„Gefährliche Körperverletzung, aber kein Landfriedensbruch“: Gericht erläutert Urteil zu „Maidemo-Prozess“

21. März 2019 | Politik | Keine Kommentare

Anläßsslich aktueller Berichterstattung zum vom 10.01.2019 bis zum 08.02.2019 geführten Strafverfahren (Az. 3 KLs 18/18) erklärt der Sprecher des Landgerichtes, Wolfgang Ehm:
Gegenstand der Anklage waren zwei Vorwürfe der gefährlichen bzw. einfachen vorsätzlichen Körperverletzung im Zusammenhang mit der – abgesagten – Demonstration am 01.05. 2017. Danach sollen die Angeklagten wahllos Steine auf einen Passanten geworfen und diesen am Knie verletzt haben. Einer der Angeklagten sollte darüber hinaus einem weiteren Passanten mehrfach mit einem Starkstromkabel auf den Kopf geschlagen haben, so dass dieser eine blutende Wunde und eine Gehirnerschütterung davon getragen habe.
Die vor der Kammer durchgeführte Beweisaufnahme hat nicht nur die Anklagevorwürfe bestätigt, sie hat darüber hinaus ergeben, dass die Angeklagten aus Frust über die Absage der geplanten Demonstration Jagd auf Gegendemonstranten gemacht haben und dabei eine erhebliche Gewaltbereitschaft und eine rechtsfeindliche Gesinnung an den Tag gelegt haben. Diese Gesichtspunkte wurden strafschärfend berücksichtigt und führten zu Verurteilungen zu Freiheitsstrafen von einem Jahr und zwei Wochen (ausgesetzt zur Bewährung) bzw. von 3 Jahren und 6 Monaten.
Die Zugehörigkeit der Angeklagten zu einem „Netzwerk“ oder einer Bande im Sinne einer terroristischen Vereinigung war nicht Gegenstand der Anklage – und konnte es wegen der insoweit bestehenden Zuständigkeit des  Generalbundesanwalts auch gar nicht sein. Die hiesige Strafkammer war wegen der sogenannten „Abgrenzungsfunktion“ der Anklageschrift daran gehindert, eine Verurteilung auf Sachverhalte und Gesichtspunkte zu stützen, die außerhalb der Grenzen des Sachverhaltes liegen, der Gegenstand der Anklage ist. Das Urteil des Landgerichts Halle schließt die gesonderte Verfolgung von Straftaten nach § 129a Strafgesetzbuch durch die insoweit zuständigen Justizbehörden
nicht aus.
Den angeklagten Sachverhalt hatte die Kammer allerdings dahingehend zu prüfen, ob über den Tatbestand der (gefährlichen) Körperverletzung hinaus auch der Vorwurf des (schweren) Landfriedensbruches gerechtfertigt war. Die Kammer hat diese Frage verneint unter Hinweis darauf, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes hierfür Gewalttätigkeiten
oder Bedrohungen „aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise“ begangen werden müssen. Dies hat die Kammer nicht feststellen können, da die Angeklagten und ihre Begleiter die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Anforderungen an eine „Menschenmenge“ nicht erfüllten und auch keine besonderen äußeren Umstände vorlagen, die eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit befürchten ließen. Der Sachverhalt, der Gegenstand der Anklage war, konnte somit durch die Kammer im Laufe der Beweisaufnahme auch ohne Auswertung weiterer Mobiltelefone in einer Breite und Tiefe aufgeklärt werden, dass eine Verurteilung zu Freiheitsstrafen möglich war, die
jedenfalls in einem Falle nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden konnten.

(Quelle: Landgericht Halle)

Print Friendly, PDF & Email

Kommentar schreiben