Rückblick: 50 Tage Corona

29. April 2020 | Natur & Gesundheit | 4 Kommentare

50 Tage lang Corona in Halle. Das ist die Gelegenheit für einen Rückblick: Die Buchmesse in Leipzig war bereits abgesagt, da erreichte am 10. März 2020 das Corona-Virus auch Sachsen-Anhalt, übrigens als letztes Bundesland Deutschlands. Die Witze über unsere angebliche Rückständigkeit, vor der sogar eine Pandemie Halt machte, sind inzwischen vergessen. Am 11. März erließ der um Oberbürgermeister Bernd Wiegand etablierte Krisenstab Maßnahmen für Halle. Die Beigeordnete für Bildung und Soziales, Katharina Brederlow, und die Amtsärztin Dr. Christine Gröger wurden zu lokalen Berühmtheiten. Am dritten Coronatag in Halle, dem Freitag, waren Kitas und Schulen bereits geschlossen. Halle war sehr still geworden. Am vierten Tag veranstaltete MDR Kultur eine virtuelle Buchmesse. Vom 5. Tag verbleibt die Nachricht, dass Polen die Grenzen zu Deutschland geschlossen hat. 6. Tag Corona: Die Fraktionen des Stadtrates gingen zu Telefon und Videokonferenzen über. Ausschuss- und Stadtratssitzungen wurden abgesagt. Auch der Landtag sollte nur noch einmal tagen, um den Haushalt zu beschließen. Am 7. Tag hatte Halle den Katastrophenfall ausgerufen. Am 8. Tag eröffneten die Franckeschen Stiftungen noch eine Ausstellung, allerdings freiluft. Nicht alle fanden sich mit den Maßnahmen ab: Der Begriff „Corona-Party“ macht die Runde. 10. Tag Corona in Halle: 300 Menschen waren in Quarantäne. Dystopische Gefühle machten sich breit.

Das Leben war eingefroren

13. Tag Corona: Das kulturelle und öffentliche Leben ist „eingefroren“, drückte es der Oberbürgermeister aus. Buchläden blieben weiterhin geöffnet. Am 16. Tag ist die Zahl der Infizierten über 100 gestiegen. Viele Menschen sind in Kurzarbeit. Der Universitätsbetrieb schaltete auf digital um. Die Verkehrsbetriebe hatten immer noch nicht reagiert: Die Straßenbahnen erhielten im Volksmund den Namen „Corona-Schunkeln“. Die Anzahl der Kontrollen durch Polizei, Ordnungsamt und später auch durch angeheuerten Sicherheitsdienst stiegen an. Gerne wurde dabei aber mit dem Auto gefahren, selbst auf den engen Wegen auf Ziegelwiese und Peißnitz.

Wer es kann, entstresst und arbeitet an seiner Immunabwehr. Dazu starteten wir im HalleSpektrum eine eigene Gesundheitsserie unter dem Titel „Corona-Viren und Immunsystem“. Am 23. Tag gab es immerhin noch einen Bio-Abendmarkt auf dem Hallmarkt. Auch die Händler auf dem Markt durften weiterhin verkaufen. 24. Tag: Ein von der Stadt Halle bestellter Jäger hatte nichts Besseres zu tun und erschoss einen geschützten Saalebiber, der sich in die Wilhelm-Külz-Straße verirrt hatte. War es Dummheit oder Dreistigkeit? Nutrias und Biber sind recht einfach zu unterscheiden.

