Anonyme Gruppe angeblicher TOOH-Mitarbeiter verteidigt Rosinski mit offenem Brief

1. Juli 2020 | Kultur | 8 Kommentare

Unter dem Absender „belegschaft.der.buehnen.halle@gmail.com“ verbreitet eine Gruppe von angeblich „mindestens 64 Mitarbeitern“ einen offen Brief an den Stadtrat und in cc an die Presse. Das Schreiben ungekürzt im Wortlaut:

*Sehr geehrte Damen und Herren des Stadtrates der Stadt Halle,

die derzeitigen Vorgänge in der Halleschen Kultur GmbH um die fragwürdige Freistellung des Geschäftsführers Herrn Rosinski, veranlassen uns, uns erstmals direkt an Sie zu wenden.

Wir, das sind ein nicht geringer Teil Mitarbeiter nahezu aller Gewerke der TOOH, welche nicht zuletzt zunftbedingt eher im Hintergrund agieren, und daher naturgemäß weniger öffentlich gehört werden, als Intendanten, Schauspieler, Sänger und Regisseure.Auch Geschäftsführer gehören nicht zwingend einer sich öffentlich und laut*
mitteilenden Berufsgruppe an. Hat Letzteres Herrn Rosinski sein Amt gekostet?

Wir möchten Ihnen daher ohne zu zögern darlegen, weshalb wir dies alles unverantwortlich, ungerecht, verfahrenswidrig und schlicht verdächtig finden. Vorerst möchten wir mitteilen, wofür Herrn Rosinski unserer Meinung nach zu danken ist:

-Aufstellung eines gesicherten Haushaltes, der es allen Kulturschaffenden und Mitarbeitern ermöglicht, nach fast einem Jahrzehnt des Lohnverzichts (als Akt der Solidarität um Kündigungen zu vermeiden und zum Unternehmen selbst) wieder Vollzeit und voll bezahlt zu arbeiten.

– Erhaltung der Liquidität im Jahr 2016*

– Herr Rosinski setzte alle Kraft daran, 2018 3 Millionen Euro Landesmittel in Magdeburg zu akquirieren um Spielbetrieb, Arbeitsfähigkeit und Zahlungsfähigkeit aufrecht zu erhalten und somit eine Insolvenz abzuwenden und die GmbH finanziell auf sichere Füße zu stellen.

-Die Sicherung vieler Arbeitsplätze im Orchester durch nicht Weiterführung des geplanten Stellenabbaus von 115 auf 99 Musiker dank seines Strukturanpassungskonzeptes.

– Die Verhinderung von betriebsbedingten Kündigungen.

– Beim Ausbruch der Corona Pandemie übernahm Herr Rosinski als einziger  Verantwortung für seine Mitarbeiter, in dem er persönlich vorstellig wurde, und über den Stand der Entwicklung im Hause sowie über das Krisenmanagement zwischen Stadt und öffentlichen Institutionen sprach. Weder Herr Lutz noch Mitglieder des Betriebsrates ließen sich blicken. Bei anberaumten Krisensitzungen glänzten sämtliche Entscheider mit Ausnahme des Geschäftsführers, durch Abwesenheit.

– In persönlichen Begegnungen lernten wir in ihm einen offenen, korrekten Menschen kennen, der uns zuhörte und kompetent in Dingen der Welt  und des Theaters war. Jemand, dem die Kunst kostbar ist und eben deshalb ihre dauerhafte Erhaltung am Herzen liegt.

Nun zu nach unserer Ansicht ungerechtfertigten Vorwürfen gegen Herrn Rosinski:

Von Vertretern einer Art “ Rosinski muss weg–Allianz “ kann man in den Medien hören und lesen, Rosinski habe “ÜBERGRIFFIG“ gehandelt, verweigere Unterschriften und behindere damit Projekte, von “EINSCHÜCHTERUNG“ war die Rede und er habe “GUTE LEUTE RAUSGESCHMISSEN“.

