Pflanze der Woche: Wildkraut zum Aromatisieren und gegen Fieber

26. Oktober 2020 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Auf unserer Erde gibt es über 400.000 Pflanzenarten. Zwar sind viele davon nutzbringend für uns Menschen doch nur wenige haben soviel zur Entwicklung der Medizin beigetragen wie unsere unbekannte Schönheit. Die in Europa heimische Pflanze gedeiht auf feuchten Wiesen, in Mooren, im Unterholz sowie an Bach- und Flussufern. Oft bildet sie pflanzensoziologische Gemeinschaften mit Sumpf-Storchschnabel und Schachtelhalm. Sie gehört zu den Rosaceen. Sie blüht im Frühsommer. Man erkennt sie leicht an ihren kleinen eleganten, weißen Blüten, die zu Trugdolden angeordnet sind und an Holunderblüten erinnern. Ihre Früchte sind spiralförmig und die rötlichen kantigen Stängel sind glatt.  Die dunkelgrünen Blätter sind einfach unpaarig gefiedert, an der Oberseite glatt und auf der Unterseite leicht behaart. Insekten lieben das Wildkraut, da hier reichlich Pollen zur holen ist.

Im 19. Jahrhundert spielte unsere Pflanze eine tragende Rolle bei der Entwicklung eines der meist angewendeten Medikamente der Welt. 1853 fand nämlich der deutsche Chemiker Carl Löwig heraus, dass sie ein wertvolles Molekül enthält – Salicylsäure. Bis dahin glaubte man, dass die Rinde von Silberweidenbäumen besonders viel davon enthält. Einige Jahrzehnte darauf entwickelte der Chemiker Felix Hoffmann ausgehend von Salicylsäure die Acetylsalicylsäure, ein schmerzstillendes Medikament. Die Pflanze, insbesondere die Blüten, wirkt  entzündungshemmend, fiebersenkend, antirheumatisch und schmerzstillend.  Sie enthält auch Mineralien Gerbstoffe und viel Vitamin C. Gern verwendet man sie in Aufgüssen bei Kopf- und Gelenkschmerzen.

Die Pflanze galt als eine der heiligen Pflanzen der Kelten. Ihre Druiden bedufteten mit ihr die Kultstätten und Häuser, um das Böse abzuwenden. Unsere germanischen Altvorderen aromatisierten mit den Blüten gern ihren Met. Darauf bezieht sich vielleicht die schöne, aber missverständliche Bezeichnung der Pflanze, die Männer gern mit dem weiblichen Geschlecht verbinden. Möglicherweise  verdankt die Pflanze unmystisch ihren Namen dem süßlich-herben Duft, der beim Abmähen der Wiesen entstand.

Welche Pflanze suchen wir und welches Medikament wurde aus ihr entwickelt?

(Hans Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Es ist wieder da“): Ruthenische Kugeldistel, Echinops ritro.

Ob es nun die Ruthenische Kugeldistel oder die „banater Kugeldistel“ ist, wie unsere geschätzte Userin Elfriede glaubt, mag dahin gestellt sein, an den Fotos, die wir eingestellt haben, ist das nicht unbedingt zu entscheiden. Auf beide eng verwandte Arten trifft jedoch das selbe zu, wie Elfriede ebenfalls richtig erkannte: sie stammen aus Osteuropa, aus „Ruthenien“ was ein alter, ziemlich schwammiger Begriff ist, mit dem man in der frühen Neuzeit alle jene Gebiete bezeichnete, in denen slawisch sprechende Menschen wohnten, und die irgendwie weit weg im Osten lagen. Aus Südosteuropas stammt unsere Pflanze auf jeden Fall, in Mitteleuropa ist sie aber schnell heimisch geworden: wohl hat sie der Mensch hierher gebracht, als Zierpflanze für seine Gärten. Für weitere Ausbreitung sorgten aber nicht nur wir Menschen (Anthropochorie nennt man das, wenn sich Pflanzen gewollt oder ungewollt durch menschliches Tun ausbreiten), sondern auch durch Tiere, in deren Fell sich die stachligen Samenstände verfangen, ganz den Kletten ähnlich („Zoochorie“).

Der Pflanze gefällt offenbar unser trockenes, „osteuropäisches“ Klima in Halle ganz besonders, und so können wir sie überall (auch jetzt noch, Ende Oktober) überall beobachten, gerne auf Brachland, Schuttflächen, am Wegesrand. Ihre schönen blauen Blütenstände werden gerne von Bienen und Hummeln angeflogen  – in sofern ergibt sich auch wieder für den Menschen einen Nutzen, jenseits des hübschen Anblick dieser bizarren Gewächse. Der deutsche Pflanzenname erklärt sich von selbst, und der wissenschaftliche leitet sich wie folgt her: echinos= der Igel, opsis: die Ansicht. Das Igelhafte ist dem Anblick der hübsch-stachligen Biester nun wirklich nicht abzustreiten.

(HW)

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Archiv: alle „Pflanzen der Woche“ von 2016-2020

 

 

(H.J. Ferenz)

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