Kostenloser Nahverkehr: Warum ist keine ostdeutsche Stadt für Modellversuch vorgesehen? Warum nicht Halle?
16. Februar 2018 | Umwelt + Verkehr | 19 KommentareDie Bundesregierung plant, fünf Modellstädte in Deutschland für den Modellversuch „fahrscheinloser Nahverkehr“ vorzuschlagen. Was für Ärger sucht: keine Stadt aus dem Osten ist dabei, nicht einmal Halle, das eine der am stärksten von verkehrsbedingter Luftverschmutung betroffenen Städte ist. LINKEN-Bundestagsabgeordnete Petra Sitte griff das Problem nun im Berliner Parlament auf. Petra Sitte forderte nun die Bundesregierung auf, schriftlich zu beantworten , warum keine Ostdeutsche Stadt berücksichtigt wurde, und wie die Bundesregierung sich dazu verhält, dass der Mitteldeutsche Verkehrsverbund Halle-Leipzig als Modellregion vorgeschlagen hat.
„„Inwieweit wurden bei der Auswahl der fünf Pilotstädte, die seitens der Bundesregierung in einem Brief an die EU-Kommission für den Test von Maßnahmen zur Luftreinhaltung einschließlich eines fahrscheinlosen öffentlichen Nahverkehrs vorgeschlagen wurden (https://www.tagesschau.de/inland/nahverkehr-luft-bruessel-101.html), auch Städte in Ostdeutschland berücksichtigt – insbesondere Halle als einer der am stärksten belasteten Standorte der Region (https://www.mdr.de/nachrichten/politik/regional/luftverschmutzung-stickoxide-dresden-halle-100.html) – und wie verhält sich die Bundesregierung zu dem Vorschlag des Mitteldeutschen Verkehrsverbunds, Halle-Leipzig zur Modellregion für einen fahrscheinlosen Nahverkehr zu machen (https://www.mz-web.de/sachsen-anhalt/kostenloser-nahverkehr-raum-halle-leipzig-soll-die-modellregion-werden-29708966)?““
Auch im Stadtrat wird der Umsonst-Nahverkehr Thema sein. Die Fraktion Mitbürger / Neues Forum hat einen Dringlichkeitsantrag gestellt, mit dem sich der Stadtrat auf seiner kommenden Sitzung befassen soll:
Beschlussvorschlag:
- Der Stadtrat der Stadt Halle (Saale) begrüßt die öffentliche Diskussion im Land Sachsen-Anhalt, die Stadt Halle (Saale) als Modellkommune bzw. die Region Halle-Leipzig als Modellregion zur Erprobung eines fahrscheinlosen öffentlichen Personennahverkehrs vorzuschlagen. Der Oberbürgermeister wird gebeten, mit der Halleschen Verkehrs-AG (HAVAG), den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB), dem Mitteldeutschen Verkehrsbund (MDV), der Stadt Leipzig sowie den Verkehrsministerien der Länder Sachsen-Anhalt und Sachsen in Kontakt zu treten und ein grundsätzliches Interesse an einer Beteiligung als Modellprojekt zu bekunden.
- Der Oberbürgermeister wird beauftragt, konkrete Bedingungen und Voraussetzungen für eine Teilnahme am Modellprojekt zu definieren und dem Stadtrat schnellstmöglich zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen.
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Wenn die kostenlose Nutzung für alle käme, sind die Einnahmen für das Verkehrsunternehmen immer garantiert, unabhängig von der Leistung. Kundenfreundlichkeit lohnt sich dann wirtschaftlich nicht mehr, weil es dafür keinen Anreiz mehr gibt.
Man könnte ja jetzt auf die Idee kommen und versuchen die 120 Mio bei den Hallensern einzusammeln. Das wären pro Jahr bei geschätzten 230tsd Einwohnern etwa 520 € was dann pro Monat ein Beitrag von 43 € für jeden wär. Also im Prinzip die Abokarte als ÖPNV Umlage. Das kann ja nun auch keiner wollen. Aber irgend wo her muss das Geld ja kommen.
@Cata
ich stimme dir durchaus darin zu, dass ein ÖPNV effektiv mit seinem Kapital umgehen muss und kein Selbstbedienungsladen für das Management und Umfeld sein darf.
