Die Blume des Feldherren

9. Oktober 2023 | Bild der Woche | 9 Kommentare

Wir sehen hier eine antike, griechsche Münze. Sie ist aus Gold geprägt, und hatte den Wert von zwei Drachmen und hatte einen Feingehalt von etwa 7 Gramm. Wir sehen, welchen beachtlichen Wert einstmals die griechische Drachme vor der Einführung des Euro hatte. Allerdings ist das auch sehr lange her, die Münze wurde stammt aus der Zeit um 300 vor Christus. Auf der Vorderseite sehen wir einen lockigen Jüngling, im Haar hat er einen Reif und merkwürdigerweise das Horn eines Widders. Wer ist dieser Gehörnte? Es ist Alexander der Große – der zu der Zeit, als die Münze geprägt wurde, schon ein viertel Jahrhundert tot war. Geprägt wurde sie von einem ehemaligen Feldherrn und Diadochen, einem der Nachfolger des legendären Makedonen. Auf der Rückseite der Münze sieht man die thronende Pallas Athene Nikephoros, die Sieg bringende. Auf der Hand trägt sie eine kleine geflügelte Nike, dem Sinnbild des Sieges. Die wiederum hält einen Lorbeerkranz in der Hand, mit dem sie den Namen des Feldherren und Alexander-Nachfolgers krönt.  Dessen Machtbereich war das an Goldlagerstätten reiche Thrakien. Er trug den Namen König („Basileos“, ΒΑΣΙΛΕΩΣ), was auf der rechten Seite der Münze geschrieben steht. Links steht sein Name geschrieben.

Was das nun mit der Pflanze der Woche zu tun hat? Dazu lassen wir einen antiken Gelehrten zu Ort kommen: den ersten „Naturhistoriker“ und Lexikonautor Gajus Plinius Secundus. In seiner Naturgeschichte schreibt er im 1. Jahrhundert nach Christus: „Er (der König von Thrakien) entdeckte die Pflanze, die nach ihm benannt ist und von Erasistratus gepriesen wird. Sie hat grüne Weidenblätter, violette Blüten, buschige aufrechte Zweige und einen scharfen Geruch. Sie wächst in feuchten Gebieten. Ihre Kraft ist so groß, dass sie auf streitenden Zugtieren, die am Joch sind, die Unruhe dämpft.“

Leider wissen wir nicht, welche Pflanze Plinius tatsächlich damit meinte. Als dann Carl von Linné 1753 allen ihm bekannten Pflanzen wissenschafliche Namen gab, und diese Nach Gattung und Art unterteilte, bediente er sich zur Benennung einer ganzen Gattung von Pflanzen des antiken Namens, den Plinius erwähnte. Ob es die von Plinius gemeinte Pflanze ist, wissen wir nicht. Die von uns gesuchte Pflanze hat jedenfalls weiße (und nicht etwa violette) Blüten, und auch sonst psst die Beschreibung des Plius nicht so ganz. Sie gehört aber einer von Linné , nach dem Vorbild des Plinius, nach dem Thrakerkönig benannten Pflanzengattung an. Ihr Art-Epitheton jedoch, also der Nachname (oder Vorname, jedenfalls also die Artbezeichnung): ist nach einer ganz anderen Pflanzengattung benannt, weil sie ihr angeblich ähnlich sieht: den Zimterlen.
Weiter bringt uns vielleicht der deutsche Name: in ihm ist das Wort Schnee enthalten, was ein klarer Hinweis auf die Blütenfarbe ist. Und in dem zweiten Wortbestandteil wird auf die Farbe hingewiesen, in der viele anderen Arten blühen, nämlich gelb.

Jetzt haben wir schon einen ziemlich wirren Ausflug durch die Geschichte gemacht, und jetzt müssen wir noch die Herkunft der Pflanze erkunden. Alexander der Große hat sie wahrscheinlich nicht gesehen: denn ihre Heimat ist Japan, China und Korea.

Die winterharte Staude wird in vielen Gärten wegen ihre hübschen, weißen Blütenrispen gehalten, die sich im  Herbst auch gut als Schnittblumen für prächtige Sträuße eignen.

Unsere Fragen:

Welche Pflanze suchen wir?

Wie hieß der Thrakische König?

Im Porträt auf der Vorderseite der Münze trägt Alexander in seinem lockigen Haar einen Reifen, an dem ein nach unten gerichtetes Widderhorn befestigt ist. Warum?

Auflösung der letzten Pflanze der Woche (Dönermorde in der Blütenhecke): Crataegus monogyna, Eingriffeliger Weißdorn

Unser Leser Malefiz hatte die Lösung parat: wir suchten den eingriffeligen Weißdorn. Im Unterschied zu seinem engen Verwandten, dem zweigriffeligen Weißdorn, haben seine Blüten jeweils nur einen Griffel. Sonst unterscheiden sich beide Weißdornarten kaum, beim Eingriffligen Weißdorn sind die Blätter etwas stärker  gelappt. Wenn der Weißdorn nicht blüht, sondern nur Früchte trägt, kann man auch eine der „Mehlbeeren“ öffnen: der Eingrifflige hat auch nur einen Kern (es sind keine Beeren, sondern Steinfrüchte). Beide Arten bastardieren miteinander; dann wird die Bestimmung schwierig.

Der Weißdorn ist in Europa, Nordafrika und Teilen Asiens heimisch. Diese Pflanzenart ist ein kleiner Baum oder ein Strauch, der in der Regel Höhen von 3 bis 8 Metern erreicht.  Der eingrifflige Weißdorn hat weiße Blüten aus, die in Dolden angeordnet sind und im Frühling blühen. Der Geruch wird aus der Entfernung als angenehm empfunden, aus der Nähe jedoch oft als unangenehm. Der „fischige“ Geruch stammt von flüchtigen Aminen her. Im Herbst trägt er kleine rote Früchte, die als Mehklbeeren bekannt sind und im Winter gerne von Vögeln gefressen werden. In außergewöhnlich warmen Herbsten kann es vorkommen, dass der Strauch noch einmal, wenn er schon Früchte trägt, wieder blüht.

Crataegus monogyna Eingriffeliger Weißdorn, Ganzer Strauch

Crataegus monogyna Eingriffeliger Weißdorn Blüte Macroaufnahme

 

Die Pflanze hat dornigen Stacheln. In der traditionellen Medizin werden die Blätter, Blüten und Früchte des eingriffligen Weißdorns verwendet, da ihnen verschiedene gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben werden. Insbesondere wird ihm nachgesagt, dass er das Herz-Kreislauf-System unterstützen kann.

Wer war der Dönermörder? Es ist ein kleiner räuberischer Vogel, der seine Beute (kleine Mäuse, größere Insekten, andere Jungvögel) auf den Dornen im Gebüsch aufspießt, um sie dann portionsweise zu fressen oder an seine Jungen zu verfüttern.

Griffel (weiß-gelb, Mitte) und Staubbeutel (rosa) mit weißen Pollenkörnern.

Crataegus monogyna Eingriffeliger Weißdorn. Blüte und Früchte an einem Strauch

 

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Alle anderen Pflanzen der Woche, seit 2016, findet Ihr hier im Archiv.

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