursprünglich waren mit „deer“ Wildtiere ganz allgemein gemeint. Das Wort hat seine Wurzeln in alten Sprachen (z.B. Althochdeutsch tior, Altfriesisch dir)
Mir ist so, dass die Rentiere als lebendige Motoren für den Schlitten des Weihnachtsmannes erst seit wenigen Jahrzehnten benutzt werden. Meine Weihnachtsmänner rutschten auch nicht durch Kamine und riefen auch nie Hohoho (oder soll das ein Lachen sein?). Alles Import wie Halloween? Kamen die nicht mit Esel(chen) bzw. Schimmel(chen) wie es im Lied heißt..?
„Horch nur, der Alte klopft draußen ans Tor.
Mit seinem Schimmel so steht er davor,
Mit seinem Schimmel so steht er davor.
Leg ich dem Schimmelchen Heu* vor das Haus,
Packt gleich Knecht Ruprecht den großen Sack aus,
Packt gleich Knecht Ruprecht den großen Sack aus.
Pfeffernuss, Äpfelchen, Mandeln, Korinth,
Alles das schenkt er dem artigen Kind.
Alles das schenkt er dem artigen Kind.
Aber dem bösen Kind, schenkt er die Rut.
Hoffentlich wird es im nächsten Jahr gut.
Hoffentlich wird es im nächsten Jahr gut.“
Da könnte man eine Menge dazu schreiben über die Gegensätze früher/heute……Nur zum
* Heu = getrocknetes Gras. Haben ja heute einige Leute im Haus. :.) Ja, das legt man dem Schimmelchen vor, denn es ist ein Mittel, ein Aufputschnittel zur Leistungssteigerung für das erschöpfte Tier, sie kommen von weit her und sie müssen danach noch weiter! Ja, da ist Heu das Rechte. Zucker kriegt er/ es nicht. Wegen der Zähne… 🙂 Stimmts, Heino?
Für Hei- Wu:
Der Löwe löwt durch die Wüste.
Der Tiger tigert durch den Dschungel.
Die Fliege fliegt durch Jotis Büro.
Das Pferd heißt Pferd, weil man damit pferd.
Das Rentier heißt Rentier, weil es ein Rentier
( Pensionär) ist. Es ist ein schussliges Tier, es verliert oft etwas, so hat es auch ein N verloren, früher hieß es nämlich Renntier. Klar? Und zu oben: Was ist eine Deern?
Empathisch, unterhaltsam und hochinformativ 😉
Da kann nur dringend um Nachschlag aus diesem Themenbereich gebeten werden!
Viel Erhellendes bietet der Artikel. Mir bleibt eine Frage offen: Warum heißt es Rentier?
Dass es ein Tier ist, ist unbestritten. Aber wir sagen ja auch nicht Hundtier oder Katztier oder Mausstier..
Komischer in der Ansprache vierbeinigen Geweihwilds ist nur noch der Brite. Hirsche nennt er einfach ‚Deer“. Also „Tier“ .
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