Der Unfall des Skilangläufers: ein Fall für Hollywood

28. Dezember 2020 | Bild der Woche | 6 Kommentare

Aus Luzern war nun nichts geworden, wegen Corona hatten sich Heino und Elfriede etwas anders überlegen müssen, wo sie die Wintertage verbringe könnten. Also war es dann doch nur der Harz. Auch mit Abfahrtskilaufen war nichts, aber Elfriede hatte noch vor dem Lockdown Langlaufskier organisieren können. Stur in einer vorgezogenen Loipe zu rutschen, war eigentlich nichts für Heino, der langsam hinter Elfriede herschnürte. Hinter einer Biegung ging es jedoch abwärts, und Heino nahm Fahrt auf. Immer mehr und mehr – „oh Gott, wie bremse ich eigentlich?“ schoss es ihm durch den Kopf – Schneepflug ging nicht, er kam auch nicht aus der Spur raus. Immer schneller ging es nun, und in der nächsten Kurve im Schuss geradeaus. Heino verspürte „Schmerzen an der Einstichstelle“, nein, ganz viele Einstichstellen waren es – das Gesicht brannte wie Feuer, und ein Haufen Schnee rauschte vom Busch Heino in den Kragen hinab. Elfriede hatte seinen Schrei gehört, war wieder umgekehrt und versuchte, ihren Lover aus dem Gewirr von Zweigen, dunklen Blättern und Rieselschnee zu befreien.

Zwischen den Zähnen hatte Heino auch noch rote Beeren stecken, die er angewidert (und auch ein bisschen ängstlich) ausspie. Nie wieder Langlauf, gelobte Heino, als Elfriede, mittlerweile auch ziemlich zerstochen, aus dem Gewirr gelöst hatte.

Heino fluchte, schimpfte, dass ihm das Mistzeug keinesfalls als Weihnachtsdeko in die Wohnung käme, und Elfriede lachte sich scheckig: „Hätte ich filmen sollen, das wäre reif gewesen für Hollywood“.  „Hollywood, sehr witzig“, zischte Heino.

Wir fragen: wie gelangt Heino nach Hollywood?

(HW)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche: „Ein politischer Baum“ : Liquidambar styraciflua, amerikanischer Amberbaum.

Unser Leser „Agricola“ hatte es mit seiner Bemerkung zum „flüssigen Bernstein“ („Liquid Ambar“) angedeutet: Wir suchten nach dem amerikanischen Amberbaum, auch Seesternbaum genannt. Er stammt aus Nordamerika, ist auch bei uns ein gern gepflanzter Gast, vorwiegend wegen seiner seesternartigen Blätter, die im Herbst eine beeindruckende Rotfärbung zeigen.

„American sweetgum“ nennt man jenseits des großen Teiches den stattlichen Baum, weil er – man ahnt es schon – ein gummiartiges Harz austreten lässt, wenn man die Rinde verletzt. Dieses Harz sollen die indigenen Einwohner dort als eine Art Kaugummi verwendet haben.

In Südeuropa Europa kommt noch ein weiterer Verwandter vor, Liquidambar orientalis. Dessen Saft verwendete man schon im Altertum und Mittelalter als Lieferant für ein dunkles, zu Körnern eingedicktes Harz, das man als Räucherwerk verwendete, das so genannte „Styrax“. Nach der Entdeckung Amerikas wurde dann auch der amerikanische Amberbaum hierzu verwendet.

Als man im 19. Jahrhundert alles Möglichen teuren Arzneimittel und Naturstoffe chemisch zu untersuchen begann, fand der Apotheker Eduard Simon bei der Destillation von Styrax ein hellflüssiges Destillat mit eigentümlichen Geruch. Er nannte es Styrol. Die überraschende Eigenschaft war, dass es mit der Zeit erstarrte, ohne sein Gewicht zu verändern. Heute wissen wir, dass es hier um eine Polymerisation handelte, eine chemische Verkettung der einzelnen Styrolmoleküle zu einem immer größer werdenden Molekül. Erforscht hat diese Polymerisationsreaktionen, die die Grundlage für die ganze Kunststoffindustrie bilden, ein gewisser Hermann Staudinger. Der Chemiker hatte übrigens 1903 in Halle promoviert, später erhielt er eine Professur in Freiburg (wo er in Konflikt mit dem NSDAP-Mitglied Heidegger geriet – was aber eine eigene Geschichte wäre). 1953 erhielt er für seine Verdienste um die Polymerforschung den Chemie-Nobelpreis.

Styrol gewinnt man heute natürlich nicht aus den Bäumen, sondern aus Erdöl, und zwar im Megatonnenausmaß. Das Produkt Polystyrol kennt eigentlich jeder: beispielsweise aufgeschäumt als „Styropor“.

(HW)

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