Fliegen- und Hustenkiller

7. Februar 2022 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Lange hielt man die glitzernden Tröpfchen auf den Blättchen unserer in Mooren heimischen Pflanze für harmlose Wassertröpfchen. Charles Darwin untersuchte die Lebensweise dieser Pflanze und fand, dass sie auf raffinierte Weise, nämlich als Klebfalle für Insekten zur Ernährung beitragen. Damit durchbrach er das von Carl von Linné aufgestellte Dogma, dass karnivore Pflanzen »wider die gottgewollte Ordnung der Natur« seien.

Torf und Moorwasser sind extrem nährstoffarm. Das Wurzelsystem unserer Pflanze ist daher nur schwach ausgeprägt. Es dient hauptsächlich der Verankerung der Pflanze im Untergrund und zur Wasseraufnahme; für die Nährstoffversorgung sind die Wurzeln nahezu bedeutungslos. Die weißen Blüten sind sehr klein. Es werden große Mengen an staubfeinem Samen produziert. Die Blätter sind rundlich und rosettenartig angeordnet. Auffällig sind die beweglichen mit klebrigen Sekreten besetzten Tentakel auf den Blättern. Es handelt sich um gestielte Drüsen, die ein klebriges, zuckerhaltiges Sekret absondern, das Insekten anzieht, die dann am Sekret kleben bleiben. Weitere Tentakeln neigen sich daraufhin in Richtung der Beute und verstärken so die Haftung. Die gefangenen Tiere finden entweder durch Erschöpfung den Tod oder ersticken am zähen Sekret, das in ihre Tracheen einsickert und diese verstopft. Die Drüsen sondern ein Enzymgemisch aus Esterasen, Peroxidasen, Phosphatasen und Proteasen ab, die die Weichteile der Beute langsam zersetzen. Die gelösten Nährstoffe werden von der Pflanze mittels auf der Blattoberfläche sitzender Drüsen aufgenommen.

Sie ist auch eine Heilpflanze und kommt unter anderem in Arzneimitteln gegen Reizhusten zum Einsatz. Auch zur Herzstärkung und als Aphrodisiakum sowie zur Behandlung von Sonnenbrand und gegen Sommersprossen wurde sie verwendet. In der Volksmedizin diente die Pflanze äußerlich zur Behandlung von Warzen und Hühneraugen. Verschiedene medizinisch wirksame Inhaltsstoffe wurden identifiziert, nämlich Naphthochinonderivate (Plumbagin, Droseron, Ramentaceon) und Flavonglykoside (Quercetin, Myricetin, Kampferöl). Zusätzlich lindern Schleimstoffe den Hustenreiz, indem sie die Schleimhaut im Mund- und Rachenraum überziehen und damit die Empfindlichkeit der Hustenrezeptoren vermindern.

Alchemisten verwendeten sie im Mittelalter zur Darstellung der Materia prima, sogenannte Urmaterie. Ziel war es, Gold oder Goldtinktur herzustellen. Sie  betrachteten die Drüsensekretstropfen der Pflanze als „mit astralem Samen geschwängertes Wasser“. Aus Extrakten stellten sie ein Allheilmittel, das Goldwasser, her. Auch als Amulett gegen schwere Geburt, Zahnschmerzen u.v.m. musste die Pflanze herhalten. Offenbar war sie früher recht verbreitet und büßte mit fortschreitender Kultivierung erhebliche Teile ihres Lebensraums ein. Sammeln darf man die geschützte Pflanze natürlich nicht. Für Heilzwecke kann sie aber extra gezüchtet werden.

Welche fleischfressende Schönheit suchen wir?

(H.J. Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Fleischpflanzerl“): Ährenminze, grüne Minze, Mentha spicata

Unser User @Rugby  muss es leicht geschüttelt haben, ob der Vorstellung, Minze an Buletten zu tun. Genau das tun die Völker des Mittelmeerraums schon lange, und schon in römischer Zeit bereicherte das aromatische Grün dieses Lippenblüters die Küche als Gewürz.

Der Autor kann nur empfehlen, es einmal auszuprobieren. Am besten mal aufbrechen zu einer kulinarischen Buletten-Kreuzfahrt rund ums Mittelmeer:

رات اللحم بالنعناع (kurat allahm bialnaenae) (Arabischer Kulturraum)
Nanelik Köfte (Türkei)
Polpette alla menta (Italien)
Κεφτεδάκια (Keftedakia) (Griechenland)

(Gutes Rezept auf Deutsch hier:
https://www.greek-cuisine.com/griechische-rezepte/keftedakia-in-einfachster-form/)

Wer die Sprache nicht beherrscht, wird aber viele Youtube – Videos finden, da erklärt sich etliches durch die Bilder. Oder den Google-Übersetzer nehmen. Aber aufpassen: Wenns schief geht, könnte es an Google gelegen haben 🙂

Mentha spicata (pixabay Miguelthepooh)

Gern gesehen ist die „Nane“-Minze auch in Marokko, dort würzt man nicht nur Gerichte damit, sondern auf schwarzen Tee.

Mit Pfefferminze hat das Kraut geschmacklich nicht sehr viel gemein. Letztere hat einen sehr hohen Gehalt an Menthol, der Geschmack ist vollkommen anders als der der grünen Minze.

Während die grüne Minze bereits im Altertum bekannt war, ist die Pfefferminze (Mentha piperita) erst im 18. Jahrhundert in England entstanden. Und zwar durch das additive Einkreuzen der wilden Wasserminze in die Ährenminze.

Kommen wir noch zur Kaugummifrage und was es mit dem „grünen Pfeil“ auf sich hat: Richtig schrieb  @Rugby: „Sie wird auch Speer-Minze genannt, englisch spearmint. Den grünen Pfeil auf der Kaugummipackung könnte man auch als grünen Speer interpretieren. Der Hersteller kokettiert in der Werbung selbst damit: „some call it a spear, some call it an arrow.“

Kaugummiwerbung 1914

1814 brachte Wrigley dann nach dem Spearmint auch noch ein „Doublemint“- Kaugummi heraus, aromatisiert mit Menthol bzw. dem ätherischen Öl der Pfefferminze.

(Hei-Wu)

 

Noch mehr Pflanzen der Woche gibt es in unserem Archiv – alle Pflanzen der Woche seit Juni 2016.

 

Print Friendly, PDF & Email
Ein Kommentar

Kommentar schreiben