Wiegand bleibt suspendiert – trotz Gerichtsurteil aus Naumburg

29. Juni 2023 | Politik | Keine Kommentare

Mit Pressemitteilung vom 29. Juni 2023 teilt das Oberlandesgericht Naumburg mit, dass in dem Verfahren 1 Ws 121/23 die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Halle (Saale) gegen den Beschluss des Landgerichts Halle (Saale) vom 28. Februar 2023 verworfen worden ist. Der Beschluss des Oberlandesgerichts und die Gründe im Einzelnen sind dem Landesverwaltungsamt bisher nicht bekannt.

Die Entscheidung hat Auswirkungen auf das Disziplinarverfahren, aber nicht auf die verfügte vorläufige Dienstenthebung.  Dies teilte die Sprecherin der Behörde, K. Steinhardt, heute mit.

Die Aussetzung der von dieser Anklage betroffenen Disziplinarvorwürfe wird aufzuheben sein. Tiefe und Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung werden geprüft, sobald sie dem Landesverwaltungsamt hier vorliegt. Eine rechtliche Bindungswirkung der strafrechtlichen Entscheidung gemäß dem Verständnis, dass ein strafrechtlicher „Freispruch“ auch einen disziplinarischen „Freispruch“ bedingen müsste, gibt es aber grundsätzlich nicht. Die beamtenrechtlichen Pflichten sollen das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität des öffentlichen Dienstes schützen. Die Vorwürfe sind in disziplinarischer Hinsicht daher weiterhin von Relevanz.

Bereits das Landgericht Halle (Saale) hatte mit seinem Beschluss deutlich gemacht, dass es zwar eine strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht sehe, der Beamte gleichwohl „seine verwaltungsrechtlichen Befugnisse überschritten und das Vertrauen der Allgemeinheit in die Lauterkeit und Funktionsfähigkeit des Impfstoffverteilungssystems enttäuscht haben mag“. Der Tatbestand der vorläufigen Dienstenthebung knüpft nicht an eine strafrechtliche Bewertung an. Gesetzlich festgelegter Maßstab der vorläufigen Dienstenthebung sind die Schwere der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen – respektive des zu erwartenden Disziplinarmaßes -, ferner die anzunehmende Beeinträchtigung des Dienstbetriebs oder der Ermittlungen. Die zunächst auf all diesen Gründen beruhende vorläufige Dienstenthebung wird aktuell einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen.

Ein Abschluss des Disziplinarverfahrens ist auch aufgrund einer weiteren strafrechtlichen Anklage vor dem Landgericht derzeit nicht absehbar. Die entsprechenden Vorwürfe sind hier deshalb zur abschließenden Prüfung im Rahmen des Disziplinarverfahrens ausgesetzt. Der im Disziplinarrecht geltende Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens fordert grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung aller vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen.

Das Disziplinarverfahren gegen den Oberbürgermeister der Stadt Halle (Saale) umfasst zahlreiche Einzelvorwürfe. Die wesentlichen Vorwürfe sind drei Sachverhaltskomplexen zuzuordnen (rechtswidrige Anwendung der Coronaimpfverordnung und nachfolgende Aufklärung; Umsetzung und übertarifliche Vergütung einer leitenden Beschäftigten; und die Umstände um die Entlassung des EVG-Geschäftsführers, insbesondere uneidliche Falschaussage).

Print Friendly, PDF & Email

Kommentar schreiben