Kastraten und Gender-Rollen in Händelopern

19. Februar 2019 | Veranstaltungen | Keine Kommentare

Eine starre Einteilung der Geschlechter in männlich und weiblich wird in der Frühen Neuzeit durch Maskerade und Spiel häufig unterlaufen. Auf der Opernbühne ist bereits die Besetzungspraxis eine erste Unterlaufung, wird doch der primo uomo üblicherweise von einem Kastraten gesungen, – einem Wesen, das nicht eindeutig einem der beiden Geschlechter zugeordnet werden kann. Junge Kastraten debütieren zudem üblicherweise in Frauenrollen. Gleichzeitig ist die Figurenkonstellation im dramma per musica sehr klar auf eine Geschlechterdichotomie angelegt, wobei einerseits die Eigenschaften der Geschlechter auf philosophisch und anthopologisch tradierte Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit fußen, andererseits aber eine große
Vielfalt von ‚weiblichem’ und ‚männlichem’ Verhalten möglich ist. Diese Konstellationen werden im Vortrag sowohl auf Ebene des Dramas als auch der Besetzung u. a. an den Opern Rinaldo (1711) und Alcina (1735) untersucht und diskutiert. Abschließend wird nach möglichen Rezeptionsformen – Spiegelungen, aber auch Brechungen – im Publikum der Händelzeit gefragt.

Corinna Herr forscht u. a. über Opern insbesondere des 17. und 18. Jahrhunderts, über Geschichte, Theorie und Ästhetik der Singstimme und aktuell über Rolle und Funktionen von Musik in der digitalen Kultur. Kulturwissenschaftliche und gendertheoretische Ansätze sind für ihre Arbeit grundlegend. Sie vertrat Professuren u. a. an der Universität Bayreuth, der Humboldt-Universität zu Berlin sowie der Hochschule für Musik und Tanz Köln und ist Privatdozentin der Ruhr-Universität Bochum.

(Aktuelle Publikationen: „Gesang gegen die ‚Ordnung der Natur’? Kastraten
und Falsettisten in der Musikgeschichte, Kassel 2013; „Der Tenor: Mythos,
Geschichte, Gegenwart“. Hrsg. mit Arnold Jacobshagen und Thomas Seedorf,
Würzburg 2017 (Musik – Kultur – Geschichte, 8))

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