Armstrongs Tüten

28. August 2023 | Bild der Woche | 5 Kommentare

Heino hatte mal wieder das Fenster weit geöffnet, und Louis  Armstrong schmetterte „what a wonderfull world“ durch die Reihenhaussiedlung. Elfriede mochte keine amerikanischen Trompetenklänge. Und erst recht nicht, wenn Heino bekifft war, und die Tütenreste aus dem Fenster warf. Elfriede Blick kletterte aus dem bescheidenen Vorgarten hinauf zu Heinos Fenster, aber die unförmige Liane versperrte ihr den Blick, und rufen war zwecklos, bei dem Lärm. Elfriede war schon immer gegen diese Kletterpflanze gewesen. Der Vermieter würde eines Tages Ärger machen, weil die Haftwurzeln den Putz beschädigten. OK, sie musste zugeben, Fassadenbegrünung soll ja auch Vorteile haben, auch wegen Klimaschutz und so Zeug.  „Aber warum sollen wir gerade damit anfangen?“ fragte sie sich manchmal. Ärgerlich war ihr sowieso der ganze Dreck. Mit einem Rechen versuchte sie, die heruntergefallenen „Tüten“, Blätter und Zweiglein vom Rasen herunterzukratzen, damit es alles nicht so verwildert aussah. Jetzt im Herbst war das besonders schlimm, all die Arbeit, täglich musste sie den Rasen heruntergefallenem Biozeugs befreien.

Und jetzt hatte Heino auch noch angekündigt, seine Pflanzenliebhaberei dann, wenn es kalt wird, nach Innen zu verlegen. „Sechs Stück dürfen wir“ hatte er gesagt, und Elfriede fand, nur drei seien erlaubt. „Die anderen drei sind dann deine“, hatte Heino mit einem seligen Grinsen erwidert, und Elfriede war fast übergekocht vor Wut.  Noch mehr Tüten, wenn das mal gut geht.  Überhaupt Tüten. Und Lampenschirme. Elfriede kam dabei die erinnerungf hoch, wie sie  einmal ordentlich angeschissen wurde. Aus der Haushaltsauflösung ihrer Oma hatte sie so eine Lampe mit einem Schirm aus zusammengelöteten Buntglasstücken mitgenommen. Enorm kitschig, wie sie fand, und hatte das Teil an einen Trödler in der Altstadt vertickert. Der hatte ihr tatsächlich noch eine Summe von einigen hundert Euro gegeben, worüber sie sich schon freudig verwundert gezeigt hatte, sich aber maßlos schwarz ärgerte, wie sie sah dass so ein Teil bei Sothebys  für mehr als 2.2 Millionen Dollar über die Theke ging.  Für die Kohle hätten sie ihr Häuschjen aufkaufen können, und die beiden Hütten der Nachbarn gleich mit dazu. Aber der blöde, verkiffte Trödler fährt seitdem Porsche.

Arme Elfriede.

Ihr aber könnt helfen:

Was sind das für Tüten, die Elfriede da aufharken musste?

Was für eine Liane klettert da das Haus hoch?

Und von wem mag die Lampe gewesen sein, die so teuer bei Sothebys verklimpert wurde?

Kann man Glas „löten“?

Können die Haftwurzeln den Putz beschädigen?

 Auflösung der letzten Pflanze der Woche: („Leben am alten Kanal“ ). Die Schwanenblume, Butomus umbellatus

Unser Pflanzenfreund Rati hatte die Pflanze gleich erkannt, und  Elfriede schrieb längere Elegien dazu.. Zunächst einmal: wir waren tatsächlich an dem nicht fertig gestellten Umgehungskanal Halle unterwegs. Der Kanal wurde in den 1935 begonnen und war bereits 1936 weitgehn in der jetzighen Form ausgehoben. Das Aushubmaterial wurde für den Bau des Passendorfer Damms benutzt. Das Projekt wurde durch den II. Weltkrieg beendet und wurde nie vollendet. Der Umgehungskanal als Teil des „Südflügels Mittellandkanal“ sollte die Schleusen Gimritz, die Schleuse Halle-Stadt und die Schleuse Böllberg umgehen und die Wasserstraße für das 1000-Tonnen-Schiff nutzbar machen.


Heute ist die Bauruine ein inoffizielles Badegewässer, Lagerplatz für Picknickfreunde internationaler Herkunft und Angelrevier vorwiegend Einheimischer. Das Ufer befindet sich in einem naturnahen Zustand.

Dort fanden wir die Schwanenblume (Butomus umbellatus). Die Sumpfpflanze wächst  an stillen Gewässerufern und in Feuchtgebieten, so auch am Ufer des Alten Kanals in Halle. Sie hat rosa-weiße Blüten, die zu einer Dolde angeordnet sind. Sie gehört zu der einzigen Art in der Familie der Schwanenblumengewächse (Butomaceae), die wiederum zu den Froschlöffelartigen (Alismatales) zählt. Die Artbezeichnung Butomus bedeutet „Rinder schneidend“ und bezieht sich darauf, dass die alten Griechen meinten, die angeblich scharschneidigen Blätter würden den im Wasser watenden Ochsen die Hufe zerschneiden. Was aber nicht so ist. „Umbellatus“ bedeutet „doldenförmig“.

Die Schwanenblume ist in Europa, Asien und Nordafrika heimisch und wurde auch in Nordamerika und Australien eingeführt. Dort gilt sie als Neophyt.  Sie bevorzugt nährstoffreiche, kalkhaltige und lehmige Böden, die zeitweise überflutet werden können. Die Samen haben hohle Auftriebskörper, mittels derer sie sich schwimmend verbreiten. Diese Ausbreitungsart nennt man Nautochorie.

Die Schwanenblume wird von Menschen als Zierpflanze für Teiche und Gärten genutzt, aber auch als Futterpflanze für Nutztiere wie Rinder und Schafe.

Das Rhizom kann aber auch als menschliches Nahrungsmittel dienen. Es enthält  viel Stärke und kann gebacken, getrocknet oder zu Mehl verarbeitet werden. In Asien wird daraus Brot gebacken, oder die gekochte Wurzel als  Beilage gegessen.

Neugierig auf mehr rätselhafte Gewächse? Alle vergangenen Wochenpflanzen findet Ihr bei uns im Archiv.

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