Diskussion um geplante Auflösung des „Arbeitskreis Antifaschismus“ im Studierendenrat der MLU
12. November 2021 | Bildung und Wissenschaft, Politik | 7 KommentareSeit mehr als 27 Jahren gibt es im Studierendenrat (StuRa) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) einen Arbeitskreis Antifaschismus (AK Antifa). Als einer der ältesten Arbeitskreise des StuRa hat er seither hunderte Veranstaltungen organisiert und sich aktiv gegen faschistische, neonazistische, rassistische und antisemitische Strukturen eingesetzt.
Nun aber droht dem AK das Aus: Am kommenden Montag, den 15. November 2021, will der StuRa darüber entscheiden, seinen AK Antifa aufzulösen. Der Auflösungsantrag wurde von der Offenen Linken Liste, der Grünen Hochschulgruppe und der Juso-Hochschulgruppe gestellt, die gemeinsam über die Mehrheit im StuRa verfügen.
Man sehe das Vertrauensverhältnis nicht mehr gegeben, begründen die Gruppen ihren Schritt. “Wir möchten nicht, dass der AK Antifa noch weiter mit Geldern der Studierendenschaft Vorträge finanziert, bei denen die bewusste Herabwürdigung von gesellschaftlich marginalisierten Gruppen in Kauf genommen wird.”
In der Erklärung der Gruppe heißt es ferner, man sei bereit, Gruppen – auch finanziell – zu unterstützen, deren politische Positionen sich nicht mit den eigenen deckten. Allerdings sei diese innerlinke Solidarität kein Freifahrtschein und ende ganz klar dort, wo gewisse rote Linien überschritten werden würden. Dies sei im Falle des AK Antifa zweifellos der Fall, weil etwa das Existenzrecht Israels oder das Recht auf Selbstbestimmung in Bezug auf Sexualität, Reproduktion oder Geschlechtsidentität in Frage oder gar Abrede gestellt werde.
Die Antifaschistische Liste der Universität Halle protestierte im Gegenzug gegen die Auflösung des AK Antifa und erklärte ihrerseits, die geplante Auflösung als einen weiteren Schritt dahin zu verstehen, die Meinungsfreiheit im Namen eines zur Ideologie erstarrten Genderaktivismus einzuschränken.
Amelie Winock, die Sprecherin der Antifaschistischen Liste, rückte den Fall ins Licht der vor Kurzem zum Rücktritt gezwungenen Gender-kritischen Feministin Kathleen Stock, welche Professorin für Philosophie an der Universität Sussex war. Diese hatte aufgrund ihrer Äußerungen für Schlagzeilen gesorgt und sich – trotz Unterstützung seitens der Universitätsleitung – letztlich aufgrund vehementer Anschuldigungen, Einschüchterungsversuche und Bedrohungen zum Rücktritt gezwungen gesehen.
Die Auflösung des AK Antifaschismus im StuRa der Universität Halle ziele nun in eine ähnliche Richtung. Er ziele auf die Verhinderung einiger der grundlegenden Prinzipien universitären Lebens und akademischer Freiheit: freien Meinungsaustausch, Diskussion und Debatte. Damit schädige sie zugleich den Ruf der Universität Halle und des
StuRa. „Auch unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen wäre die Auflösung des AK Antifa einer großen deutschen Universität ein falsches Signal!“, so Winock.
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Habe heute Abend eine längere Sendung von Radio Corax dazu gehört. Es kamen beide Seiten in Interviews zu Wort. Während die eine Seite sich auf emotional vorgebrachten Formalien zurück zog, gefiel mir schon deutlich die rationale Argumentation der „Ausgeschlossenen“. Von studentischen Gruppierungen erwarte ich eigentlich mehr als nur klischeehaftes Gelaber und hysterische Reflexe.
Besonders, wenn es um ein ernsthaftes Problem wie den „politischen Islam“ geht. Dessen Verteidigung können nur Vollidioten für „links“ halten.
