Sparta und die „..ierendenblume“

25. September 2023 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Heino fand, dass Pflanzennamen auch gegendert werden müssen. Also zum Beispiel „-ierendenblume“, findet er. Geht gar nicht, widerspricht Elfriede, ihr rollen sich bei so etwas die Zehennägel ein. Aber Freund Heino kommt öfters mit solchen verspannten Ideen um die Ecke. Wie neulich, als er das wollte er das Wort „Mohrrübe“ verbieten wollte. Doch während Elfriede da nur noch entnervt den Kopf schüttelt, beharrt  er darauf: „Blumen haben kein Geschlecht“ doziert er, „oder genau gesagt: die sind bisexuell. Staubblätter und Narbe sind doch auf einer Pflanze. Bei den meisten ist das so. Und deshalb muss der Mensch auch sprachlich klarstellen, dass beide Geschlechter der Blume angesprochen sind. Und nicht nur „mitgemeint“.

„Ich kann den Quatsch nicht mehr hören, erwiderte Elfriede abgenervt. Und außerdem gibt es auch zweihäusige Pflanzen“

„Die hier jedenfalls ist zweigeschlechtlich, sagte Heino, und deutet auf ein Blütenbild. Auf hohen Stängeln, mit gefiederten Blättern, standen imposante orangefarbene Blütenköpfe. „Der Deutsche Name geht ganz klar so überhaupt nicht“, insistierte Heino.

„man könnte aber was zum Thema machen“, lenkte Elfriede ein. „War da nicht neulich wieder so ein Forum-Diskutierender, der mit 300 Spartanern gegen das gendern kämpfen wollte? Die Blume da erinnert mich an ein unrühmliches Kapitel der Spartaner“

„Wieso? Der Gattungsname… wie hieß nochmal das Gebirge, wo die Spartanischen Väter die Kinder in die Schlucht werfen sollten, die ihrer Ansicht nach nicht männlich genug für den Kriegsdienst seien?“
„Das Gebirge hat aber noch ein „y“ mit drin. Das passt nicht“, fand Heino, der mittlerweile in einem Lexikon der Pflanzennamen blätterte. Er las vor: Die Blume ist nach einem etruskischen Gott benannt. Dem Gott der Weisheit, der in der Erde lebt. Einmal soll ein Bauer zu tief gepflügt haben, da soll der Gott erschienen sein. Mit dem Gesicht eines Kindes, aber der Klugheit eines alten.

Heino durchpflügte mit dem Finger weiter die Zeilen, als erwarte auch er, dass ihm die Weisheit erscheine: “ Die Blume, die Du meinst, kommt aus Südamerika, nix Spartaner, nix Schlucht“. Er las vor: Erst in der Mitte des 16. Jahrhundertstaucht die Blume in Mitteleuropa auf. Ein gewisser Rembert Dodoneus hatte sie in einem Werk als „Flos Aphricanus majus procerum“ genannt, und schon um 1560 gab es eine Sorte mit gefüllten Blüten. Bald wurde die „Sammetblume“, wie man sie auch nannte, in europäischen Gärten beliebt, zumal man sie recht bequem aus Samen im Frühjahr vorziehen konnte“. Und weiter lasen sie: „Offenbar blieb sie lange nur eine Zierpflanze, und der alte Kräuteronkel Tabernomontanus verachtete sie: „Des Krauts übelriechender und stinckender Geruch / der sich fast dem Schierling vergleicht/geben Anzeigung/daß es gifftige und schädliche Käuter seind“

„Giftig? ich habe gelesen, dass man die Blume dem Hühnerfutter beimischt, damit die Dotter schön gelb werden“, bemerkte Elfriede, und lag da wohl nicht ganz daneben.

Unsere Fragen:

Um welche Blume handelt es sich?

Ist sie wirklich „giftig“?

Der Farbstoff, der das Eidotter gelb färbt,  ist auch als Lebensmittelzusatz erlaubt, und hat eine E-Nummer. Welche? (Oft wird behauptet,  dass sich die Einnahme der Substanz sich positiv auf die Augengesundheit auswirkt. Entsprechende Werbeaussagen zu  Nahrungsergänzungsmitteln  in Bezug auf die Verbesserung der Sehkraft sind jedoch rechtlich nicht zulässig).

 Wie hieß das Gebirge, in dessen Schluchten die Spartaner ihre „missratenen“ Kinder entsorgten?

Wer war der Gott, der unserer Blume  ihren Gattungsnamen verlieh?

Haben alle Pflanzenindividuen wirklich  zwei Geschlechter?

Warum wollte Heino die Pflanze „… ierendenblume“ nennen?

Auflösung der letzten Pflanze der Woche: Ölweidenblättriger Nachtschatten, Solanum elaeagnifolium.

Gork vom Ork lag fast richtig – er meinte, bei der gesuchten Pflanze habe es sich um den Enzianstrauch gehandelt (das Lycianthes rantonnetii). Die Beschreibung hätte fast gepasst, doch die Blätter unserer Pflanze sind doch eher länglich, deshalb hat man sie mit den Blättern der Ölweide verglichen. Die gesuchte Pflanze ist – ebenso wie die Gorksche Pflanze – ein Nachtschattengewächs, gehört wie Kartoffeln und Tomaten der Gattung Solanum an. Wie im Eingangstext beschrieben, ist sie ein Neophyt, der sich als Unkraut im Mittelmeerraum stark ausbreitet und schwer zu bekämpfen ist. Die Griechen nennen das Unkraut nur „Jermanos“ (Γερμανος), „Deutscher“, weil  es während der deutschen Besatzungszeit erstmals verstärkt auftrat.In Südafrika nennt man sie „Satansbos“, andere Namen sind auch „wilde Aubergine“, weil die Pfanze mit ihren violetten Blüten letzterer ähnlich sieht.

Die Heimat ist Südwest-Amerika. Aufgrund des Gehaltes verschiedener Steroidalkaloide vom Solanin-Typus ist die Pflanze giftig, besonders die unreifen Früchte. Tückisch ist es, wenn Pferde die Pflanze fressen. Das Gift führt dazu, dass das Medikament  Ivermectin , das Tierärzte gegen Parasiten (Würmer et al) geben, die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann – und dadurch für die Tiere gefährlich wird.
In ihrer Heimat wird die Pflanze jedoch auch von den Ureinwohnern sogar zur Lebensmittelherstellung benutzt: die Pima verwenden einen Extrakt als veganes Gerinnungsmittels (Lab) bei der Käseherstellung.

(Hei-Wu)

Interesse an noch mehr Pflanzen der Woche? Alle weiteren findet Ihr in unserem Archiv – seit 2016.

 

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