Lehrkräftemangel: Halle steht noch am besten da

25. Januar 2023 | Bildung und Wissenschaft | Keine Kommentare

In der Stadt Halle (Saale) ist die Versorgung mit Lehrkräften an den Schulen in ganz Sachsen-Anhalt am besten. Im Durchschnitt kommen die Schulen in der Saalestadt auf eine Unterrichtsversorgung von 99,4 Prozent – im Landesdurchschnitt sind es 93,5 Prozent, Mit 89,7 Prozent ist der Landkreis Börde das Schlusslicht. Die Zahlen gehen aus einer Landtagsanfrage der Linken hervor.

Doch auch wenn Halle die beste Unterrichtsversorgung hat, so reichen die Lehrer trotzdem nicht aus. Denn 99,4 Prozent bedeutet, rein rechnerisch, wenn alle Lehrer da sind, könnten 99,4 Prozent der Unterrichtsstunden gegeben werden. In der Realität sind es aber wenig, denn erkrankte Lehrer, teilweise auch langzeiterkrankt, machen diese Zahlen zu Makulatur. So gilt eigentlich eine Unterrichtsversorgung von 104 Prozent als Ideal.

Über die Schulformen hinweg unterscheidet sich aber der Lehrerversorgung deutlich. So zeigt sich, dass die drei Sekundarschulen in der Saalestadt nur eine theoretische Unterrichtsversorgung von 88 Prozent haben – damit liegen sie sogar leicht unter dem Landesdurchschnitt für diese Schulform. Mit 103,7 Prozent sind die Gymnasien am besten dran (Land 98,0). Gemeinschaftsschulen haben 99,8 (Land: 88,0) und Grundschulen 98,5 (Land: 95,0).

Nur noch knapp jede 4 Schule in Sachsen-Anhalt (176 von 754) ist ausreichend mit Lehrkräften versorgt. Darunter befinden sich kaum noch Sekundarschulen (7 von 105), Gemeinschaftsschulen (4 von 42) und Förderschulen (14 von 92). Ganze Landkreise haben nur noch knapp 90% der benötigten Lehrkräfte zur Verfügung, von denen auch immer mehr keine Ausbildung als Lehrkraft haben. Die Kluft zwischen den kreisfreien Städten und den ländlichen Regionen wird tiefer und das Gefälle vom Süden und Westen des Landes hin zum Norden und Osten nimmt weiter zu.

Dazu erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecher, Thomas Lippmann:

„Der Lehrkräftemangel wird immer mehr zu einer Frage soziale Ungerechtigkeit und ungleicher wirtschaftlicher Perspektiven. Die zunehmenden Disparitäten in der Unterrichtsversorgung werden die ungleiche Entwicklung der Regionen des Landes befördern. Wenn im Landkreis Börde nicht einmal mehr 90 Prozent der benötigten Lehrkräfte zur Verfügung stehen, während in der Stadt Halle, dem Hauptstandort der Lehramtsausbildung, fast alle Schulformen (mit Ausnahme der drei Sekundarschulen) planmäßig unterrichten können, dann muss die Landesregierung die Weichen anders stellen.

Dafür reichen die beim Schulgipfel angekündigten Maßnahmen nicht nur bei weitem nicht aus, sie sind auch ungeeignet. Denn die verpflichtende wöchentliche Überstunde für alle Lehrkräfte ist Krisenmanagement mit der Gießkanne. Was hilft es der Grundschule Langenweddingen (Unterrichtsversorgung 49,77 Prozent), wenn jede ihrer zwei Lehrkräfte noch eine Stunde mehr unterrichtet, dort aber insgesamt 54 Unterrichtsstunden fehlen. Es entbehrt jeder realistischen Grundlage, dass die in Halle weitgehend unnötig erzeugten Überstunden in andere Regionen mit riesigen Defiziten verlagert werden könnten.

Es wäre dagegen höchste Zeit gewesen, an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg nicht nur das Spektrum der Fächerwahl zu erweitern, sondern den schon lange überfälligen Ausbau der Lehramtsausbildung insgesamt in Angriff zu nehmen. Sachsen-Anhalt braucht für die Mitte und den Norden des Landes in Magdeburg einen attraktiven und starken Standort für die Lehramtsausbildung.

Geradezu katastrophal entwickelt sich weiterhin die Situation an den Sekundar- und Gemeinschaftsschulen. Offiziell liegt die Unterrichtsversorgung hier bei nur noch 88 Prozent, doch das sind geschönte Werte. Schaut man in die Zeit des Schuljahres 2013/14, bevor die Zuweisungen für diese Schulformen mehrfach gekürzt wurden, dann liegt die Unterrichtsversorgung im Vergleich dazu tatsächlich bei nur noch 75 Prozent. Und davon wird inzwischen mehr als jede vierte Unterrichtsstunde von Lehrkräften ohne abgeschlossenen Ausbildung als Lehrkraft erteilt (Seiteneinsteiger, Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst, Studenten). Da sich diese Prozesse weiter fortsetzen, wird der Anteil des Fachunterrichts, der an den Sekundar- und Gemeinschaftsschulen durch ausgebildete Fachlehrer erteilt wird, im kommenden Schuljahr – nur 10 Jahren seit 2013/14 – auf nur noch 50 Prozent absinken.“

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