Dennoch bedeuten die hohen Subventionen eben, dass ein ÖPNV nicht kostenlos arbeiten kann, wenn er seinen öffentlichem Auftrag gerecht werden soll!
Ich bin klar für einen kostenlosen bzw. sehr billigen ÖPNV aus Sicht der Nutzer.
Ein Kostenloser ÖPNV wird aber nicht zur Absenkung der Verkehrslasten führen. Hier müssen andere Maßnahmen ergriffen werden, z.B. der Verzicht auf eine sinnlose, aus kommunalen Mitteln teuer subventioniert S-Bahnbrücke über eine vierspurige Merseburger Straße, inkl. Straßenbahn.
„Busse und Straßenbahnen sind nunmal nicht zum Profit einfahren da, sondern sollen öffentliche Aufgaben wahrnehmen.“
Aber auch nicht zum ständig Verluste machen, denn auch öffentliche Aufgaben (davon gibt ’s nun mal ein paar) müssen irgendwie finanziert werden.
Fractus, nur um mal ne Zahl in den Raum zu werfen. Nur für Halle würden 120 Mio im Jahr fällig werden auf dem derzeitigen Stand. Wenn der erhoffte Umsteigeeffekt kommen würde muss man die Summe wohl verdoppeln weil dann schlicht mehr Busse und Bahnen incl. entsprechendem Personal gebraucht werden.
@McPoldy, Busse und Straßenbahnen sind nunmal nicht zum Profit einfahren da, sondern sollen öffentliche Aufgaben wahrnehmen.
@rellah, Busse, Strassenbahnen oder auch Flugzeuge verdienen nur dann Geld wenn sie fahren. Standzeiten an Linienwendepunkten, ich möchte sie nicht Endpunkt nennen, müssten eigentlich minimiert werden. Somit gibt es kaum Standzeiten die für Ladezyklen genutzt werden können. Die Ladekapazität muss schon für den Ganzen Linientag reichen und dann in den ca. 5 Stunden wo sie off Service sind geladen und gewartet werden.
Die Fahrpreiserhöhungen im August sind doch so sicher wie Weihnachten im Dezember. Parkgebühren wenn überhaupt sind gleich geblieben. Die Regierung hätte die Möglichkeit gehabt, eine strecken- und zeitbezogene für alle Straßen einzuführen anstatt der Ausländer-Maut, aber nix. Und die Umrüstung von Dieselfahrzeugen aus Steuermitteln, da ist Geld da, für den ÖPNV gibts große Diskussionen.
Ob man nun neue Straßenbahnlinien baut oder E-Busse anschafft, die an den Endstellen geladen werden können? Für ÖPNV mit kurzen definierten Strecken lohnen sich doch E-Fahrzeuge eher als für Privateinsatz.
Der Rückbau der Strassen findet doch schon statt, nur leider ohne gleichzeitigen Ausbau des ÖPNV Netzes. Stassenbahn nach Heide Nord und am besten gleich bis ins Gewerbegebiet Queis verlängern und was ganz gewagtes Queerverbindungen von Neustadt Richtung Böllberger Weg ohne durch die Innenstadt zu müssen. Ebensolches muss von den anderen Aussenbezirken kommen. Sowas wie ein ÖPNV Aussenring um den Marktplatz, Frankeplatz und Riebeckplatz zu entlasten.
@fractus, es lohnt sich den südstadtring anzuschauen, bevor man schreibt.
Ringelblume guck dir mal die Wortmeldugen aus Leipzig oder Dresden zu dem Thema an, die befürchten alle massiven Mehrbedarf an Fahrzeugen und Infrastruktur. Guck dir doch mal die Bahnen und Busse derzeit schon zur Hauptverkehrszeit an, da gehts zu wie in den Sardinenbüchsen. Eine engere Taktung gibt das Streckennetz schlicht nicht her es gibt einfach zu wenig Trassen um das Liniennetz zu entspannen um nicht zb 5 Linien auf einem Streckenabschnitt zu führen. Stichwort Mansfelder Strasse oder Marktplatz Richtung Rannischer Platz. Da kannst du nix mehr am Takt ändern dort kommt jetzt schon Bahn an Bahn und zu den Hauptverkehrszeiten sind die rappel voll. Aber es stimmt schon Versuch macht klug aber es ist zu befürchten das der Versuch zeigt das Dresden recht hat und man die Mrd nicht hat die nötig wären um den ÖPNV fit zu machen für den kostenlosen Nahverkehr.
