Pflanze der Woche

18. Juli 2016 | Bild der Woche | 5 Kommentare

PDW11-07-2016Richtig bestimmt, und nicht nur geraten – Echium vulgare, der gewöhnliche Natterkopf, war die Pflanze des Monats der letzten Woche. Flink gelöst wurde das Rätsel mal wieder, aber dieses Mal von hinten herum – erst warf „Woric“ die unaussprechliche chemische Substanzklasse auf den Tisch: Pyrrolizidinalkaloide, die in den meisten Mitgliedern der Familie der Rauhblatt- oder Borretschgewächse (Boraginaceae) enthalten sind.  Sie gelten als giftig und krebserregend, einige Pflanzen (allerdings nicht aus der Familie der Boraginaceae), haben bei Menschen und Tieren schon zu tödlichen Vergiftungen geführt, beispielsweise durch das Jacobs-Greiskraut (Senecium vulgare). Tatsächlich warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung, nicht einmal das Küchenkraut Borretsch (Borago officinalis) im Übermaß zu konsumieren – für Freunde der so genannten Frankfurter Grünen Soße, wo dieses Kraut eines der geschmacksgebenden Kräuter ist, vieleicht ein Problem.

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Das Grundgerüst der bösen Pyrrolizidinalkaloide ist eigentlich übersichtlicher als sein unaussprechlicher Name: Pyrrolizidin

Dann war ja noch nach der Farbveränderung gefragt: Der Blütenfarbstoff gehört zur großen Gruppe der Anthocyane („Blumenblau“), der auch in Rotkohl enthalten ist. Er verändert seinen Farbton je nach pH-Wert, aber auch nach Art der von ihm komplexierten Metallionen, z.B. Aluminium. Ungeachtet der Metallionen sind Anthocyane in saurem Medium rot, in neutralem Medieum blau bis violett (richtig, @Gondwana), und manche im Alkalischen sogar grün.
Wo wir bei den Farben sind: dann war ja noch nach dem Farbstoff für Lippenstifte gefragt. Lippenstifte müssen Farbstoffe enthalten, die nicht Wasser- aber fettlöslich sind. Unter den Pflanzenfarbstoffen gibt es da keine große Auswahl. Ein schönes Rot liefert die Pflanze Alkanna, in der Antika „Anchusa“ genannt. „Alkanna“ kommt übrigens aus dem Arabischen (diese Kulturbereicherer immer!) und bedeutet einfach: „die Rote“. Anchusa oder Alkanna tinctoria wächst im mediterranen Raum, gehört auch zu den Borretschgewächsen und sieht unserem Natterkopf sehr ähnlich. Der rote Farbstoff ist in der Wurzel enthalten. Für die Damen und Herren, wenn mal der „Roßmann“ zu hat: man kann Lippenstifte selber zubereiten, und das sogar fast vegan, wenn wir mal vom unter in den bezüglichen Kreisen umstrittenen Bienenwachs absehen (Massentierhaltung). Die Netzrecherche führt zum perfekten Eigenbau. (Zum Verständnis: „Alkanet“ im verlinkten Text ist Alkanna): https://mijnzeep.wordpress.com/2013/07/17/homemade-lipstick/

Jetzt aber zu unserer Pflanze dieser Woche:

Pflanze des Monats 18-24.07-2016

Pflanze des Monats 18-24.07-2016

Hier ist sie. Der Blütenstand schiebt sich zu dieser Zeit gerade wie eine kleine Fichte in die Höhe. Mit seinen blattlosen Stängeln, die sich in ziemlicher Geschwindigkeit scheinbar aus dem Nichts aus dem Boden schieben, wirkt er schon etwas fremdartig. Hat unsere Wochenpflanze  denn wirklich keine Blätter? Wie geht denn das? Oder sind die Blätter wo anders? Oder kommen später? Was ist denn da los?

Diese Pflanze ist auch so ein Einwanderer, nicht aber ein Neophyt, sondern ein Alteingesessener, in diesem Falle mit römischen Wurzeln. Was kann man noch erzählen, ohne all zuviel zu verraten?

Vielleicht, dass der Pflanze männlichkeitfördernde Wirkungen nachgesagt werden. Das ist aber eher Humbug. Wahr ist aber, dass es Exemplare gibt, die männliche (xy-Chromosomen) haben, und es Weibliche(XX) gibt, die Früchte tragen. Dann aber hat man auch „Supermännchen“ gezüchtet, sie haben YY-Chromosome. Doppeltmännlich, noch mehr Potenzverstärkung geht wirklich nicht. Die Teile müssen erbärmlich nach Testoteron stinken, und wahrscheinlich würden sie Goldkettchen oder zumindest eine Stihl-Bohrmaschine im Keller haben, wenn sie keine Pflanze wären. Ein Taum für Bernd Höcke, der ja in seinen Reden die Männlichkeit schwinden sieht. Das mit der Double-YY- Potenzpflanze  funktioniert übrigens ohne molekulare Gentechnik. Die Zusatzfrage lautet daher: Wie geht denn das, wie erzeugen Pflanzenzüchter die Double YY- Chromosomen in unserer Wochenpflanze, und könnte Herr Höcke damit auch überleben?

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