Der Maler und sein Modell: Eine schmierige Angelegenheit

26. August 2024 | Bild der Woche | 2 Kommentare

Elfriede und Heino schlenderten durch die Säle des Museums, Kopfhörer auf den Ohren, während der E-Guide sie von einem Meisterwerk zum nächsten führte. Plötzlich standen sie vor einem Bild, das ihre Aufmerksamkeit fesselte: Ein junges Paar, ein Mann und eine Frau, die Frau nur halb bekleidet. „Das sieht nach einem ungleichen Verhältnis aus“, murmelte Elfriede, als sie den Titel des Gemäldes las: „Der Maler und sein Modell“. Darunter stand der Name des Künstlers, den sie sofort nachschlugen.

Sie erfuhren, dass der Künstler ein bedeutender flämischer Maler des 15. Jahrhunderts war, bekannt als einer der Begründer der altniederländischen Malerei. Besonders berühmt war er für seine innovative Maltechnik, die es ihm ermöglichte, außergewöhnliche Detailtreue, leuchtende Farben und weiche Tonverläufe zu erzeugen. Eines seiner bekanntesten Werke war ein Mehrteiliges Altarbild, das er gemeinsam mit seinem Bruder Hubert geschaffen hatte.

„Der Genfer Altar?“ fragte Elfriede neugierig, als Heino, der mal wieder seinen eigenen Weg durch das Museum gefunden hatte, endlich zu ihr stieß. „Nein, nicht Genfer Altar. Du musst schon genau hinhören“, plauzte Heino, der die Unterbrechungen nicht leiden konnte. Während Elfriede dem E-Guide treu folgte, war Heino derjenige, der schnell durch die Säle eilte, um dort stehen zu bleiben, wo etwas seine Neugier weckte. Diese unterschiedlichen Stile führten oft zu kleinen Streitigkeiten zwischen den beiden.

„Ob du einen Altar in Genf kennst? Wohl kaum“, antwortete Heino schmunzelnd, während sein Blick auf die Brüste des Modells wanderte. „Maler müsste man sein.“ Empört schnappte Elfriede nach Luft. „Pfui! So haben die doch immer nur einen Vorwand gehabt, nackte Frauen zu malen“, schimpfte sie.

„Besonders wenn man gar keine nackten Brüste malt. Diese ganzen Heiligenbilder sind doch immer züchtig bekleidet“, erwiderte Heino spöttisch. „Ha, angeblich wegen der Proportionen“, fügte er lachend hinzu.

Aber plötzlich fiel Elfriede etwas anderes ins Auge: „Sag mal, das ist doch viel interessanter: Was bedeuten denn die blauen Blumen hier auf dem Gemälde?“

Vergeblich suchten sie im E-Guide nach einer Erklärung, doch nichts wurde erwähnt. Heino, der sich nicht so leicht geschlagen gab, versuchte ein Foto von dem Bildausschnitt zu machen. Doch kaum hatte er den Auslöser gedrückt, kam ein Wärter angerannt: „No photo, please!“ Aber Heino war schneller gewesen.

Im Museumscafé lud Heino das Foto hoch und betrachtete es genauer. „Klick, jetzt weiß ich, was es mit der Blume auf sich hat“, verkündete er triumphierend. „Ohne dieses Gewächs hätte der Künstler nichts zu malen gehabt. Keinen Grund und auch keine seiner berühmten Farben.“

„Welche Farben?“ fragte Elfriede neugierig. „Blau?“

„Alle möglichen“.
„Farben die er angeblich erfunden hat, wie ältere Kunstgeschichtler behaupteten“, sagte Heino grinsend. Aber tatsächlich hat er diese Technik wohl perfektioniert“.

