Zum Verdacht schöpfen ungeeignet

19. April 2022 | Bild der Woche | 2 Kommentare

Die Blattform unseres krautigen Doldenblütlers erinnerte Linné offenbar an Meister Lampe. Der würde wahrscheinlich über die phantasievolle Beschreibung sagen: „Mein Name ist Hase. Ich weiß von nichts.“  Vorsichtshalber würde er diese Pflanze auch nicht fressen, da einige Arten dieser Gattung giftig sind. Aber in der chinesischen Medizin wird der Wurzelstock für Tees gegen Husten und Fieber verwendet.

Kennzeichnend für diese 15-40cm hohe Pflanze sind die ungeteilten, ganzrandigen Blätter. Die zusammengesetzten Blütendolden haben gelbgrüne Kronblätter. Die schwarzen Früchte sind ca. 3-4mm lang. Angehörige dieser Pflanzengattung sind mit über 150 Arten auf der Nordhalbkugel vertreten, 39 davon in Europa. Die hier abgebildete Art gilt als stark gefährdet und vom Aussterben bedroht. Man findet sie in Ackerunkrautgesellschaften. Ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet ist vermutlich Vorderasien. In Europa ist sie wohl mit dem Menschen zugewandert.

Wie heißt das Gewächs?

(Hans Ferenz)

 

Auflösung der letzten Pflanze der Woche: (Deutsche Starrsucht und Russenspeise): Hohler Lerchensporn, Corydalis cava

Unser Mitforist Gork vom Ork hatte die richtigen Lösungen parat: Wir suchten den Hohlen Lerchensporn,  Corydalis cava. Er gehört zur Familie der Mohngewächse – was man ihm zunächst nicht ansieht. Schon wegen der „zygomorphen“ Blüten. Die haben, das hat Gork auch richtig erklärt, nur eine Spiegelebene, das heißt: sie sind nicht etwa rotationssymmetrisch wie beispielsweise Gänseblümchen, Tulpen usw.
So sehen sie dann eher aus wie Lippen- oder Rachenblütler – mit denen sie aber gar nicht verwandt sind.  Unser Lerchensporn narrt die Botaniker auch damit, dass er zwar zu den zweikeimblättrigen Pflanzen gehört – aber nur ein Keimblatt sichtbar entwickelt.

Was der Lärchensporn mit vielen Mohngewächsen aber gemein hat: er entwickelt Giftstoffe, die psychoaktiv sind. Diese sammeln sich vornehmlich in der hohlen Knolle. Die Knolle ist deswegen hohl, weil sie im Zuge der Alterung immer weiter nach außen wächst, wobei das nutzlos gewordene Innere abgebaut wird. In den Wurzelknollen sind verschiedene Wirkstoffe enthalten, vor allem das  Bulbocapnin. Es erzeugt „katalepsieartige“ Bewegungsarmut bis zur Aufhebung der willkürlichen und reflektorischen Bewegungen, dabei aber  ohne Erstarrung der Muskulatur. Das bedeutet: einem Patient, der eine entsprechend hohe Dosis des Wirkstoff erhalten hat, kann man die Glieder bewegen, ohne dass er sich dagegen wehren kann. Allerdings ist er dabei nicht betäubt: Die Aufnahmefähigkeit für sensible Reize bleibt erhalten. Größere Dosen wirken hypnotisch – und so wurde der Wirkstoff tatsächlich auch in der Psychiatrie verwendet.

In verschieden Lexika kann man lesen, dass „die Russen“ die Knolle, die sehr stärkehaltig ist, trotz der Giftwirkung verzehren. Wie das funktioniert, beispielsweise durch längeres Abkochen, war nicht heraus zu finden. Vielleicht weiß es ja jemand von Euch.

Wer den Lerchensporn finden will, muss sich beeilen: letzte Woche blühte er noch zu unter den alten Bäumen auf der Nordspitze der Peißnitz. Langsam aber geht seine Blütezeit zu Ende. Vielleicht geht es ja morgen zum Ostermontag zu einem Ausflug auf die Peißnitz?

Noch viel mehr Pflanzen findet Ihr in unserem Archiv. Seit 2016 jede Woche ein neues Gewächs in unserem Lustgarten.

 

 

Print Friendly, PDF & Email
2 Kommentare

Kommentar schreiben