Sachsen-Anhalt und Sachsen wollen im Kampf gegen Corona an einem Strang ziehen

26. April 2020 | Politik | Keine Kommentare

Die Ministerpräsidenten der Nachbarländer Sachsen-Anhalt, Dr. Reiner Haseloff und Sachsen, Michael Kretschmer, haben am heutigen Sonntag, den 26.04.2020, Vertreter der regionalen und bundesdeutschen Presse zu einem Pressegespräch über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie eingeladen.

Der Einladung am sonnigen Frühlingstag waren viele Journalisten, auch überregionaler Medien  gefolgt (u.a. Spiegel, Welt, RTL, Zeit)

Ministerpräsident Reiner Haseloff  dankte dem Zoo, um das gemeinsame Konzept der beiden Ministerpräsidenten zu präsentieren. Besonders lobte er die Umsetzung der Hygienevorschriften.

Moderiert wurde das Gespräch vom Regierungssprecher des Landes Sachsen-Anhalts Dr. Matthias Schuppe.

Beide Länder wollen gegenüber der Bundesregierung mit gemeinsamen Vorschlägen auftreten

Es wurde der Stand der Gespräche zwischen den beiden Bundesländern vorgestellt. Diese betreffen sowohl abgestimmte Maßnahmen zu Lockerungen in der Region als auch gemeinsame Vorschläge, die Kretschmer und Haseloff in der am 06.05.2020 vorgesehen Telefonkonferenz der 16 Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin einbringen möchten.

Wie Michael Kretschmer  betonte, sind sich die Ministerpräsidenten einig, dass die Gesundheit und das Leben der Menschen das „A und O“ sind.  Mehr Interaktion führe zu mehr Infektion. Reiner Haseloff ergänzte: „Es muss ein neues Leben geben mit dem Virus“. „Es wird nicht alles zugleich möglich sein; wir müssen aber darüber sprechen, was möglich ist und nicht was alles nicht möglich ist“, bemerkt Michael Kretschmer. Haseloff stellte fest, man wolle kein Risiko eingehen. Es bleibe beim Schutz durch Kontaktminimierung. Ein Zurück zum Leben zuvor könne es nicht geben, solange keine Impfungen und Medikamente da sind.

Sorge vor zweiter Infektionswelle

Beide Ministerpräsidenten rechnen mit einer zweiten Infektionswelle durch die Lockerung der Maßnahmen. Die neue Infektionswelle dürfe das Erreichte nicht zu Nichte machen. Ein zweiter Shutdown würde zu irreversiblen Schäden führen, machte Ministerpräsident Dr. Haseloff klar.

Es ist daher geplant, dass sich die Ministerpräsidenten aller Bundesländer in einem zwei Wochen Rhythmus die Lage genau anschauen und weitere Entscheidungen treffen. Die unterschiedlichen Infektionslagen in den Bundesländern muss jedoch berücksichtigt werden. Nur so können die Maßnahmen Akzeptanz in der Bevölkerung der jeweiligen Regionen finden.

Offene Biergärten im Osten, und in Bayern bleiben sie zu?

Die Infektionslage in Sachsen-Anhalt und Sachsen dürfte z.B. eine Öffnung von Gastronomieeinrichtungen unter Einhaltung der Hygienevorkehrungen für Ende Mai zwischen Himmelfahrt und Pfingsten zulassen. Schwieriger dürfte die Antwort auf die Frage sein, wann die Biergärten in Bayern geöffnet werden könnten.

Die Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt planen ab dem 04.05.2020 eine Öffnung von Friseursalons und ähnlichen Dienstleistungsgeschäften bei Einhaltung der Hygienebestimmungen und Abstandsgeboten. Auch die Schulen sollen für  weitere Schuljahrgänge geöffnet werden. Die Öffnung von Museen, Bibliotheken, Ausstellungshallen, Zoos und weiteren Bildungseinrichtungen ab dem 04. Mai halten die Ministerpräsidenten für ihre Bundesländer ebenfalls für möglich. Sachsen–Anhalt  will  dem Beispiel Sachsens folgen und plant für Mai eine Öffnung der Gotteshäuser.

Diese Themen sollen für Sachsen-Anhalt in der 5. Landesverordnung, die bis zum 02.05. 2020 fertig gestellt wird, konkretisiert werden.