Und @Marinus: ganz privat bin ich manchmal ein gerne-Leser der von Dir verlinkten Seite. Ich liebe sprachkünstlerisch vorgetragene Polemik, wenn sie Geist und Ungeist durchlüftet….
Dem Redakteur des Hallespektrums ist ein (riesiger) Fehler unterlaufen. Der Arbeitskreis hat mitnichten das Existenzrecht Israel abgesprochen, sondern die Antragsteller (Olli, GHG, Jusos) haben den völlig irren Zusammenhang zwischen einer Kritik der Queertheorie und das Absprechen des Existenzrechts Israel – also die Verteidigung des jüdischen Staates – hergestellt. Wer will, kann sich das Ganze genauer hier durchlesen: https://bonjourtristesse.wordpress.com/2021/11/12/klara-stock-und-co-holocaustrelativierung-light/
„Vielleicht koennte man sich dann auch wieder auf reale Bedrohungen für Meinungs- und Diskursfreiheit konzentrieren.“
Du meinst also Menschen wie dich? Die offensichtliche Lügen verbreiten und damit Diskussionen abwürgen wollen? Ja, darauf sollte man sich vielleicht konzentrieren.
Es ist wirklich vielsagend, wie sensationalistisch über solche Themen berichtet wird. Nochmal mit dem Beispiel der Kathleen Stock, die in dem Artikel erwaehnt wurde. Einerseits werden verbale Attacken gegen sie angenommen und als Tatsache hingenommen, wobei es in jeder politischen Bewegung Menschen gibt, die sich spürbar im Ton vergreifen. Das ist auch hier der Fall. Demonstrationen werden als eine Art Angriff auf die Meinungsfreiheit dargestellt, weil sie mit Pyrotechnik stattfanden? Das ist ein etwas seltsamer Gedankengang, insbesondere von einigen Pseudolinken deren Demos jetzt auch nicht gerade für ihre Friedlichkeit bekannt sind. Gleichzeitig wird verschweigen, dass Frau Stocks akademische Positionen eben nie Anhaltspunkt des Aktivismus gegen sie waren, sondern ihr politischer Aktivismus in Verbaenden, die nicht nur trans* Personen erhebliche Schaeden zugefügt haben. Sie war diejenige, die Studierende an ihrer Uni mundtot machte und jegliche Debatte zu ihren Positionen ablehnte. Auch der umfangreiche akademische Protest gegen ihre Menschenfeindlichkeit wird nicht erwaehnt. Alles weitere ist in dem von mir verlinkten Artikel ausführlich dargestellt, man muss ihn halt nur ganz lesen.
Wenn schon bei solch einem Vorfall keine Berichterstattung moeglich zu sein scheint, die erklaert und weniger sensationalisiert, dann sollte das doch wenigstens für themenverwandte Vorgaenge in Halle moeglich sein. Vielleicht koennte man sich dann auch wieder auf reale Bedrohungen für Meinungs- und Diskursfreiheit konzentrieren.
In dem von Sophie verlinkten ziemlich langen Text steht, dass es gegen Frau Stoke auf dem Campus Demonstrationen mit Vermummungen und Pyrotechnik gab, dass der Campus mit Plakaten gegen Frau Stoke vollgeklebt wurde und dass sie sogar Morddrohungen erhielt.
„zur Ideologie erstarrten Genderaktivismus“
Der Begriff trifft schon schmerzhaft einen Punkt: linke Politik scheint sich mittlerweile nur noch auf teils merkwürdige Gender-Symboldiskussionen zu fokussieren, während klassische Fragen (soziale Gerechtigkeit, Verteilung von Lebensgrundlagen, Ressourcen und Vermögen) offenbar nicht mehr „hip“ sind.
Warum wird diese Lüge über Kathleen Stock staendig unwidersprochen hingenommen. Weder würde sie eingeschüchtert noch bedroht. Und das war auch nicht der Punkt der Diskussion.
https://uebermedien.de/65160/die-professorin-und-der-mob-wenn-medien-vor-lauter-empoerung-nicht-mehr-den-konflikt-erklaeren/