Fasten aus medizinischer Sicht – das Heilfasten

25. Februar 2018 | Natur & Gesundheit | Keine Kommentare

Kloster Drübeck

Fasten als Heilmethode hat eine lange Tradition: „Sei mäßig in allem, atme reine Luft, treibe täglich Hautpflege und Körperübung … und heile ein kleines Weh eher durch Fasten als durch Arznei“ schreibt bereits Hippokrates von Kos (5./4. Jhd. v. Chr.). Als Begründer der Säftelehre war es seine Auffassung, bei einer falschen Zusammensetzung die überflüssigen Säfte aus dem Körper auszuleiten. Obwohl sie nicht mehr unserem Körper- und Medizinbild entspricht, findet sich diese Vorstellung bis heute im Begriff der „Entschlackung“, mit dem das Heilfasten begründet wird. Das ist wissenschaftlich nicht haltbar, „Stoffwechselschlacken“ werden von Darm und Niere vollständig ausgeschieden.
Unbestreitbar hat das Fasten aber günstige Wirkungen auf Stoffwechsel, Herz-Kreislaufsystem, Entzündungsprozesse und Psyche. So geht beispielsweise die Krankheitsaktivität beim entzündlichen Gelenkrheuma deutlich zurück und eine gestörte Glukosetoleranz als Diabetes-Vorstufe kann sich vollständig zurückbilden. Im folgenden werden einige Mechanismen erläutert, die aus heutiger Sicht die positiven Fastenwirkungen erklären können.
Zuerst eine Vorbemerkung: Fastenperioden gehören seit Anbeginn zum Leben des Menschen und aller Säugetiere. Dass Nahrung täglich und das ganze Jahr über verfügbar ist, stellt nicht den Normalzustand dar. Entsprechend ist unser Körper sehr gut an zeitweise Nahrungskarenz angepasst. Wir verhungern nicht, wenn wir einige Tage nichts essen. Wir geraten auch nicht in ein Leistungstief oder in einen Mangelzustand oder in einen sofortigen Muskelschwund. Sonst wären wir als Spezies längst Opfer der Evolution. Erst längere Fasten- oder Hungerperioden (>30 – 40 Tage) stellen eine Gesundheitsgefahr dar. Also keine Angst vor dem Fasten: es geht und es geht einem gut dabei.

Wie wirkt Heilfasten auf den Körper?

Eine schlüssige Erklärung für die positiven Fastenwirkungen ist die Wiederherstellung biologischer Rhythmen. Gut erforscht (u. a. durch den Halleschen Anatomen und Leopoldinaforscher Prof. em. Dr. Elmar Peschke) ist der Tagesrhythmus des Insulins, das die Zuckeraufnahme in die Zellen zur Energieproduktion ermöglicht, indem es an den Insulinrezeptor bindet.
Dazu müssen wir einen Exkurs in die Welt der „inneren Uhr“ (Chronobiologie) machen: Alle Körperprozesse laufen periodisch ab, wobei unser wichtigster Rhythmus der Tagesrhythmus ist. Jede einzelne Zelle ist ihre eigene Uhr, d. h. hat diesen Rhythmus (Sinuskurve). Synchronisiert wird er über das Schlafhormon Melatonin. Wenn dieses vorhanden ist, wird die Insulinproduktion gehemmt, sinkt der Melatononspiegel, beginnt die Insulinproduktion: die Zellen werden „gleichgeschaltet“. Solange die Insulinproduktion am Tag hoch und in der Nacht niedrig ist, ist alles gut. Wenn die Zellen „aus dem Takt“ kommen und teilweise am Tag, teilweise in der Nacht Insulin zur Verfügung stellen, resultiert eine abgeflachte Tageskurve mit ständig erhöhtem Insulinspiegel. Als Reaktion darauf wird auf den Körperzellen der Insulinrezeptor herunterreguliert, die Zellen können trotz erhöhten Glukose- und Insulinspiegels keinen Zucker aufnehmen und „verhungern“, mit allen diabetischen Folgeschäden (aus der gestörten Glukosetoleranz wird der manifeste Diabetes Typ 2).
Was hat das mit dem Fasten zu tun? Weil beim Fasten kaum Zucker aufgenommen wird, findet nur eine geringe basale Insulinproduktion statt. Damit kann einerseits das Melatonin die Zellen wieder „in Phase“ bringen, andererseits werden die Insulinrezeptoren wieder hochreguliert. So kann sich schon nach einer Woche eine gestörte Glukosetoleranz völlig normalisieren.

