Kürzungspläne an der Uni Halle – Können sie doch noch abgewendet werden?
3. Februar 2022 | Bildung und Wissenschaft, Politik | 13 Kommentare
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Schon mehrfach wurde im Laufe des letzten Jahres über die aktuelle Debatte in Sachsen-Anhalt zur Mittelkürzung an den Hochschulen informiert. So hatte die Landesregierung im Rahmen ihrer Haushaltskonsolidierungspläne etwa auch eine umfangreiche Mittelkürzung an der größten Universität des Landes, der MLU in Halle angekündigt. Dies hätte jedoch den Abbau von bis zu 28 Professuren, mehr als 3000 Studierendenplätze und die völlige Wegnahme mehrerer kleinerer Studiengänge zur Folge.
Am heutigen Donnerstag nun befasste sich der Senat der Universität ein weiteres Mal mit den Plänen zu diesen Streichungen und diskutierte ein sogenanntes Grobkonzept zum weiteren Verfahren. Über das Papier und seine Maßnahmen soll jedoch erst im April abschließend abgestimmt werden.
Zeitgleich zur Sitzung wurde auf dem Universitätsplatz von hunderten Studierenden gegen die drohenden Kürzungen protestiert. Unter anderem hatte der Studierendenrat zur Demonstration aufgerufen, welcher auch Vertreter politischer Parteien, wie etwa die Landtagsabgeordneten Hendrik Lange von der Linken oder Wolfgang Aldag vom Bündnis 90 die Grünen gefolgt waren.
Später erklärte auch Madeleine Linke, die Landesvorsitzende der Grünen in einer diesbezüglich veröffentlichten Stellungnahme, ihre Partei stehe solidarisch mit den Studierenden und Beschäftigten der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Insbesondere bemängelte sie, dass der Hochschulpakt und die Grundfinanzierung unzureichend seien. Sie erklärte die paradoxe Situation im Land wie folgt: „Unter anderem soll in der MLU in den Rechtswissenschaften eine deutliche Kapazitätsbegrenzung durchgesetzt werden. Dies geht erheblich zu Lasten der Personalsituation in Justiz und Verwaltung des Landes Sachsen-Anhalt. Hier schafft sich das Land selbst einen Fachkräftemangel. Und auch die Informatik wird durch die Zusammenlegung mit der Mathematik um eine Professur gekürzt. Gerade in diesem Bereich gibt es jedoch landesweit viele Studienwillige sowie einen Fachkräftemangel. Das passt nicht zusammen!“
Auch die Fraktion die Linke stimmte dem in ihrer Pressemitteilung anlässlich der Proteste an der MLU zu, bedankte sich für den lauten Protest der Teilnehmenden und bezeichnete die nun drohenden Kürzungen als einen Skandal. Diese würden – wenn tatsächlich durchgesetzt – den Charakter der traditionsreichen Universität schließlich vollkommen verändern und zudem mit massiven Schäden für die Qualität in Forschung und Lehre einhergehen.
Der hochschulpolitischer Sprecher der Links-Fraktion erklärte dazu: „In aktuellen Themen wie etwa der Klimakrise, beim demografischen Wandel und Strukturwandel sowie auch in der Corona-Pandemie brauchen wir fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse, um eine lebenswerte Zukunft zu gestalten. Dabei spielt die Uni Halle in der gesamten Region eine zentrale Rolle, da sie Forschungspotentiale bündelt und weit über die Stadtgrenzen hinauswirkt. Wir brauchen junge Menschen, die nach Sachsen-Anhalt kommen, um hier zu studieren. Wir brauchen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die hier bei uns ihre akademische Karriere fortsetzen!“
Der Tenor des Protests ist klar: An Bildung darf auf keinen Fall gespart werden, denn die Zukunftsfähigkeit einer ganzen Region steht auf dem Spiel!
In der pflicht sieht man deshalb nun die Landesregierung und allen voran Wissenschaftsminister Willingmann. Er könnte eine Ausfinanzierung für alle Hochschulen auf den Weg bringen und so eine Beschneidung von Lehre, Forschung und Entwicklung in Sachsen-Anhalt doch noch abwenden.
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Bildungsroman Ist Mangelware in der Landesregierung.
