Bäuerliche Landwirte loben Sachsen als Vorreiter: Kein Land an Spekulanten

18. Januar 2024 | Politik | Keine Kommentare

In ganz Deutschland ist das Aufkaufen von  Agrarbetrieben durch branchenfremde Investoren seit Jahren ein großes  Problem. Heute diskutierte der Landwirtschaftsausschuss des Sächsischen  Landtages über den Regierungsentwurf für ein Agrarstrukturgesetz. Das Gesetz soll den Ausverkauf der Landwirtschaft an Investoren wie Aldi, Steinhoff oder Münchner Rück bremsen – damit geht Sachsen deutschlandweit voran. Begleitet wurde die Anhörung von einem Protest von Bäuerinnen und Bauern der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Die AbL fordert die sächsischen Landtagsabgeordneten auf, das Gesetz so schnell wie möglich zu verabschieden.

Reiko Wöllert, stellvertretender Bundesvorsitzender der AbL und Landwirt in Haina: „Bäuerinnen und Bauern können nicht mit außerlandwirtschaftlichen Investoren konkurrieren, junge Existenzgründer ohne Land noch viel weniger. Die Konzerne erwirtschaften ihr Geld nicht aus der Landwirtschaft und können deshalb beliebig hohe Preise zahlen. Sie treiben die Bodenpreise nach oben, gefährden die Existenz bäuerlicher Betriebe und verhindern Existenzgründungen. Wir in der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft ist sehr froh, dass die sächsische Regierung das Problem erkannt hat und hier bundesweit
vorangeht. Jetzt muss der Landtag das Gesetz schnellstmöglich beschließen und andere Bundesländer nachziehen“

Außerlandwirtschaftliche Investoren, bisher eher ein ostdeutsches Problem, werden durch den aktuell stark vorangetriebenen Ausbau der Photovoltaik auf Agrarland immer mehr auch in westdeutschen Bundesländern zum Problem. In Aussicht stehende Gewinne durch die Energieerzeugung machen das Eigentum von Agrarland noch attraktiver. Dazu trägt auch die baurechtliche Privilegierung von PV-Anlagen entlang von Verkehrswegen bei. Bekannt geworden ist insbesondere der Kauf von Agrarland durch die Sparkasse Hildesheim-Goslar-Peine. In Ostdeutschland schätzte das Thünen-Institut den Anteil der Investoren an Großbetrieben (juristische Personen) bereits im Jahre 2017 auf 34 Prozent – Tendenz steigend. Im letzten Jahr hatte in Brandenburg der Verkauf eines großen Landwirtschaftsbetriebes an den Leipziger Immobilienkonzern „Quarterback Immobilien AG”, der zu 40 Prozent der Immobiliengesellschaft „Deutsche Wohnen SE“ gehört, bundesweit für Aufsehen gesorgt.

Anne Neuber, Geschäftsführerin der AbL Mitteldeutschland und selbst gelernte Landwirtin, ergänzt: „Der Einstieg von kapitalstarken Konzernen in die Landwirtschaft führt zu einer zunehmenden Flächenkonzentration in den Händen weniger Konzerne. So liegen verschiedene elementare Bereiche der Gesellschaft wie die Ernährung der Bevölkerung oder das Wohnen in der Hand weniger
Investoren. Das ist ein Problem. Wollen wir in Zeiten der Klimakrise und sozialer Schieflagen zukunftsfähige Lösungen, etwa hin zu einer klimaangepassten und bodenschonenden Landwirtschaft, bedarf es einer breiten Streuung von Eigentum. Daher braucht es jetzt wirksame Agrarstrukturgesetze in allen deutschen Bundesländern.

Bislang gibt es bundesweit noch kein Gesetz, das Investoren in der Landwirtschaft wirksam reguliert. Die Zuständigkeit der Regulierung liegt bei den Bundesländern. Neben Sachsen arbeiten daher auch die Bundesländer Niedersachsen, Brandenburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt an Agrarstrukturgesetzen. Auch dort kaufen branchenfremde, außerlandwirtschaftliche Investoren landwirtschaftliche Betriebe und
Flächen auf und auch dort steigen die Bodenpreise bereits seit Jahren extrem an.

Wenn ein Unternehmen ein anderes Unternehmen kauft, ob zu 20, 51 oder 100 Prozent, wird das Anteilskauf oder „Share Deal“ genannt. Weil sich bei dieser Art von Verkauf im Grundbuch nichts verändert, werden  Anteilskäufe durch das Grundstücksverkehrsgesetz nicht geregelt. Share Deals sind noch nicht einmal anzeigepflichtig!

Mit dem Kauf eines landwirtschaftlichen Unternehmens erwirbt der  außerlandwirtschaftliche Investor auch dessen Land. Dieser Ausverkauf der Landwirtschaft an diese Investoren findet seit Jahren statt.

Die Pacht- und Verkaufspreise für landwirtschaftliche Flächen sind in den letzten Jahren extrem gestiegen. Lag der durchschnittliche jährliche Pachtpreis für einen Hektar Agrarland im Jahr 2007 noch bei 183 Euro, stieg dieser bis 2020 auf 329 Euro.

Der Anstieg der Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen in Deutschland gestaltete sich noch extremer. Kostete ein Hektar Agrarland im Jahr 2007 durchschnittlich 9.205 Euro, waren es 2020 bereits 26.777 Euro.

https://www.landwirtschaft.sachsen.de/agrarstrukturgesetz-61078.html

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