Trüffel – Unterirdische Köstlichkeit & Schönste Schlemmerschweinerei

15. Januar 2022 | Bildung und Wissenschaft, Natur & Gesundheit | 2 Kommentare

Trüffel, angeschnitten

Nach Jean-Louis Vaudoyer (franz. Kunsthistoriker, 1883-1963) gibt es nur zwei Charaktere, die Trüffeln essen: „Solche, die glauben, Trüffeln seien gut, weil so teuer sind, und solche, die wissen, dass sie so teuer sind, weil sie so gut sind.“ Echte Trüffel sind in der Tat teure, hochgeschätzte, essbare Schlauchpilze (Tuberaceae), die in Symbiose mit den Wurzeln verschiedener Laubbäume wachsen. Gesammelt und gegessen werden die unterirdischen, kompakten, kartoffelartigen Fruchtkörper. Begehrt waren die Edelknollen schon im Altertum. Im Mittelalter, verteufelt von der Kirche, geriet der Pilz aber in Vergessenheit. Ab dem 16.Jhdt. gelangte er wieder häufiger auf die Teller. Durch übermäßige Nutzung der Vorkommen, sanken die Erträge und ließen die Preise enorm steigen. Bis heute halten sich Gerüchte über eine angebliche aphrodisierende Wirkung der Trüffel. Alexandre Dumas (Schriftsteller, 1802-1870) war überzeugt: „In bestimmten Situationen machen Trüffeln Frauen zärtlicher und Männer liebesversessener.“ Gourmand Anthelm Brillat-Savarin (1755-1826) war davon nicht so ganz überzeugt (Physiologie des Geschmacks). 

Man unterscheidet 2 Edeltrüffelsorten. Der frische weiße Trüffel duftet sehr kräftig, verduftet dann aber flott beim Kochen. Der schwarze Trüffel duftet zwar weniger intensiv, dafür bleibt sein charakteristischer Geschmack beim Garen erhalten. Der hohe Preis lädt geradezu zum Betrug ein. Minderwertige Sorten werden untergemischt. Am häufigsten wird das mit China-Trüffeln gemacht. Trüffel verwendet man am besten frisch. Durch Lagerung, Konservieren oder Trocknen verlieren Trüffel erheblich an Aroma.

Trüffelschweine

Wie andere Pilze auch pflanzt sich die Trüffel durch Sporen fort. Während bei  vielen Pilzen die Freisetzung und Verbreitung der Sporen aus oberirdischen Fruchtkörpern erfolgt, spielt sich bei der Trüffel alles unterirdisch ab. Für ihre Verbreitung brauchen die Trüffeln tierische Unterstützung. Mit einem verführerischen Duft signalisieren die reifen Fruchtkörper z.B. Wildschweinen ihre Präsenz. Die Schweine sind ganz wild auf die  schmackhaften Trüffel, graben sie aus und fressen sie. Da ihr Geruchssinn wesentlich sensibler ist als der bei uns Menschen, finden die Schweine die Trüffel recht zuverlässig. Stellt sich die Frage, warum die Schweine so scharf auf Trüffeln sind. Trüffel geben einen Geruch ab, der dem Sexualduftstoff Androstenol der Eber sehr ähnlich ist. Neuere Untersuchungen haben aber gezeigt, dass der flüchtige Aromastoff Dimethylsulfid die Anwesenheit der Trüffeln signalisiert. Die gefressenen Sporen werden unverdaut ausgeschieden. So werden die Pilze von den Schweinen verbreitet. Die Trüffelsucher pflegten ihren Trüffelschweinen Maulkörbe zu verpassen, um sie am Fressen der gefundenen kostbare Trüffel zu hindern. Inzwischen geht man mit trainierten Hunden auf Trüffelsuche. Die riechen zwar die Trüffel, haben sie aber nicht zum Fressen gern.

Trüffelanbau

Eine Kultivierung der seltenen Trüffeln gestaltete sich problematisch, weil der Pilz sich symbiotisch mit den Feinwurzeln eines Wirtsbaums verbinden muss. Nur so erhält er  wichtige Produkte aus der Photosynthese im Tausch gegen Wasser und Mineralien. Das Pilzgeflecht vergrößert die Aufnahmefläche des Baumes für Wasser um das 50fache. Inzwischen funktioniert die Kultivierung für die meisten Speisetrüffelarten. In Plantagen pflanzt man junge Bäumchen aus, die man im Wurzelbereich mit Trüffelsporen beimpft hat. War das Impfen erfolgreich, was man an der Vegetationsänderung in Stammnähe sehen kann, nimmt man eine Booster-Impfung vor, um eine noch engere Verflechtung des Pilzes mit der Baumwurzel zu erreichen. Wenn alles gut geht, kann man so ab dem 4.Jahr  erste Ernten erhalten. Im Handel erhältlich sind für den ambitionierten Trüffelgärtner z.B. beimpfte Wirtsbäume wie Stieleiche, Buche und Haselnuss. Gärtnern mit Zukunft: Durch den Klimawandel werden die Wachstumsbedingungen für Trüffel bei uns offenbar günstig beeinflusst.

 

Der verarmte Feinschmecker:

Trauriges Los

Die Trüffel reift in Frankreichs Gauen

Verborgen in der Erde Schoß,

Allein für mich, auf märk´schen Auen

Wächst die Kartoffelknolle bloß.

Es glänzt verlockend in der Sonne 

Böhmens Fasan mit hellem Schein …

Für mich blinkt in des Krämers Tonne

Ein Hering mager nur und klein.

(Heinrich Seidel 1842-1906)

 

Der richtige Umgang mit Trüffeln

Paul Bocuse empfiehlt:

Vor Gebrauch müssen die Trüffeln sorgfältig gereinigt werden. Dazu legt man sie in lauwarmes Wasser, damit sich die Erde, die noch an den Trüffeln haftet, auflöst. Dann wird jede Trüffel einzeln unter fließendem Wasser gebürstet und schließlich löst man mit einer Messerspitze die in den Vertiefungen sitzenden Erdreste heraus. Danach werden sie nochmals abgespült und endlich sorgfältig getrocknet. Je nach Verwendung werden die Trüffeln geschält oder ungeschält in Würfel, kleine Stäbchen, Scheiben oder olivenförmige Bällchen geschnitten. Die aromareichen Schalen und bei Zuschneiden oder Ausstechen entstehende Abfälle werden fein gehackt und für eine Sauce Perigueux, zu Farcen oder verschiedenen Schaumspeisen verwendet. Bevor Trüffeln an eine Speise gegeben werden, dünstet man sie immer in Butter, vor allem, wenn es sich um rohe Trüffeln handelt. Doch werden rohe Trüffeln auch in Streifchen, Stäbchen oder in Scheiben geschnitten für verschiedene gemischte Salate verwendet. 

(aus Bocuse – Die Neue Küche, 1977)

(Hans J. Ferenz)

Print Friendly, PDF & Email
2 Kommentare

Kommentar schreiben