Besonders die Termini “übergriffig“ und “Einschüchterung“ wurde beschwörend aber ohne jegliche nähere Eingrenzung des konkreten Vorfalls wieder und wieder vom Betriebsrat und verschiedenen öffentlichen Medien hergebetet, niemals jedoch mit Fakten untermauert.
Einschüchterung? Womit? Übergriffig? Auf welche Weise? Dass nicht jedes Detail eines Streites zwischen Geschäftsführer und Angestellten in die Öffentlichkeit gehört ist verständlich. Aber in welche strafrechtlich relevante Richtung die Vorwürfe gehen, (Vorteilsnahme, Veruntreuung, Belästigung, Inkompetenz, es gibt doch Begriffe) sollten zumindest die Mitarbeiter,  wenn es sein muss unter Auferlegung einer Schweigepflicht, erfahren können, um sich wirklich ihren Standpunkt zu bilden. Wie kommt es eigentlich, daß kaum jemand fragt, ob oben genannte Übergriffigkeiten eventuell zu begrüßende EINGRIFFE waren, um die GmbH vor Missbrauch von öffentlichem Geld, Verschwendung, und ungenehmigten Ausgaben zu schützen?

Worte von Selbstbedienungsladen und Selbstverwirklicherbude kursieren. Weder unsere Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der TOOH, Herr Gerd Vogel, Michael Sedlaczek noch irgendjemand vom Betriebsrat, konnten uns in einer eilends von uns Mitarbeitern einberufenen Unterredung mit mehr als 60 Kollegen der TOOH darlegen, was genau Herrn Rosinski vorzuwerfen ist.

Durch einen in der MZ erschienen Artikel erfuhren wir überhaupt erst von der geforderten Freistellung des Geschäftsführers, was unsere sogenannten Vertreter in angeblich unserem Sinne, beantragten. In aller Deutlichkeit: Es ist das Gegenteil dessen, was wir uns wünschen! Unsere Vorwürfe an die „Rosinski muss weg–Allianz“ oder Ist da was faul im Staate Halle oder warum stinkt es nach Postenschieberei?

Es heißt immer wieder der Geschäftsführer sei nicht in der Lage gewesen, den “Theaterstreit“ zu lösen. Ist er denn ein Richter, oder nicht doch eher eine Partei, die in Streit
geriet und vor allem ständig erneut in diesen hineingezogen und dem vom Aufsichtsrat nicht genug der Rücken gestärkt wurde, indem dieser sich hinter ihn und sein vorausschauendes Wirtschaften stellte. Der Aufsichtsrat hätte Richter oder Schlichter sein müssen.

Herr Rosinski hätte den Streit nur unter Aufgabe seiner beruflichen Verantwortung schlichten können oder als resignierter Ja-Sager. Uns konnte Herr Rosinski glaubhaft vermitteln, dass es ihm neben Weiterentwicklung des Mediums Theater auch um dessen Zukunftsfähigkeit als öffentlich finanzierte Institution geht. Der Schaden, den das Haus durch leichtfertigen Umgang mit öffentlichen Mitteln nehmen würde, wäre massiv.

Daher ist ein gut wirtschaftender Geschäftsführer zwingend notwendig. Was den dauernden Zwist zwischen künstlerischen Leitern und
Geschäftsführer betrifft, lässt sich sagen, es ist die Pflicht eines Geschäftsführers, dem die finanzielle Aufsicht und langfristige Obhutspflicht für ein
Unternehmen anvertraut worden ist, Kunstschaffende darauf hinzuweisen, wieviel Geld für ihre Projekte eingeplant und vorhanden ist. Werden diese Hinweise nicht akzeptiert bzw. ignoriert, überschreiten unserer Auffassung nach diese Kunstschaffenden ihre Kompetenz und sollten in Frage gestellt werden und nicht, wie geschehen, Herr Rosinski in seinem Amt als Geschäftsführer. Wir empfanden es als selbstverständlich und begrüßten die Aussage von Herrn Rosinski, Meinungsverschiedenheiten, Personalfragen,
Auseinandersetzungen zwischen TOOH Angestellten, Intendanten und Geschäftsführer nicht nach außen zu tragen um nicht als Skandalverein oder
Schmutzwäscherei wahrgenommen zu werden.

Natürlich hätte die Öffentlichkeit volles Recht zu erfahren, wenn sich wirkliche Unregelmäßigkeiten und Verfehlungen zugetragen hätten. Eben diese konkreten Benennungen bleiben aber nach wie vor aus. Kann das Grundlage für eine vorzeitige Freistellung sein, zu der man nur nicht fristlose Entlassung sagen darf?

Herr Brenner und Herr Werner haben dem Vernehmen nach besonderes Interesse, den Geschäftsführer loszuwerden.