Über einen ähnlichen Mechanismus werden Stresssystem und vegetatives Nervensystem reguliert. Während in den ersten Tagen vermehrt das Stresshormon Kortisol ausgeschüttet wird, setzt nach 3-4 Tagen die „Entspannungsreaktion“ mit Sympathikolyse ein. Eine abgeflachte Tageskurve kann sich wieder regulieren, mit gleichzeitiger Verbesserung der Immunregulation. Das erklärt die positiven Effekte des Fastens bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis.
Ein weiterer Fasteneffekt ist die Stimmungsaufhellung (Fasteneuphorie). So wird nach einigen Fastentagen die Transporterdichte für das Glückshormon Serotonin im Gehirn vermindert. Das einmal ausgeschüttete Serotonin kann länger im synaptischen Spalt bleiben und dort wirken, ein Mechanismus, der auch vielen synthetischen Antidepressiva zugrundeliegt (Hemmung der Serotoninwiederaufnahme).

Fastenwanderung

Fastenarten

Das eigentliche medizinische Fasten ist das Heilfasten nach Buchinger (1878 – 1966). Dabei handelt es sich um den Verzicht auf feste Nahrung für einige Tage bis wenige Wochen bei reichlicher Flüssigkeitszufuhr, Förderung der Darmtätigkeit, Bewegung und Entspannung sowie sorgfältigem Kostaufbau. Es gibt morgens Tee mit 1 Löffel Honig, mittags und evtl. abends eine Gemüsebrühe, viel Wasser, Tee und etwas Fruchtsaft. Patienten sollten es unter ärztlicher Begleitung durchführen, evtl. sogar stationär (Fastenklinik). Die Methode eignet sich aber auch als „Fasten für Gesunde“, am besten außerhalb des Alltags mit einer Fastenleiterin (z. B. Fastenwanderung, Fasten im Kloster). Erfahrene Fastende können auch im Alltag fasten, für Einsteiger gibt es als Alternative das Basenfasten, das wir hier noch vorstellen wollen.
Eine andere Fastenform stellt das Intervallfasten dar. Dabei wird die tägliche Zeit der Nahrungsaufnahme begrenzt (z. B. auf 6 oder 8 Stunden). Man lässt beispielsweise das Frühstück weg, trinkt bis Mittag reichlich und isst die erste Mahlzeit um 14 Uhr, die letzte Nahrungsaufnahme erfolgt um 20 Uhr. Auch bei dieser Fastenform ist eine Regulation der Insulinproduktion im Tagesrhythmus zu erwarten, die Effekte werden allerdings nicht so deutlich sein wie beim Buchinger-Fasten. Intervallfasten-Tage kann man das ganze Jahr über in den Wochenrhythmus einbauen.

Obstmüsli

Die dritte Fastenform, das sog. „Basenfasten nach Sabine Wacker“ wird im nächsten Teil vorgestellt. Auch wenn das theoretische Fundament (Säure-Basen-Konzept) aus wissenschaftlicher Sicht revidiert werden muss (wir werden darauf eingehen), funktioniert die Methode und ist gut alltagstauglich. Damit eignet sie sich für eine „Fastenwoche für LeserInnen des Hallespektrums“, zu der wir Sie einladen. „Der sogenannte Gesunde soll fasten! Sein jährliches, ehrliches Fasten soll ihn vor Krankheit und Siechtum bewahren!“ schreibt Otto Buchinger. Probieren Sie es mit uns aus. (AK)

Weitere Artikel der Hallespektrum-Serie zur Fastenzeit 2018:

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