Es muss die Mittagshitze der griechischen Macchia gewesen sein, die Hei-Wu derart die Sinne vernebelte. Schon mehrere Stunden lang war er orientierungslos über die lehmig-staubigen Feldwege in den Bergen umher getapert, benebelt von der Hitze, irritiert von dem dunkellaubigen Gestrüpp, das mehr und mehr, je weiter der Weg in die Berge hinauf führte, die Vegetation dominierte. Keine Feige, die dem Durstigen hätte Labung, keine Platane, die hätte Schatten spenden können. Kein Bächlein, das dem dürstenden Erfrischung geboten hätte. Aber zwischen den dunklen, gesägten Blättern, die entfernt an Lorbeer erinnerten, bemerket er orangegelbe und auch rote Früchte, und die begannen zu sprechen. „Eine kannst du essen… aber nur eine….“. „Hihi, nur eine…“ zwitscherten Vögel aus dem Geäst. Eine merkwürdige Wunderwelt tat sich auf – nackte, bleiche Mädels boten sich dunklen Jünglingen an, andere ritten auf fliegenden Fischen, auf wilden Schweinen und allerhand Getier, ein See war da, wo die Geschöpfe allesamt viel Spaß hatten und in dessen Mitte eine gewaltige Destille vor sich hin blubberte. „Ost, West, trallala“ sangen sie hier, ein wirklich surreale Szene breitete sich aus: und alle hatten Spaß an den roten Früchten. „Mer weed wach, rief die Aure un sieht en nem Bild zweschen Brueghel un Bosch kei Minsch, dä öm Sirene jet jitt..“ klang es aus der Ferne. Hei-Wu musste unbedingt die Orientierung wieder gewinnen. Die Früchte, das war es: sie waren unterschiedlich. Die Bäume zu seiner Rechten hatten leicht gezackte Blätter, sie waren etwas größer und stachelig. Zur Linken waren sie kleiner, dafür hingen sie aber in langen Trauben von den Stämmen, die Blätter hatten nicht diese scharfen Zacken. „Also eine esse ich“, sprach Hei-Wu, griff sich eine von dem Busch auf der rechten Seite und biss hinein. Innen war sie weich, das gelbliche Fruchtfleisch schmeckte süß-säuerlich, aber die vielen Kerne störten doch sehr zwischen den Zähnen…
Liebe Freunde der Botanik, wer hilft unserem verwirrten Autor aus dem Gestrüpp?
- Soll er nicht doch noch eine Frucht essen?
- Wenn er die Büsche links und rechts liegen lässt und geradeaus weiter geht: scheint ihm die Sonne dann in den Rücken oder ins Gesicht?
- Wer hat das Bühnenbild gemalt und was hat das mit den beiden (eng miteinander verwandten) Pflanzen zu tun?
- Um welche beiden Pflanzen geht es hier überhaupt?
(Das Rätselbild in etwas größerer Auflösung gibt es hier)
(Hei-Wu)
Auflösung der letzten Pflanze der Woche (Durchwachsene Alternative zur Maiswüste): Durchwachsene Silphie, Silphium perfoliatum.
Gesucht war die Durchwachsene Silphie Silphium perfoliatum. Die Pflanze wird noch wenig genutzt. Weitere agrarökologische Untersuchungen sind noch nötig, um sie optimal zu nutzen. Die Silphie kam aus ihrer nordamerikanischen Heimat über Russland nach Ostdeutschland. Sie ist mehrjährig. Und kann wirtschaftlich über längere Zeit genutzt werden, was die anfänglichen hohen Anbaukosten relativiert.
(Hans Ferenz)
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3 comments on “Von wegen, „nur eine“ vernaschen: Verwirrung zwischen Ost und West im Garten der Lüste”
Soll er nicht doch noch eine Frucht essen?
Wenn es die vom Erdbeerbaum sind, dann ja. Soweit ich weiß, kann man daraus Konfitüre, Likör und weiteres machen.
Die Früchte des Mittelmeer-Feuerdorn sind bei Vögeln sehr beliebt aber schwach giftig. Es könnte aber auch die Zwergmispel sein.
Wenn er die Büsche links und rechts liegen lässt und geradeaus weiter geht: scheint ihm die Sonne dann in den Rücken oder ins Gesicht?
-> „Mittagshitze“ = Mittagssonne! Da kommt die Sonne im Allgemeinen von oben. Also sollte die Sonne auf das Hauphaar (sofern vorhanden) scheinen. Ohne Schatten.
Wer hat das Bühnenbild gemalt und was hat das mit den beiden (eng miteinander verwandten) Pflanzen zu tun?
‚Der Garten der Lüste‘ wurde vom niederländischen Malers Hieronymus Bosch gemalt. Was das Bild mit den Früchten zu tun hat? Vielleicht weil die gesuchten Früchte im Bild vorkommen?
Um welche beiden Pflanzen geht es hier überhaupt?
Mittelmehr-Feuerdorn (rote Früchte) und Erdbeerbaum (der rechte Busch)
M e h r Licht am Mittelmeer ? Ja, Goethe war da schon- aber da wollte er in Sizilien mit der Mafia…. War er auch in Griechenland? Nö.
„Die Sonne schien ihm aufs Gehirn, da nahm er einen Sonnenschirm..“
Nein, Gork, das könnte Hei-Wu am Mittelmeer nicht passieren. Senkrecht steht die Sonne am Mittelmeer nämlich nie. Nicht mal im Sommer. Da müsste man sich schon mindestens zum nördlichen Wendekreis begeben. Mit anderen Worten: Auch Mittags steht hier die Sonne klar im Süden. Und jetzt, im Herbst, erst recht.
Du bist der Sache aber schon ganz nah, auch wenn der Feuerdorn nicht so recht passen mag. Ein Tip: Auch unter den Pflanzen gibt es „Ossis“ und „Wessis“. Warum glaubt denn der Verfasser, er dürfe von der roten Frucht nur eine essen? Das muss doch irgend wer einmal behauptet haben. Auch wenn es nicht stimmt: denn dein Hinweis auf Marmelade usw. ist richtig. Gestern habe ich mehrere der Früchte probiert. Beschwerden haben sich keine eingestellt, weder von den Früchten, noch von der Sonne.
Ach, und Elfriede: da will ich mal aus Göthen seinen Diwan zitieren: „Orient und Occident
Sind nicht mehr zu trennen“. Bei den Pflanzen geht es halt doch: „an ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen“, wie mal jemand aus dem östlichen Mittelmeerraum gesagt haben soll.