Leben am alten Kanal

21. August 2023 | Bild der Woche | 7 Kommentare

Der alte Kanal beherbergt eine große Artenvielfalt. Nicht nur hinsichtlich der menschlichen Spezies, von der sich zwei große, scheinbar kaum untereinander agierende Gruppen auszumachen sind: ausgespochen gesellig lebende Großgruppen, deren spezifisches Interesse dem Verzehr erhitzter Fleischstücke sowie der Kommunikation untereinander gilt. Diese wiederum sind deutlich zu unterscheiden von notorischen Einzelgängern in militärisch anmutender Ausrüstung, was wohl ihrem Charakter als typische Lauerjäger geschuldet sein mag. Ihr Interesse gilt ausschließlich dem Fang und dem Aussetzen von Fischen.  Ob sie über Sprache und Sozialverhalten verfügen, ist nicht bekannt.
Diese Art der Isolation teilen sie mit einem Gewächs, das an den Ufern des Gewässers jetzt um diese Zeit im August seine beeindruckenden rosa Blütendolden über dem Wasser entfaltet. Die Art ist ziemlich isoliert, was nicht an mangelnden Kontaktmöglichkeiten liegt, aber an fehlender Verwandtschaft: sie ist die einzige in ihrer monotypischen Gattung und ihrer monogenerischen Familie. Dort findet sich der sonderbare Pflanzengesell dann erst in der Ordnung der Froschlöffel wieder.  Die Pflanze steht gerne im Wasser, dessen Pegel gerne schwanken darf, das stört sie nicht.

Ihren wissenschaftlichen Namen hat sie aus dem Griechischen: er bedeutet „Ochsenschneider“ und  basiert auf einem Irrtum. Ihre Blätter sollen die Hufe der im Wasser watenden Ochsen schneiden können, was aber nicht stimmt, die Blätter sind eher weich. Der Deutsche Name nimmt dagegen auf  gewisse Wasservögel Bezug.
Beeindruckend: steht die Pflanze in größerer Wassertiefe, entwickelt sie bandförmige Tauchblätter, die im Wasser schwimmen. Die Überwasserblätter, die sich bei niedrigem Wasserstand entwickeln, sind dagegen grasartig und rinnenartig dreikantig ausgebildet, sie werden bis zu 1 cm breit.
Die Blüten duften stark nach Honig und locken Bienen und Hummeln an.
Was viele nicht wissen: wer sich nicht von Fischen aus dem Kanal ernähren mag, kann versuchen, eine vegane Alternative vom Seegrund zu angeln: die Rhizome unserer rätselhaften Blume sind essbar, wovon man in Asien auch durchaus Gebrauch macht. Sie enthalten bis zu 60% Stärke. Auch hierzulande sollen sie zu Notzeiten schon gegessen worden sein. Heute wird sie allenfalls als hübsche Zierpflanze für den Gartenteich genutzt.

Jetzt haben wir sicher genug verraten, weshalb hier jetzt die Fragen kommen:

Wie heißt unsere schöne Wasserblume?

Wie nennt man ihre Art der Samenverbreitung?   

Was ist das eigentlich für ein „Kanal“ in Halle, wozu diente er?

 

Auflösung der letzten Pflanze der Woche: „Rosa und kein Ende“: Wegmalve, Malva sylvestris

Unsere Rechtschreib-Elfriede hat die Aufgabe gelöst – ohne künstliche Intelligenz zu bemühen. Wir suchten die Wegmalve mit dem lateinischen Namen Malva sylvestris. Das soll „Waldmalve“ bedeuten, aber den Wald (lateinisch silva) schreibt man natürlich nicht mit „y“ (Die Römer hatten gar kein Ypsilon, das gabs nur bei dem Volk der Ypsilantis, also den Griechen) . Aber der typische „Sylvesterfehler“ passierte wohl auch schon den alten Botanikern. Ohnehin – das ist noch ein Irrtum der alten Botaniker – wächst die Pflanze nicht im Wald, dazu ist es ihr zu schattig. Sie liebt Sonne und findet sich deshalb oft an Feld- und Wegrändern.

 

Der Chemiker, den wir suchten, war William Perkin, er erfand 1856 – zufällig auf der Suche nach einem Heilmittel – den ersten synthetischen Farbstoff aus einem Steinkohlenteerprodukt, das Mauvein. Der Name leitete sich über die Farbe der Malvenblüte (Mauve) ab, das merkwürdige lila-Pink war ein paar Sommer lang die Modefarbe schlechthin, machte Perkin reich und die Erfindung begründete in den folgenden Jahren den gewaltigen Erfolg der chemischen Industrie (Farbenfabriken Bayer, Badische Anilin-und Sodafabrik usw.). Kann man ausführlich hier nachlesen (https://archlsa.de/bodendenkmalpflege/fund-des-monats/2016/dezember-2016.html).

Aber was war das mit den Käsepappeln? Nicht nur die Früchte,  die ganze Pflanze kann man essen, wenn sie gekocht wird. Dabei entsteht ein etwas schleimige Art „Spinat“, der eben etwas „pappig“ ist und mit dem man Kinder auf“päppeln“ kann. Mit Pappelbäumen hat es also nichts zu tun. Die Früchte sollen in ihrer Form an Käselaibe erinnern (solche Käse hat der Autor aber noch nicht bewusst gesehen).

Neugierig auf mehr rätselhafte Gewächse? Alle vergangenen Wochenpflanzen findet Ihr bei uns im Archiv.

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