Und Florian Lutz? Der Mann hinterlässt verbrannte Erde: Anfangs hatte er Narrenfreiheit, nutzte ein vorhandenes Machtvakuum und
verwandelte das kurz zuvor edel hergerichtete Theatercafé in tausende Euro verschlingenden Pappwandmurks mit Plattenbaucharme. Weniger Gäste und Zuschauer nutzten das Café daraufhin. Unerwähnt sollte man auch viele fragwürdige Inszenierungen nicht lassen, welche die Abonnementen- und Zuschauerzahlen einbrechen ließen. Kann man
Herrn Rosinski, der diese Experimente ohne Einmischung gestattete, als „übergriffig“ bezeichnen, wenn er darauf hinwies?

Die Oper blieb leer aber 2 Kritiker in 500 km Entfernung fühlten sich exquisit unterhalten.

Pressemacht innerhalb der Familie? Wer hat der kann! Für die Vita des flüchtenden Opernintendanten war es nützlich und die verschenkten Tickets füllten zwar leidlich die Ränge,vernichten aber langfristig Arbeitsplätze. Hausinterner Spotkommentar: “ Es Lutzt-ja-nischt ! ‚*

Herr Brenner ist einfach unglaubwürdig, wenn er im Stadtmagazin FRIZZ erklärt er bedaure den “Theaterstreit“ in der Öffentlichkeit, da gehöre er nicht hin. Erinnert sei an sein Radiointerview mit MDR-Kultur, bei dem er die geheimnisvollen Übergriffigkeiten Rosinskis beklagte und nebelig von herrschender Angst unter Mitarbeitern sprach. Fragt niemand, wie hoch die Zahl dieser unter Angst leidenden Mitarbeiter eigentlich ist und ob sie nicht aus gutem Grund zurechtgewiesen wurden? Angst klingt so dramatisch, dass niemand wagt, diesen Begriff eventuell zur kleinkarierten Furcht zu relativieren. Vielleicht, weil liebgewordene Lässigkeiten unterbunden werden sollten?

Auf Gerüchte über eventuelle Vorteile von Arbeitnehmervertretern imAufsichtsrat,denen eine vorzeitige Freistellung Herrn Rosinskis gelegen kommen könnte
und selbige skandalöser Weise selbst initiiert haben, dürfen wir nicht weiter eingehen.Dass diese dem Verfahren geschuldet existieren, ist schlimm genug und
auch, dass sie Unruhe in den “Neuanfang“ pflanzen. Wir empfehlen Ihnen als Stadtrat, sich diese “Arbeitnehmervertreter von
eigenen Gnaden“ genau zu besehen. In wessen Interesse handeln sie? In unserem nicht!

Des weiteren möchten wir darauf aufmerksam machen, dass das überstürzte Verfahren der Freistellung des Geschäftsführers und der Ernennung Frau van den Broeks zu Anfang als beigestellte, dann plötzlich als alleinige Geschäftsführerin Fragen aufwirft. Frau van den Broek engagiert sich im Freundeskreis des Puppentheaters wie
man erfahren konnte, womit wir das oben erwähnte, besondere Interesse der Herren Werner und Brenner berühren. Abgesehen vom finanziellen Mehraufwand (man wird sehen, wie hoch die medienwirksame “geringfügige Aufwandsentschädigung“ ist), wie sollte man sich des Eindrucks einer Postenzuschieberei im gegenseitigen Interesse
erwehren, wenn man hört, dass die Ausschreibung dieses existenziellen Postens für ein Theater die üblichen Zeiträume deutlich unterschritt und Personalgespräche nicht
geführt wurden, selbst mit einem Interessenten, welcher nach Bewerberparametern besser geeignet gewesen wäre. Damit soll nichts gegen Frau van den Broek persönlich gesagt sein.

Allein, dieses Prozedere säht den Keim des Misstrauens zwischen Belegschaft und GmbH Leitung, Aufsichtsrat, Arbeitnehmervertretern und nicht zuletzt der Bevölkerung bzw, dem Publikum.

Klüngel und Vetternwirtschaft stehen im Raum. Frieden ist unter diesen Umständen schwerlich zu stiften! Jede öffentlich finanzierte Institution hat es zu vermeiden,sich durch bekanntwerden solcher Zusammenhänge angreifbar zu machen.

Mit Goethe zu sprechen: “Das ist des Landes nicht der Brauch!“

Wir bitten den halleschen Stadtrat um erneute Prüfung dieser dramatischen Fehlentscheidung im Aufsichtsrat!

 

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