Die MLU bildet jährlich 40 Zahnärzte aus. 10 bleiben in Sachsen-Anhalt (MDR).
Ja, das Handwerk… Das Fehlen der 250T geht auf derrn mangelhafte Aus- und Weiterbildung. Niemand wollte ausbilden, das ist teuer, und überließ das gern den „Anderen“. habe das selber während meiner zeit im Metallbau erlebt: 1(!) Lehrling wurde ausgebildet… Hinzu kommt immer noch die Unattraktivität der Jobs sowohl in Bezahlung, Urlaub, Arbeitszeit, als auch in Richtung der Arbeitsbedingungen. Wer will sich das guten Gewissens antun? Mal von kauzigen knarzigen „Chefs“, auch Meister genannt, ganz zu schweigen…
Da haben wohl Kammern und Innungen ganz eklatant versagt.
Das Ministerium verlangt ja, dass die Universität ein vereinbartes Kürzungsziel erreicht. Wo gestrichen wird, dazu hat die Uni selbst Vorschläge einzureichen. Dem Ministerium geht es also nicht primär um Strukturreformen, sondern darum, insgesamt Geld bei der höheren Bildung und der Forschung einzusparen. Ob man in Magdeburg diese Strategie den wirtschaftlich erfolgreichen Ländern wie Baden-Würtemberg und Bayern abgeschaut hat?
„Sachsen-Anhalts Lehrerschmiede, die Uni Halle, bildet Pädagogen weiter am künftigen Bedarf der Schulen vorbei aus.“
„Zugleich biete die Uni etwa in Religion großzügig Plätze an, obwohl hier kaum Lehrer gebraucht würden.“
https://www.volksstimme.de/sachsen-anhalt/land-bildet-lehrer-in-falschen-fachern-aus-1974149
„Viele Lehramtsstudierende kommen zudem nicht bis zum Abschluss, wie eine Erhebung des Wissenschaftsministeriums zeigt. So habe die Absolventenquote an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im vergangenen Jahr bei 47 Prozent gelegen. “ (MDR)
„natürlich fehlen Lehrer, natürlich fehlen Informatiker“
Wird denn dort gekürzt?
Eben war die Aussage, es gebe keine Jobs.
Natürlich fehlen Handwerker, natürlich fehlen Lehrer, natürlich fehlen Informatiker.
Nicht zu vergessen Infornatikerinnen.
„sondern an qualifiziertem Personal. “
Ja, genau.
„Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks fehlen derzeit bundesweit 250.000 Mitarbeiter. “ (Deutschlandfunk)
Und keine aus der Taxifahrerausbildung.
Wie viele aus dem Lehramtsstudium bleiben denn in SA?
farbspektrum, das Hauptproblem in der Region ist mittlerweile nicht mehr der Mangel an Jobs, sondern an qualifiziertem Personal. Es müssen auch gar nicht alle Studenten, die aus dem Westen gekommen sind und in Halle ein paar Jahre ihr Geld ausgegeben haben, auch hier auf Dauer bleiben.
Übrigens kann ich mir nicht vorstellen, dass Du glaubst, das Land stünde besser da, wenn es die Uni kräftig kleinsparen könnte.
„mit den vielen gut ausgebildeten Leuten“ … die vom Land bezahlt werden müssen. Die wenigsten Studenten bleiben in Sachsen-Anhalt weil es keine Jobs gibt.
Schon komisch, wie unterschiedlich man denken kann. Aus meiner Sicht ist Halle klar die Stadt mit dem größten Potenzial in Sachsen-Anhalt (beispielsweise wegen der vielen Schönheiten), und der größte Standortvorteil, neben der Verkehrsanbindung, ist hier die Hallesche Uni mit den vielen gut ausgebildeten Leuten. Wenn das Land nicht bis zum Verschwinden schrumpfen möchte, müsste es mit diesem Pfund wuchern. In Magdeburg lacht man wohl über so eine Sicht der Dinge.
Nee, die Landesregierung muß sich endlich mal zur Tradition der MLU bekennen. Wenn sie diese nach 500 Jahren abwickeln will, sollte das ihr Ende sein.
Das ist doch eigentlich ganz einfach; wenn die neue Uni in Magdeburg wachsen soll, dann muß eben die Martin Luther Universität Halle/Wittenberg schrumpfen.