Betörender Duft: Fischers Nachtgesang im Dieskauer Schlosspark

22. Mai 2023 | Bild der Woche | 7 Kommentare

Heino liebte diese Stunden, wenn die Tage im späten Mai lang geworden, die Landschaft in ein versöhnliches Blau getaucht und der Duft den vom beginnenden Sommer kündet.  Es war eine gute Idee von Elfriede, doch einmal wieder in den Dieskauer Schlosspark zu gehen.  Dieser liebliche Duft schien gerade jetzt aufgekommen zu sein – am Nachmittage, als sie noch gemeinsam auf der Picknickdecke saßen, hatte Heino ihn noch nicht bemerkt. Irgendwo weiter weg sang jemand. Eine tiefe Baritonstimme, etwas gestelzt, etwas gequält. Es kam vom Ufer des Wassergrabens, der sich sinnlich durch den Park schlängelte. „Wer oder was ist das ?“, fragte Heino seine Freundin. „Das ist der Fischer von Dieskau“, erklärte Elfriede, „solltest Du eigentlich kennen“. Heino verstand gar nichts (sein Musikgeschmack ist ja bekannt). Mein Gott, stöhnte Elfriede. Der interpretiert ein Schubert-Lied !“

„Olaf Schubert?“ fragte Heino belustigt. „Oh Mann, manchmal ist mir dieser Kulturbanause an meiner Seite nur noch peinlich“, durchzuckte es Elfriede. „Klingt nicht mal nach einem Lied, da kann man nicht mal mitsingen, dieses Gestelzte, das ist doch kein Lied“, fand Heino. „Nennt sich deshalb ja auch Kunstlied“, gab Elfriede, die Kennerin vorgebend, zum besten. „Ist das noch Kunstlied, oder kann das weg?“ blödelte Heino. „Dein Humor hat wirklich Olaf-Schubert-Niveau, frotzelte Elfriede. „OK, und was singt der Fischers Fritze da? fragte Heino. „Das, was Du gerade riechst“, erklärte Elfriede. Die Pflanze. Versfetzen drangen durch die Abendluft, Grüne Blätter, die freudig streben, und Blüten, die streng drein blicken und schweigen, in der lauen Frühlingsluft. Der Duft kam von einer Pflanze, die aussah wie Raps. Fast. Denn Heino ist zwar Rot-Grün fehlsichtig, doch gelb und Blau konnte er unterscheiden. Und dieser „Raps“ war lila.

Und hier kommen die großen Fragen:

  • Von welcher Pflanze ist die Rede?
  • Was für ein Lied singt der Fischer ?
  • Und singt der Fischer noch?

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Invasives Russenkraut“): Orientalisches Zackenschötchen, Bunias orientalis

Nhu Deng hatte es herausbekommen: auch wenn er sich bei gelben Kreuzblütern wie Raps und Hederich schwer tut, wie er stat, weil sie sich alle so ähnlich sind. Da hat er sicher recht, einfach ist das nicht.  Unser „invasives Russenkraut“ trägt den „harmlos“ klingenden deutschen Namen „Orientalisches Zackenschötchen“, wissenschaftlich hört es auf Bunias orientalis. Unsere nördlichen Nachbarn nennen ihn „Russekål“, also „Russenkohl“, selbst in Norwegen und Schweden ist er mittlerweile zu einer Plage geworden. Es heißt llerdings auch, man könne ihn essen, die Wurzel soll ähnlich wie Meerettich sein.

Lust auf mehr Spaziergänge mit Elfriede und Heino durch die Botanik? Alle vergangene Wochenpflanzen finden Sie bei uns im Archiv.

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