Ostdeutsche Ministerpräsidenten beschließen Wasserstoff-Zukunft. Aber wie kann das funktionieren?

23. Juni 2023 | Umwelt + Verkehr | Keine Kommentare

Die ostdeutschen Bundesländer haben beschlossen, den Aufbau einer nationalen Wasserstoffinfrastruktur voranzutreiben, um eine sichere Energieversorgung in der Zukunft zu gewährleisten. Der Ministerpräsident Sachsens, Michael Kretschmer (CDU), der als Vertreter der ostdeutschen Regierungschefs sprach, betonte, dass Wasserstoff insbesondere in Ostdeutschland eine wichtige Rolle für die Versorgungssicherheit spielen werde.

Die Konferenz der ostdeutschen Regierungschefs begrüßte die Initiative der Bundesregierung zum Aufbau eines bundesweiten Wasserstoffkernnetzes. Es wurde jedoch betont, dass bei der Planung der Pipeline-Infrastruktur sichergestellt werden müsse, dass alle relevanten Endkunden in den ostdeutschen Ländern angeschlossen werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete Wasserstoff als das „Gas der Zukunft“ und betonte die Notwendigkeit, jetzt in Investitionen zu starten. Scholz hob auch die Bedeutung des Ausbaus von Windenergie hervor und forderte eine Beschleunigung der Planungs- und Bauverfahren.

Die Konferenz fand in Chemnitz unter dem Vorsitz von Ministerpräsident Kretschmer statt. Anschließend trafen die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Scholz und dem Beauftragten der Bundesregierung für Ostdeutschland, Carsten Schneider (SPD), zusammen.

Von Worten zu Taten: wie kann das funktionieren ?

Wie konkret diese frommen Wünsche in die Tat umgesetzt werd3en können, beschreibt eine Studie mit dem Titel „Masterplan Ost“, die von den Fraunhofer-Instituten Fraunhofer IEG, Fraunhofer ISI und Fraunhofer IKTS auf Initiative des Energiekonzerns VNG vorgelegt wurde. Sie beschreibt die Rolle von Wasserstoff in Ostdeutschland bei der Förderung der Dekarbonisierung und der Neugestaltung der Wirtschaft. Die Studie betont, dass nachhaltig erzeugter Wasserstoff als Energieträger wesentlich dazu beitragen kann, diese Ziele zu erreichen. Allerdings müssen die spezifischen Voraussetzungen in Ostdeutschland bis 2030 berücksichtigt werden.

Die Studie analysiert die Herausforderungen und Potenziale beim Aufbau einer Wasserstoffwertschöpfung in Ostdeutschland und macht konkrete Vorschläge für ein gemeinsames Vorgehen wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und politischer Akteure in den kommenden Jahren. Das Hauptziel besteht darin, eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft in Ostdeutschland erfolgreich aufzubauen.

In der Studie wurde erstmals eine umfassende Betrachtung der Akteurslandschaft entlang der Wasserstoff-Wertschöpfungskette in Ostdeutschland durchgeführt. Über 660 Akteure wurden identifiziert und den verschiedenen Bereichen der Wertschöpfungskette zugeordnet. Diese umfassende Darstellung erleichtert die Vernetzung der Akteure, schafft Synergien und verhindert Doppelstrukturen oder Kannibalisierungseffekte zwischen den Regionen.

Der Masterplan entwickelte detaillierte Stärken- und Schwächenprofile für jedes Bundesland in Ostdeutschland. Es zeigt sich, dass sich diese Profile komplementär ergänzen und ein solides Fundament für eine länderübergreifende Zusammenarbeit bieten. Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg können beispielsweise große Mengen an nachhaltigem Strom bereitstellen und verfügen über umfangreiche Erfahrungen im Bereich der Kraftwerkstechnik. Sachsen-Anhalt besitzt eine breite Expertise in der chemischen Industrie und eine gut ausgebaute Gasspeicherinfrastruktur. Sachsen ist stark im Bereich Anlagen- und Maschinenbau, während Thüringen Kompetenzen in den Bereichen Sicherheitstechnik sowie Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik aufweist.

Die Studie prognostiziert erstmals ein konkretes Wasserstoff-Nachfragepotenzial für Ostdeutschland. Basierend auf dem Akteursnetzwerk, den Stärken- und Schwächenprofilen und einem Simulationsmodell wurden drei länderübergreifende Fallstudien entwickelt. Es wurde ermittelt, dass kurz- bis mittelfristig ein Nachfragepotenzial von rund 15 TWh in der ostdeutschen Industrie, insbesondere in Raffinerien, der Basischemie und der Stahlproduktion, besteht. Weitere 2,3 TWh könnten durch den Einsatz von Wasserstoff im Verkehrsbereich erschlossen werden. Bis 2050 wird ein Gesamtpotenzial von 12 TWh für den Verkehrsbereich und ein Bedarf von 37 TWh für den Einsatz in der Industrie prognostiziert. Im Vergleich dazu erwartet die Bundesregierung basierend auf der nationalen Wasserstoffstrategie deutschlandweit einen Wasserstoffbedarf von etwa 90 bis 110 TWh im Jahr 2030.

Um diese Wertschöpfungs- und Nachfragepotenziale schnellstmöglich zu nutzen, werden im Masterplan mehr als 50 konkrete Maßnahmen vorgeschlagen. Diese reichen von der Entwicklung spezifischer Genehmigungs- und Zulassungsverfahren über die Änderung von Beschaffungsrichtlinien bis hin zur Entwicklung von Bildungsangeboten. Eine weitere Empfehlung besteht darin, eine ostdeutsche Wasserstoffagentur zu gründen, um die länderübergreifende Zusammenarbeit nachhaltig zu fördern. Die Wasserstoffagentur soll die politische Koordination zwischen den Bundesländern sicherstellen und die Verzahnung von Unternehmen, Wissenschaft und Politik unterstützen. Sie soll auch dazu beitragen, Unternehmen aus verschiedenen Sektoren und Wertschöpfungsstufen zusammenzubringen und sie bei der erfolgreichen Umsetzung großer Projekte zu unterstützen.

Den Gesamten Masterplan Wasserstoff kann man hier nachlesen.

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