Könnten wir es in einem Test nicht wenigstens einmal darauf ankommen lassen? Danach können wir diskutieren, ob und für wen es sich gelohnt hat: sozial Schwache, Innenstadtbelebung, Parkplatzsituation, Luftreinheit oder einfach die Menschen in der Stadt.
Und in Bezug auf die Überfüllung: regelt das nicht der Markt, also Angebot und Nachfrage? Wenn die Nachfrage da ist, könnte sich vielleicht auch das Angebot verbessern?
Na, da hat der Chef der Kleingeister wohl nicht für gesorgt.
Aber erkläre mal, für wen die P&R Parkplätze am Böllberger Weg und Südstadtring, also in Wohngebieten, sein sollen?
Na immerhin schreibst du direkt vom wehtun. Vielleicht kannst du dich ja als Parkwächter bewerben, dann kannst du deine Machtfantasien wenigstens ein wenig ausleben.
Die Ticketpreise im ÖPNV dienen vor allem der Abschreckung. Jeder der nicht unbedingt auf den ÖPNV angewiesen ist, nutzt Alternativen. Problematisch wird es da vor allem für die Hartz IV-Empfänger aus Trotha, der Silberhöhe oder Halle-Ost, für die fast jeder Jobcenterbesuch mit stundenlangen Fußmärschen verbunden ist. Klar, dass deren Kinder nur sehr selten einen Verein besuchen werden, für den sie jedesmal zwei Tickets benötigen. Da hilft auch der Bildungsgutschein nicht darüber hinweg. Insofern: Kostenloser ÖPNV ist ein gute Sache, vor allem um sozial Schwachen den Zugang zum ÖPNV zu ermöglichen.
Aber: es ist wohl eine Illusion zu glauben, dass so der Autoverkehr signifikant sinken wird. Dafür bedarf es anderer Maßnahmen, wie Einfahrverbote in die Innenstädte, restriktives Parkplatzregelungen in der Innenstadt und Rückbau von Straßenkapazitäten (Merseburger Straße, Südstadtring etc.). Solange das nicht passiert, ist die Akton vor allem eine ökologische PR-Aktion, die der Autoindustrie nicht wehttut aber von der Aufgabe des Klimaziels 2020 ablenkt. Von der ausnahmsweise mal die sozial schwachen profitieren würden.
Meine Argumentation entstammt in wesentlichen Teilen übrigens folgendem Spiegelartikel:
http://www.spiegel.de/auto/aktuell/kostenloser-nahverkehr-city-maut-ist-die-bessere-alternative-a-1193605.html
Leider haben ja die Planer der Stadt nicht die Möglichkeit erkannt, die der Umbau des Böllberger Weg und des Südstadtrings bot, Es hätten die Voaussetzungen geschaffen werden können, die für ein Modell in der Stadt Halle gesprochen hätten, Mein Vorschlag P&R Plätze zu schaffen, mit Ladestationen füe Elektroautos, war der Herren zu viel Arbeit, und wurde in der üblichen Art abgebügelt, Kleingeister!
Ach die Mär vom Durchgangsverkehr wieder.
Aber richtig, wenn ÖPNV allein nicht alle transportieren kann, sollten wir es besser gleich lassen.
Wenn normalerweise fast alle Straßenbahnlinien über den Marktplatz führen, ist nicht mehr als 15-Minuten-Takt drin.
Das wäre ein Spass, überfüllte Busse und Bahnen. Endlose Baustellen um das Nahverkehrsnetz auszubauen um den Bedarf decken zu können. Seien wir doch ehrlich das Nahverkehrsystem von Halle und Co ist doch garnicht dafür ausgelegt um die Massen an PKW Fahrern auf die Busse oder Bahnen zu holen. Vom Liniennetz und der Taktfrequenz besonders in den Abendstunden ganz zu schweigen. Wenn die Umweltinitiativen aufhören würden Umgehungsstrassen zu blockieren wäre die Luft auch dank weniger Durchgangsverkehr auch in Halle etwas besser.