Grüne Wedel im Buchenwald

27. September 2021 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Heute geht es um eine Pflanze, die man in schattigen Eichen-Hainbuchen-Wäldern mit sauren Böden finden kann. Bei hoher Luftfeuchtigkeit kann sie auch als Epiphyt auf bemoosten Baumstämmen vorkommen. Die Pflanze ist in weiten Teilen Europas, Nordafrikas und Westasiens heimisch. Ihren volkstümlichen Namen verdankt sie den im Rhizom enthaltenen Zuckern, die der Knolle einen süßlichen Geschmack verleihen. Die Blattwedel sind winterfest und bleiben auch im Winter grün. Sie sind wechselständig gefiedert und ganzrandig. Sie werden bis zu 50 Zentimeter lang und entwickeln zwischen Juli und Oktober an der Unterseite die kreisrunden Sporenanlagen aus. Diesen gelben Tupfern verdankt die Pflanze ihren Namen. Eigentlich sind das die Charakteristika einer ganzen Pflanzenfamilie. Blüten bildet sie nicht.

Die Pflanze steckt voller Antioxidantien, die z.B. die Hautzellen vor einem Sonnenbrand schützen können. Das sollen bereits die Maya gewusst und zur Behandlung einer Vielzahl von Hauterkrankungen und zum Sonnenschutz genutzt haben. Mit diesem wiederentdeckten Wissen – ergänzt um weitere pflanzliche Wirkstoffe – will man einen permanenten Schutz von innen in Form einer Pille herstellen. Durch die dauerhafte Einnahme dieser Pille soll die gesamte Haut einen natürlichen Lichtschutzfaktor von 15 entwickeln – und das ganz ohne lästiges Eincremen. Nun ja, lästig ist es ja nicht immer, das gegenseitige Eincremen. Es ersetzt wohl mangels Fell die bei Primaten beliebte sozialisierende Fellpflege. Die Umweltbelastung durch Sonnencremes ist leider beachtlich. Jedes Jahr gelangen 14.000 Tonnen Sonnencreme in die Weltmeere. Vor allem Korallen leiden unter dieser Belastung und sterben ab.

Medizinisch verwendet wurden früher auch die Schleimstoffe enthaltenden Rhizome der Pflanze unter anderem gegen Husten und Heiserkeit. Auch bei Gicht und Leberkrankheiten nutzte man sie. Ferner enthält die urzeitliche Pflanze einen Bitterstoff, der für Darmwürmer giftig ist.

Welches für blütenliebende Insekten nutzlose Gewächs wird gesucht?

(H.J. F.)

 

Auflösung der letzten Pflanze der Woche (“ Von wegen, nur eine vernaschen„): Westlicher und östlicher Erdbeerbaum: Arbutus undeo und Arbutus andrachne.

Unser Leser „Gork vom Ork“ lag schon zur Hälfte richtig: wir suchten zwei „Erdbeerbäume“, und zwar den „östlichen“ als auch den „westlichen“. Der „östliche“ ist nicht so bekannt, wie sein West-Vertreter, daher vielleicht der Irrtum mit dem Feuerdorn. Auf dem Bild, das bei Agia/Thessalien  in Griechenland aufgenommen wurde, standen beide Baumarten nebeneinander:  der Östliche links, der Westkollege rechts. Also: die Blickrichtung ging gegen Süden, das war die Antwort auf die Frage zur Orientierung.

Der östliche Erdbeerbaum kommt vorzugsweise im östlichen Mittelmeergebiet vor, der westliche im gesamten mediterranen Raum, und ist dort insgesamt ´häufiger. In den so genannten Macchien ist insbesondere der westliche Baum oft bestandsbildend.

Beides sind Sträucher oder kleine Bäume. Die beiden Arten sind eng miteinander verwandt; im Überschneidungsgebiet ihrer Verbreitung bilden sie gelegentlich Bastarde miteinander aus. Mit Erdbeeren haben sie kaum etwas zu tun, auch wenn ihre Früchte – sehr entfernt – an sie erinnern. Die Gattung der Erdbeerbäume gehört zu den Heidekrautgewächsen (Ericaceen).

Beide Arten erfahren keine besondere Nutzung, auch wenn der Name „Erdbeerbaum“ es zunächst suggeriert. Die Früchte des „Westgewächses“ schmecken, wenn sie reif sind (was erst im Oktober, manchmal auch erst im November geschieht) ziemlich süß und säuerlich. Sie enthalten viel Pektine (Gelbildner), weshalb man sie – besonders im westlichen Mittelmeerraum wie Spanien, gelegentlich zu Konfitüre verarbeitet. In Griechenland nennt man sie „Kumara“ und verwendet sie auch zur Herstellung einer besonders teuren Variante des thessalischen Branntweins „Tsipuro“.

Das Art-Epitheton „Andrachne“ (für den Ost-Vertreter) steht für das altgriechische Wort für „Erdbeere“, während die Artbezeichnung (Artepitheton) „unedo“ für die großfrüchtigere Westverwandschaft auf eine Bemerkung des antiken Encyclopädisten Plinius des Älteren zurück geht. „Unedo“ bedeutet „eine esse ich“: warum nur eine, das erläuterte schon Plinus nicht, jedenfalls verträgt man durchaus mehrere Früchte, auch wenn sie nicht unbedingt einen Hochgenuss darstellen. Die harte Schale lässt sich nicht vom Fruchtfleisch lösen, das zudem unangenehm viele kleine Kerne enthält. Der Geschmack ist vordringlich süß und sauer, ein ausgeprägtes Aroma lassen sie nicht verspüren. Hin und wieder findet man in der älteren Literatur die Bemerkung, der Genuss von mehr als einer Beere führe zu Kopfschmerzen. Irgendwelche Bestätigungen hierfür lassen sich kaum finden.

Wie lassen sich die beiden „Erdbeerbäume“ unterscheiden? Beim Westlichen (A. unedo) sind die Früchte insgesamt etwas größer, dafür deutlicher stachelig. Sie hängen entweder einzeln oder in kleinen Büscheln zu 3-5 Stück am Zweig. Die Früchte von A. Andrachne sind etwas kleiner, weniger stachelig (nur leicht warzig) und hängen zu mehreren in deutlichen Rsipen am Baum. Die Blätter von A. unedo sind lanzettlich und leicht gesägt, die von A. Andrachne sind etwas kürzer und der Blattrand ist glatt.

 

Hieronimus Bosch, Im Garten der Lüste

Das Gemälde von Hieronymus Bosch „Im Garten der Lüste) hängt heute im Prado in Madrid wird auch ‘ Erdbeerbaum Gemälde ‘ genannt. Die vielen rätselhaften roten Früchte werden von vielen Kunsthistorikern als die des Erdbeerbaums bezeichnet. Es können jedoch auch Phantasiefrüchte gemeint sein; möglicherweise stehen die roten Beeren auch als Symbol für den „Stein der Weisen“, der den Menschen Gesundheit und Wohlstand verleiht. Das Gemälde von Bosch weist auch sonst deutliche Hinweise zur Alchemie auf. (HW)

Lust auf mehr Pflanzen-Stories ?  In unserem Archiv findet Ihr alle bisherigen „Pflanzen der Woche“, seit 2016.

Print Friendly, PDF & Email
Ein Kommentar

Kommentar schreiben