„Ach übrigens, wenn ich das Bild genauer betrachte, sehe ich die Pflanze dreimal. Sie steht für die drei Dinge: den Grund, die Farbe und…“

„Das Modell“, ergänzte Elfriede lachend. „Denn ohne die Pflanze wäre das Modell splitterfasernackt.“

Heino schmunzelte. „Wenn ich an diese Pflanze denke, erinnere ich mich an etwas Ekliges. Ich war mal bei einem Kumpel in der Lausitz eingeladen. Da gab es ein Gericht, das so widerlich nach alter Lackfarbe gerochen hat. Ich konnte es kaum runterwürgen. Und dabei habe ich sonst nichts gegen Pellkartoffeln.“

Während Elfriede und Heino weiter im Museumscafé plauderten, blieben ein paar Fragen offen:

  • Welche Pflanze ist auf dem Gemälde dargestellt?
  • Warum war der Maler in zweierlei Hinsicht auf die Produkte dieser Pflanze angewiesen?
  • Warum trocknet die Farbe eigentlich nicht, kann aber nach ein paar Tagen dennoch berührt werden?
  • Auf welchen Maler wird hier angespielt?
  • Ist das Bild wirklich von ihm? Gibt es tatsächlich Bilder, die er gemalt hat, mit nackten Brüsten?
  • Was für ein merkwürdiges Gericht gibt es da in der Lausitz?

Auflösung der letzten Pflanze der Woche: („Fischerman´s Friend“): Vielsamiger Gänsefuß, Fischmelde, Chenopodium polyspermum, Lipandra polysperma.

Da half selbst der dickste Zaunpfahl nicht weiter: Wenn man die Google-Suche nach den Stichwörtern „Fisch“ und „Melde“ laufen lässt, stößt man auf Anglerseiten, die sich damit beschäftigen, welche Fischfänge gemeldet werden müssen und so weiter. Fügt man das Wort „Pflanze“ hinzu, wird die Suche schnell übersichtlicher und führt einen zum Vielsamigen Gänsefuß (Chenopodium polyspermum):  Voilà!

Aber immerhin: „Nhu Dheng hat uns endlich erklrärt, was hinter dem merkwürdigen Modell namens Lora steckt, das unserer Elfriede schon zwei Folgen hintereinander zu Eifersuchtsszenen veranlasst hatte: „LoRA ist eine Methode, um große KI-Bildgeneratoren schnell und effizient an neue Aufgaben anzupassen, ohne sie komplett neu trainieren zu müssen. Statt das gesamte Modell zu verändern, wird nur ein kleiner Teil angepasst, was Zeit und Rechenpower spart. So kann man die KI schneller an spezielle Bedürfnisse anpassen“. Und mit so einer „LoRA“, hier eine speziell auf Bilder Jan Bruegel den Älteren (1568-1625) trainierten, hatten wir auch unser Fischerbild erzeugt. Da der Künstler auch viele Winterbilder geschaffen hat, bei den Menschen zu sehen sind, die über zugefrorenen Seen Eis laufen, hat Fräulein Lora da halt einen kleinen Fehler eingemischt.

Nun aber zum vielsamigen Gänsefuß (Chenopodium polyspermum): ist eine einjährige Pflanze aus der Familie der Amaranthaceae, die in Europa, Asien und Nordafrika verbreitet ist. Der Vielsamige Gänsefuß kann eine Höhe von bis zu 60 cm erreichen. Die Pflanze hat grüne, eiförmige bis lanzettliche Blätter und kleine, unscheinbare Blüten, die in dichten, ährenartigen Blütenständen angeordnet sind. Sie wächst bevorzugt auf nährstoffreichen, feuchten Böden, oft an Wegrändern, auf Äckern oder in Gärten. Die Pflanze kann als Unkraut in Gärten und auf Feldern auftreten.

Chenopodium polyspermum, Lipandra polysperma, Vielsamiger Gänsefuß.

Der Name „Vielsamiger Gänsefuß“ stammt aus dem Lateinischen und Griechischen und beschreibt die Pflanze treffend: Die feinen Samen rieseln in großer Menge aus den Fruchtständen. Wer das Unkraut ausreißt, verteilt die Samen noch weiter im Garten – eine wahre Herausforderung für jeden Gartenbesitzer. Historisch wurden diese Samen zum Anlocken von Fischen verwendet, was zu dem Namen „Fischmelde“ geführt hat. Es gibt allerdings eine andere Pflanze, den **Stinkenden Gänsefuß** (Chenopodium vulvaria L.), der auch als „Fisch-Gänsefuß“ bezeichnet wird, jedoch aufgrund des unangenehmen Geruchs ihrer Blätter nach altem Fisch. Bäh!

Alle bisherigen „Pflanzen de Woche“ findet Ihr hier im Archiv. Es sind Tausende !

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