Covid-19 Totimpfstoff erhält Zulassung in der EU

22. Dezember 2021 | Bildung und Wissenschaft | Keine Kommentare

Der sogenannte Totimpstoff Novavax hat eine weitere Hürde genommen und ist nun für die EU zugelassen. Was Bodo Ramelow sofort zur Feststellung veranlasste, nun gäbe es gar keinen Grund mehr eine Impfung zu verweigern.

Die Unterteilung zwischen Lebend- und Totimpfstoffen stammt aus der Zeit vor Einführung der mRNA und Vektorimpfstoffen. Sind die zur Immunisierung nötigen „Keime“ (heutzutage meisten nur bestimmte Anteile des Erregers) abgetötet und haben keine Eigenaktivität, dann ist es ein Totimpfstoff. Werden aber ganze, noch lebende Keime injiziert, dann ist es eben ein Lebendimpfstoff, wobei der Begriff „lebend“ hier relativiert werden muss. Die verabreichten Keime sind hochgradig abgeschwächt, so dass sie eine Immunreaktion aber keine Krankheitsaktivität auslösen. Der Klassiker unter den Lebendimpfstoffen ist der gegen Masern für den übrigens 1970 in der DDR eine Impfpflicht eingeführt wurde ohne dass Hunderte auf der Straße protestierten. In der BRD gab es nur eine Impfpflicht gegen Pocken. Das strengere Impfregime in der DDR auch betreffend anderer Erkrankungen wie z.B. Polio (Kinderlähmung) führte zu erheblicher Reduktion von Erkrankungen und zu durchaus anerkennenden Blicken aus dem Westen

Die mRNA Impfstoffe werden in der Fachwelt per Definition als Totimpfstoffe bezeichnet. Dennoch ist diese Schublade nicht ganz passend,  da sie eine intrazelluläre Proteinsynthese aktivieren. Somit agieren sie „aktiver“ mit unserem Immunsystem. Hier beginnt auch die Sorge vieler kritisch eingestellter Menschen. Die Aktivierung der „Urkammer“ menschlicher Biologie empfinden viele als unheimlich. Es gehört eben eine gehörige Portion Expertenwissen dazu, die Funktion dieses Impfstoffes zu verstehen. Ressentiments sind  verständlich und können meines Erachtens nur durch epidemiologische Argumente, sprich Beweis der guten Wirksamkeit bei guter Verträglichkeit, entkräftet werden.

Grundsätzlich sei einmal festgehalten, dass innerhalb kurzer Zeit mehrere wirksame Impfstoffe gegen Covid-19 entwickelt wurden. Das ist beachtlich und lässt bei aller Kritik an der Moderne doch hoffen. Was dürfen wir und nun von Novavax erwarten. Laut Expertenmeinung gibt die Studienlage keineswegs Argumente her, dass Novavax nebenwirkungsärmer als andere Impfstoffe sei. Allerdings wurde Biontech schon über 1 Milliarde mal verimpft. Das muss Novavax erstmal schaffen und dann kann man bessere Vergleiche anstellen. Novavax ist nach bisheriger Studienlage gut wirksam und laut Hersteller bereits an die Mutante Omikron angepasst. Für alle denen Vektor- und mRna Impfstoffe unheimlich sind ist er eine gute Alternative. Zudem ist er praktikabler in der Logistik. Er ist im Kühlschrank lagerfähig.

Und jetzt! Impfe ich mich? Meine Kinder? Und wann?

  1. Impfen betrifft nicht nur den einzelnen sondern auch die anderen und hat somit immer eine solidarische Komponente.
  2. Schutz gegen Covid-19 bedeutet nicht nur Krankheitsvermeidung sondern auch weniger Einschränkung in der sozialen Interaktivität
  3. Impfen hat Risiken aber die Krankheit erst recht. Fragt sich welche Überwiegen ?
  4. Die STIKO gibt Empfehlungen, entscheiden muss jeder selbst.

