Geschmacksverirrungen der US-amerikanischen Grillkultur

27. Juli 2020 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Dass sie eines Tages ausgerechnet auf dem Grill landen würde, und zwar auf der anderen Seite des großen Teiches, hätte sie, unsere Pflanze der Woche, sich auch dann nicht gedacht, wenn Pflanzen denken könnten. An den diesseitigen Gestaden, und zwar solchen, die gelegentlich bei Sturmflut etwas Wasser abbekommen, lebte sie einst wild, auch wenn sie wohl ihre ureigenste Heimat eher im Altaigebirge hat. Aber die Jungsteinzeitler schleppten sie von dort  im Gepäck nach Europa, und da, wo eine leichte Prise Salz im Boden war, breitete sie sich aus. Das leicht salzige Land gab ihr sogar den  englischen Namen.  Irgendwann entdeckten die Menschen, dass man die Pflanze auch kochen kann, und dass der schleimige Brei Magenschmerzen lindern kann, und außerdem sehr wohltuend bei Husten wirkt. Und wie das so mit manchen Heilmitteln geschah, wanderten die schleimigen Heilmittel von den Apotheken langsam in die Konditoreien und Zuckerbäckereien, die es verstanden, den Schleim mittels allerlei Emulgatoren und weiteren Zutaten zu einer krachesüßen Angelegenheit verarbeiten. Irgendwann fand man, dass Tiere einen billigeren Glibber, nämlich Gelatine, liefern, und unsere Pflanze flog aus dem Rezept. In den „Staaten“ da drüben wird das Zeug, mittlerweile mit allerlei Farbstoffen bunt getrimmt, gerne an Stöcken über den Grill gehalten. Womit man sich dann unglaublich den Mund verbrennen kann, das Zeug verhält sich im Feuer tropfenden Styroporbrocken nicht unähnlich. Das einzige, was in dem süßen Klebezeug von unserer Pflanze noch übrig geblieben ist: ihr englischer Name. Und zwar komplett.

 

Unsere Fragen:

Wie heißt denn unsere Pflanze? (Wissenschaftlich, deutsch, englisch?)

Welcher Teil des Pflanzennamens geht auf die typische norddeutsche Küstenlandschaft zurück?

Wo in Europa wurde das Zeug erstmals hergestellt, und wie nannte man es da?

Die Pflanze gehört zu einer größeren Familie. Welche essbaren Vertreter (z.B. als Gemüse) aus dieser Familie fallen Euch noch so ein?

(HW)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Würziger Doldenblütler“): Liebstöckel, Levisticum officinale)

Rati hatte mal wieder rasend schnell die Lösung. Gesucht war Liebstöckel (Levisticum officinale), auch im Volksmund Maggikraut genannt. Die Bezeichnung „Liebstöckel“ entstand durch volksetymologische Wortbildung aus dem lateinischen „levisticum“.Die vegane Maggisauce enthält gar kein Liebstöckel. Seit 1947 ist Maggi eine Marke der Nestlé AG. An sich ist Maggi nur proteinreiches Salzwasser, das mit Aromen versetzt ist. Hinzu kommt die Verwendung der Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat und Dinatriuminosinat.

(H.J. Ferenz)

 

Alle vergangenen Pflanzen der Woche, seit 2016, findet man übrigens hier im Archiv

Archiv: alle „Pflanzen der Woche“ von 2016-2020

 

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