In der Hallespektrum-Pflanzenredaktion nannten sie ihn nur „Tzschich“. Heino konnte sich den Nachnamen nicht merken, geschweige aussprechen. Die Zuständigkeit des neuen Mitarbeiters war die Grafik, wozu insbesondere die Schriftgestaltung gehörte, also nicht nur die Bilder zur Pflanze der Woche sollte er bearbeiten, sondern beispielsweise auch Briefköpfe, Rechnungsformulare, Vordrucke für Urlaubsanträge und vieles mehr entwerfen, alles halt, was so ein großes Haus wie die Hallespektrum-Verlagsdruckerei so benötigte. Heino konnte mit „Tzschich“ nicht viel anfangen. Der Typ hatte eine Slavenmacke, und wollte lieber Ivan statt Jan genannt werden. Und er dozierte lieber über Grafikgestaltung, anstatt seine Arbeit zu machen. Er propagierte da eine gewissen Minimalismus, bevorzugt nur serifenlose schlichte Buchstaben auf dem Rechner, wie etwa diese hässliche Arial oder die altertümliche „Futura“. Und als grafische Elemente nur Striche, fette Punkte und einfachste geometrische Formen. Elfriede verabscheute vor allem, dass einige von Tzschichs „Künstlerfreunden“ noch radikaler waren: sie waren strikte gegner der gross und kleinschreibung, auch das ß ersetzten sie durch ss u.s.w.
Und dieser Glaspalast, was hat der damit zu tun? Elfriede kam das Gebäude irgendwie bekannt vor. „Klar, Dessau“, sagte sie zu Heino. „Aber auf dem Briefkopf steht etwas anderes. Alfeld steht da. Das ist doch Niedersachsen“ stellte Heino fest. „Der Briefkopf muss doch an die hundert Jahre alt sein, schau mal die Telefonnummer: Fernruf Nr. 18 und 5“
Und das Lösungswort für die Pflanze soll oben im Briefkopf stehen? „Schuster, bleib bei deinen Leisten“ nörgelte Heino. „Wenigstens etwas Pflanzliches sollte doch in der Grafik enthalten sein“ fand er. „Ist es doch, schau mal, Heino“ stellte Elfriede fest.
So, und hier unsere Fragen (sind jetzt ganz viele):
Wie heißt die Pflanze der Woche?
Was stellte die Firma in dem Glashaus daraus her?
Wer hat das Fabrikgebäude entworfen?
Wer hat die Drucksachen entworfen ?
Gibt es die Firma noch, und woraus fertigen sie heute ihre Produkte ?
Steht das Gebäude noch?
Und wer ist dieser ominöse Tzschisch?
Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Die Blume des Feldherren“): Schnee-Felberich, Lysimachia clethroides
Lysimachia clethroides, der Schnee-Felberich oder Entenschnabel-Felberich trägt seinen letztgenannten Namen wegen seiner geschwungenen Blütenrispe, die entfernt an einen Entenkopf mit Schnabel erinnert. Die Pflanzenart stammt aus Ostasien und wird seit Mitte des 19. Jahrhunderts auch in Europa als Gartenpflanze geschätzt. DSer Gattungsname stammt von dem Botzaniker linne und ist einer Beschreibung des antiken Naturhistorikers entnommen, der eine pflanze erwähnt. die angeblich von dem Feldherrebn und Nachfolger Alexanders des Großen entdeckt worden sei. Die Beschreibung des Plinius passt jedoch nicht so ganz, und die Pflanze war im Antiken europa oder Kleinasien wahrscheinich gar nicht bekannt. Das Art-Epitheton sagt, dass die Pflanze der „Clethra“, dem „Zimterlenstrauch“, ähnele. Was isch a Zimterle ? ein kleines Stück Zimt auf Schwäbisch? Dies ist eine andere pflanze, wir wollen jetzt nicht abschweifen.

Pflanzenrätzelmeister ist auf jeden Fall NhuDeng. Nach anfänglichem Stolpern beantwortete er alle Fragen, die zugegebenermaßen nicht ganz einfach und vor allem: nicht vegan, also nicht rein pflanzlich, waren. Und was der gehörnte Alexander da auf dem Kopf hat, das beantwortet eine andere Webseite viel besser, deshalb hier diesen Link: https://www.antikensaal-mannheim.com/vorstellung-der-gipse/portr%C3%A4ts/tondo-des-alexander/
6 comments on “Tzschisch”
– Buche
– Schuhleisten (Fagus-Wek)
– Walter Gropius
– ?
– ja, Kunststoff (PUR?)
– ja
– ?
Im MoMa gabs mal ne Ausstellung, auf den Seiten findet man so einiges zu den offenen Fragen: https://www.moma.org/artists/?exhibition_id=1013
Buche – lat. Fagus
Offenbar wurde auch eine Zeit lang Holzspielzeug aus Buche hergestellt:
https://www.ebay.de/itm/155742429383?mkevt=1&mkcid=1&mkrid=707-53477-19255-0&campid=5338669627&toolid=20006%26customid%3Ds%253AGS%253Bgc%253Aa621a19db5fc1d4c3e75c4b0aec97b1f%253Bpt%253A1%253Bnott%253A1&customid=s%3AGS%3Bgc%3Aa621a19db5fc1d4c3e75c4b0aec97b1f%3Bpt%3A1%3Bnott%3A2&msclkid=a621a19db5fc1d4c3e75c4b0aec97b1f
Nee, die mit dem Holzspielzeug sind eine andere Firma. https://fagus-holzspielwaren.de/de/
Das richtige Fagus-Werk ist Weltkulturerbe – und produziert tatsächlich auch noch Schuhleisten: https://www.fagus-werk.com/de/
Nach dem Hinweis aufs MoMA war es nun leicht die Lücken zu füllen. Johannes Molzahn ist der gesuchte Grafiker und der neue Mitarbeiter im Halle-Spektrum-Druckhaus ist sicher Jan Tschichold.
Tzschichold, Molzahn, Gropius .. Alles glanzvolle Designer und Industriegestalter, die die Welt in den 1920er Jahren bewegten. Von Mitteldeutschlang gingen damals Signale in die Welt. Wäre doch zu hoffen, wenn es wieder so würde, statt des heute hier vorherrschenden, reaktionären und spießigen Gedankenguts.