Wer über 40 Jahre als ist und sich nicht impfen lässt hat meines Erachtens einen gehörigen „Lattenschuss“ Das Mortalitätsrisiko ist derart erhöht, dass es gar keine Frage gibt ob denn Impfnebenwirkungen schlimmer wären. Jüngere Menschen  sind bisher von einer extrem erhöhten Sterblichkeit verschont, doch je mehr Jüngere erkranken verschiebt sich auch hier die Perspektive. Offensichtlich führt die vom Impfstoff getriggerte Immunreaktion bei einzelnen Menschen zu Herzmuskel (Myokarditis) oder auch zu Herzbeutelentzündungen. Aus Israel gibt es Zahlen, dass das Risiko für eine Myokarditis nach Biontech Impfung um das 3,4 fache erhöht ist. Da gab es zurecht Sorge. Allerdings ist bei einer erfolgten Coviderkrankung das Risiko um 18,8 erhöht. Ergo auch unter 40 jährige haben gute Gründe sich zu impfen. Eine Myokarditis ist kein Pappenstil. Die Impfmyoakarditis ist wohl meistens milde, dennoch gibt es für einen kleinen Prozentsatz das Risiko einer Chronifizierung und das schmälert die Lebenserwartung. Frauen die Schwanger werden wollen, sollten sich unbedingt impfen. Schwangerschaften modellieren das Immunsystem und es kann zu schweren Krankheitsverläufen kommen. Leidvoll von der Influenza bekannt. Auch in der Schwangerschaft ist eine Impfung noch sinnvoll. Für das subjektive Gefühl der werdenden Mütter ist es vorher sicher besser, aber ab dem 2. Trimenon ist eine Impfung möglich. Stillende Mütter dürfen sich getrost impfen lassen. Für den stillenden Säugling gibt es nullkommanull Nebenwirkung.

Verzwickter wird es bei der Impfentscheidung für Kinder und Jugendliche. Jugendliche nähern sich mit zunehmenden Alter den Komplikationsrisiken der Erwachsenen an. Zudem ist für diese Gruppe das ganze Thema Teilhabe am öffentlichen Leben von großer Bedeutung. Aber angesichts sehr milder und gut ausheilender Verläufe der Coviderkrankungen bei Kindern und Jugendlichen erscheint die Impfung auf den ersten Blick nicht zwingend. Allerdings weitet sich der Blick je mehr Kinder erkranken. Manche erleiden nach ausgeheilter Coviderkrankung eine hochfieberhafte, generalisierte Entzündungsreaktion des Körpers (PIMS, nach meinen Informationen bisher 8 Fälle in Halle). Zu „Long-Covid“ bei Kindern gibt es meines Erachtens nur lückenhafte Erkenntnisse. Daher ist es nur folgerichtig, dass die STIKO für 5-12 Jährige eine eingeschränkte Impfempfehlung erteilt. Seltsam was diese dann in der Öffentlichkeit aushalten musste. Offensichtlich möchten viele ihre Entscheidung von anderen abgenommen bekommen. Den Gefallen hat die STIKO keinem gemacht. Und nur weil viele Erwachsene vor der Impfung zurück scheuen, kann es nicht sein, dass unsere Kinder nun zwanghaft diese Lücke schließen sollen.

Kinder und Jugendliche erhalten ausschließlich Biontech. Zwar sind bereits viele Millionen Kinder weltweit damit geimpft und alles deutet erfreulicherweise alles auf eine sehr gute Verträglichkeit hin. Dennoch empfindet die für mich berechtigt sensibel agierende STIKO die Auswertung dieser Fallzahlen noch nicht als gründlich genug, um fromm und frei für alle unter 12 eine Empfehlung abzugeben. Das zeigt Gründlichkeit und ist kein mutloses Zaudern. Chronisch erkrankte Kinder, im Umfeld hochgefährdete Familienmitglieder das sind gute Gründe für eine Impfung. 5-12 jährige Kinder werden die Impfung aller Wahrscheinlichkeit gut vertragen, aber den letzten Schritt zur Impfentscheidung müssen Eltern mit Unterstützung ihres Kinderarztes selbständig treffen.

Dr. med. Detlef Wend

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