Die Karwoche war ungewöhnlich ruhig. Viele Menschen begannen statt eine Urlaubsreise zu machen mit der Renovierung ihrer Wohnung/ihres Hauses. Auch Gartenarbeit wurde populär. Der Schutzausrüstungs- und Schutzmaskenmangel wird am 28. Tag immer offensichtlicher. Für die Politik, die seit Jahren immer vor einer möglichen Pandemie gewarnt worden ist, ist es ein Armutszeugnis, dass die Bevölkerung anfängt, sich selbst mit einfachen Stoffmasken zu versorgen. Gestritten wurde in Halle auch über Bänke, ob man dort sitzen und lesen darf. Dem Oberbürgermeister war die Ansteckungsgefahr durch Leser zu groß. Schwitzende Läufer stellten dagegen keine Gefahr dar. 32 Tag: Ostern ohne Kirchenbesuch? Das ist für die Mehrheit in Halle die Normalität. Für die Christen war es ein harter Schlag. Wer mochte, konnte aber, angeregt von Pfarrer Haupt, ein „Licht der Hoffnung“ in der Osternacht ins Fenster stellen.

Lockerungsübungen

36. Tag, 15. April: Während die Straßen in Halle leer waren, wurde das Wetter immer sonniger. Erwartet uns ein drittes Jahr voller Dürre in Folge? Im April regnete es jedenfalls nur zweimal. Natürlich hat auch das Peißnitzhaus am 37. Tag weiter geschlossen, aber die Bauarbeiten, wie man sich überzeugen kann, gehen weiter. Der Vorstand des Vereins erwartet eine Beendigung der Arbeiten des Außenwiederaufbaus bis Oktober/November. Danach wird sich um den Innenausbau gekümmert. 39. Tag: Wie sehr sich das Leben verändert hat! Es wurde zum Einkaufen oder Straßenbahnfahren eine Maske über Mund und Nase getragen. Aber nicht viele trugen diese „Maskerade“ mit. Auch die ersten „Lockerungsübungen“ fanden statt. Ein konservativer Jungpolitiker forderte die Öffnung der Kitas. 44. Tag: Nun also doch: Es begann eine Maskenpflicht in den öffentlichen Verkehrsmitteln und in den Geschäften von Sachsen-Anhalt. In den Schulen betraten die ersten Schüler wieder die Schulen. Vorerst betraf dies nur die Abschlussjahrgänge. Es galten Maskenpflicht und Abstandsregeln. Im Eingangsbereich wurden die Hände desinfiziert. Auch der Bergzoo öffnete wieder.

Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei

Apropos: 47. Tag: Große Tiere tummelten sich im Bergzoo: Die Ministerpräsidenten der Nachbarländer Sachsen-Anhalt, Dr. Reiner Haseloff und Sachsen, Michael Kretschmer befanden, „es muss ein neues Leben geben mit dem Virus“. Weitere Geschäfte konnten öffnen, aber die Gastronomie blieb weiterhin geschlossen. Restaurants in Halle überbrückten die Krise mit eigenem Lieferservice für Ihre Kunden. 48. Tag Corona: Der Oberbürgermeister untersagte Geisterspiele des HFC in der 3. Bundesliga. 49. Tag: Die freudige Nachricht des Tages: Es regnete.50. Tag Corona: Heute findet wieder ein Stadtrat statt, die Dauer soll nebst anderen Auflagen, Abstands- und Maskenpflicht, auf 3 Stunden begrenzt werden. Die Meldung des Tages: „Zahl der Corona-Toten in den USA übersteigt US-Opferbilanz des Vietnamkriegs“, vermeldete heute die Frankfurter Rundschau und beruft sich dabei auf die Johns-Hopkins-Universität (Baltimore), nach der bis Dienstagabend 58.365 Menschen in den USA infiziert durch das Coronavirus starben. Der Vietnamkrieg kostete das Leben von 58.220 US-Bürgern. Wir kommen in Sachsen-Anhalt (Stand heute) zum Glück nur auf 40 Tote. Die Anzahl der Infizierten geht nur noch minimal nach oben. Bericht des OB: Lage ist stabil, aber heute erstmals wieder mehr Infizierte (+11). R-Faktor wird für Halle nicht extra berechnet.
Das Beispiel der USA zeigt, wir sollten nicht sorglos werden. Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei.

To. Kreutzfeldt

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