Die Ministerpräsidenten haben gemeinsame Vorschläge für die Konferenz mit Angela Merkel am 06.05.2020 entwickelt.

Ein bundesweites Konzept zur Öffnung von Spielplätzen und Kindertagesstätten würden die beiden Ministerpräsidenten für sinnvoll halten. Nach der aktuellen Lage in Sachsen und Sachsen-Anhalt halten sie eine Öffnung in beiden Bundesländern ab Juli 2020 für möglich.

Bundeseinheitliche Lösung der 800-Quadratmeter-Regel?

Was die Öffnung von Verkaufseinrichtungen über 800 qm betrifft, möchten die Ministerpräsidenten eine bundeseinheitliche Lösung. Allerdings finden sie, dass nicht pauschal die Größe der Einrichtung Kriterium für die Öffnung sein darf. Die Einrichtungen müssen viel mehr garantieren, dass eine bestimmte Anzahl von Kunden pro qm und die Einhaltung der Abstandsregelungen und der Hygienebedingungen gewährleistet wird. Zur Not müsste es größeren Verkaufseinrichtungen erlaubt sein, einen Teil ihrer Verkaufsfläche abzusperren – die sogenannte Kordellösung.

Kretschmer und Haseloff wollen die „Corona-App“

Auch die Corona-App befürworten beide Ministerpräsidenten. „Es ist wichtig, dass man nachvollziehen kann,  wer mit wem im Kontakt war“, sagte Ministerpräsident Kretschmer. Die App sei ein geeignetes Instrument, um weitere Ausbrüche zu vermeiden.  Sorgen um den Datenschutz teilen die Ministerpräsidenten nicht.  Sie hoffen, dass die App schnell kommt und verwendet werden kann.

Was die Wirtschaft betrefft, waren die Ministerpräsidenten einig. Um Lieferengpässe zu vermeiden, bedarf es globaler Absprachen, meint Kretschmer. Die EU müsse handlungsfähig bleiben. Sie dürfe sich jetzt nicht zerstreiten, sondern müsse zusammenhalten. Und  Haseloff zieht aus der Coronakrise eine Lehre: „Wir brauchen wieder eine Autarkie in Deutschland. Masken, Beatmungsgeräte, Medikamente müssen lokal produziert werden.

Kretschmer: „Sie müssen nicht, Sie dürfen in unserem schönen Land Urlaub machen“

Auf die Frage des „ZEIT“ Reporters, wann der Tourismus wieder losgehen könne, antwortet Ministerpräsident Dr. Haseloff, dass es einer bundesweiten Regelung bedarf. Die aktuelle Infektionslage in Sachsen und Sachsen-Anhalt könne einen Start im Mai zulassen. Allerdings sei entscheidend, ob das Mehr an Bewegung in Mitteldeutschland die Zahl der Infektionen erhöht, schränkte  Kretschmer ein.

Ein Redakteur der WELT: „Freuen sie sich, wenn alle in Deutschland Urlaub machen müssen?“

Wie aus der Pistole schoss es aus Kretschmer heraus: „Was heißt hier müssen. Sie sind hier in einer der schönsten Regionen Deutschlands. Der Harz, die Sächsische Schweiz und Wörlitz sind wunderbare Urlaubsziele.“

Frau Köhler vom „Ärztlichen Nachrichtendienst“ fragte nach Lage und Kapazitäten der Kliniken und Arztpraxen. Die Ministerpräsidenten antworteten, dass die Kliniken und Praxen nicht überlastet sind. Es ist vorgesehen den Rückstau an Operationen und Behandlungen jetzt abzubauen. Es werde jedoch stets ein Puffer für Coronafälle vorgehalten.

„Wir sind die besonnenen Kreativen“

Die besonnten Kreativen

„Söder und Kretschmann bezeichnen sich als Gruppe der Besonnenen. Wie würden sie sich bezeichnen?“, fragte Hagen Eichler von der Mitteldeutschen Zeitung. „Wir sind die besonnen Kreativen“, entgegnete Dr. Haseloff. „Wir werden verantwortungsbewusst handeln und schrittweise entscheiden, was machbar ist und was nicht.“ Die Menschen bräuchten aber Perspektiven. Letztendlich hänge es von ihrem Verhalten und ihrer Disziplin ab. „So entscheiden die Menschen selbst über das weitere Geschehen“, merkte Haseloff an.

 

 

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