Auswärtiges Amt schickt Rechnungen an zurückgeholte Urlauber. Pauschalreisende können Kosten vom Veranstalter rückfordern

29. Juni 2020 | Soziales | Keine Kommentare
Das Auswärtige Amt hat im März eine Rückholaktion für die im Ausland wegen der Corona-Pandemie gestrandeten deutschen Touristen gestartet. Über gut fünf Wochen wurden 240.000 Deutsche und Europäer nach Hause geflogen,   66.000 davon laut offizieller Mitteilung mit vom Auswärtigen Amt angemieteten Maschinen. Klar ist mittlerweile, die Betroffenen müssen sich nach dem Konsulargesetz an den Kosten der Charterflüge beteiligen, wie das Auswärtige Amt erklärte: „Hierfür werden Pauschalen festgelegt, die sich nach der zurückgelegten Entfernung, vergleichbaren durchschnittlichen Ticketpreisen und den Kosten vergleichbarer Rückholaktionen von EU-Mitgliedsstaaten richten.“ Mit dem Einchecken in die gecharterten Maschinen war offensichtlich eine entsprechende Erklärung zur Kostenübernahme zu unterzeichnen. Ende vergangener Woche sind die ersten Bescheide verschickt worden. 

Die Rechnung kommt somit nicht überraschend und ist angesichts der gesetzlichen und vertraglichen Anspruchsgrundlage nach Auffassung der Verbraucherzentrale auch seitens der Betroffenen zu zahlen. Handelt es sich bei den betroffenen Verbrauchern allerdings um Pauschalreisende, deren Flug angesichts des Pandemieausbruches gestrichen und trotz Nachfrage beim Reiseveranstalters auch nicht alternativ angeboten werden konnte, dann sind diese berechtigt, den gezahlten Betrag von ihrem Reiseveranstalter in voller Höhe zurück zu fordern. Nach dem geltenden Reiserecht ist der Reiseveranstalter verpflichtet, bei Reiseabbruch unverzüglich für die Rückbeförderung zu sorgen, was zu diesem Zeitpunkt angesichts geschlossener Grenzen, eingestellter Flugverbindungen und geschlossener Flughäfen in vielen Fällen allerdings problematisch war. Auch wenn Reiseveranstalter – wie gesetzlich verpflichtet – bemüht waren, ihre Urlauber zurück zu holen, erfolgte die Rückholung offensichtlich auch seitens des Auswärtigen Amtes. Diese Kosten hat nach Auffassung der Verbraucherzentrale der Reiseveranstalter zu tragen. Eventuelle Mehrkosten für die Rückbeförderung des Pauschalreisenden fallen dem Reiseveranstalter zur Last. 
 Aber auch die Individualreisenden – deren Rückflüge nach Deutschland ganz einfach annulliert worden sind – stehen, sofern diese der sog. Fluggastrechteverordnung der Europäischen Union unterliegen, nicht rechtlos dar. Grundsätzlich gilt: Sagt eine Fluglinie den Flug ab, hat der Betroffene die Wahl zwischen der Erstattung des Flugpreises oder einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt. Das war zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. Es ist auch klar geregelt, dass Rückzahlungen bei individuell geplanten Flugreisen binnen sieben Tagen nach Eingang der Zahlungsaufforderung bei der Fluggesellschaft erfolgen müssen. 

Die Praxis vieler Fluggesellschaften sieht gegenwärtig leider anders aus. Es wird gar nicht oder mit Umbuchung und Gutschein reagiert. Hier muss der Verbraucher handeln, nachweisbare Fristen setzen, den Gerichtsweg selbst beschreiten oder Dienstleister damit beauftragen. Nur so zahlt er seinen Rückflug in die Heimat nicht doppelt.
Die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt hat aufgrund der Nachfrage eine Hotline mit einem zusätzlichen kostenlosen Beratungsangebot geschaltet. Dafür stehen unter der Telefonnummer (0345) 29 80 363 Experten zur Verfügung. Darüber hinaus können sich Verbraucher auch direkt am Verbrauchertelefon unter (0900) 1 77 57 70 (1 Euro pro Minute aus dem dt. Festnetz, Mobilfunkpreise abweichend) beraten lassen.
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