Hätte vor den Sturzfluten früher gewarnt werden können? Erben fordert mehr Sirenen für Sachsen-Anhalt
19. Juli 2021 | Umwelt + Verkehr | 9 Kommentare
sirene
In den letzten Tagen kam es in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Sachsen zu Hochwasser und Erdrutschen, die auf Starkregenereignisse zurückzuführen sind. Größtenteils wurden die Betroffenen in der Nacht von den Hochwasser-, Schlamm- und Geröllmassen heimgesucht.
Zwischenzeitlich gibt es Vorwürfe, dass mehrere Tage vorher, z.B. vom Europäischen Hochwasser-Warnsystem (EFAS), für diese Regionen nahezu ortsgenau die Naturkatastrophen vorhergesagt wurden, die Bevölkerung aber nicht ausreichend gewarnt worden sei. Dem tritt der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) u.a. mit der Aussage entgegen, dass das BBK 150 Warnmeldungen über seine Warn-App „Nina“ versandt habe.
Für den SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben sind die Ereignisse der letzten Tage ein deutliches Zeichen dafür, dass es falsch ist, wenn der Katastrophenschutz für die Warnung der Bevölkerung in Notlagen zu einseitig auf Smartphones und dort installierte Warn-Apps setzt.
Erben hält Sirenen für die Warnung der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt für ein weiterhin unverzichtbares Mittel. Bei der Alarmierung der Feuerwehren könne man zwar leicht auf Funkalarmempfänger zurückgreifen. Für die Bevölkerung erreiche man – gerade in der Nacht – eine Warnwirkung jedoch nur mit Sirenen.
Die Zahl der Sirenen ist in Sachsen-Anhalt seit den 90er Jahren massiv zurückgegangen. Doch in den letzten zehn Jahren habe sich die Lage stabilisiert. Aktuell können von den 2143 Sirenenstandorten aus nicht nur Einsatzkräfte alarmiert, sondern auch die Bevölkerung vor Gefahren gewarnt werden. Dabei fällt auf, dass einzelne Landkreise in Sachsen-Anhalt ein sehr dichtes Sirenennetz unterhalten; die Stadt Halle verzichtet dagegen im Unterschied zu Magdeburg und Dessau-Roßlau vollständig auf Sirenen.
Erben kämpft seit Jahren für mehr Sirenen in Sachsen-Anhalt. „Aus meiner Sicht verdienen die Sirenen wieder mehr Aufmerksamkeit, vor allem wenn die Bevölkerung in der Nacht gewarnt werden muss“, so Rüdiger Erben. „Nicht jeder hat ein Smartphone mit einer Warn-App auf dem Nachttisch liegen. Und auch die App hilft nicht viel, wenn Menschen tief und fest schlafen.“
Kommentar schreiben
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Wenn unserer Qualitätsjournalismus über Sirenen diskutiert, scheint keiner zu wissen, dass moderne digitalen Sirenen praktisch Lautsprecher sind, die auch Sprache ausgeben können.
McPoldy schrieb:@SfK, es gibt verschiedene Sirenen Töne, ähnlich dem Morse Code, Man muss dann halt genau hin hören “
Und wer die Odyssee gelesen hat, weiß auch, dass man sich dazu besser Wachs in die Ohren stopft oder sich an einem Pfahl festbinden lässt.
Keiner von den Hochwassergeschädigten fragt uns, warum wir keine Überschwemmungsgebiete ausgewiesen haben, alles richtig gemacht, haha!
Über moderne Sirenen kann es auch Durchsagen geben.
@SfK, es gibt verschiedene Sirenen Töne, ähnlich dem Morse Code, Man muss dann halt genau hin hören welche Tonfolge „abgespielt“ wird. Das häufigste dürfte Feueralarm sein.
In Zeiten vor dem Mitteilungsblatt gab es mal Lautsprecheranlagen für amtliche Durchsagen. Damit bringt man nicht nur Warnungen sondern auch zusätzliche Informationen und Handlungsempfehlungen rüber.
Sollen dann die Sirenen bei Wasserereignissen die Wassermusik ertönen lassen, bei chemischen Ereignissen Beethovens 9. Sinfonie? Oder wie will man was unterscheiden?
Die Warnung ist nur ein Aspekt der Problematik.
Es gibt fast keine Woche, in der die WetterApp nicht vor Sturm, Regen oder Trockenheit warnt. Es ist ganz natürlich, dass in dieser Flut an Warnungen eine wirklich dringende Warnung von den Bürgern nicht ernst genommen wird.
Viel wichtiger als die Warnung ist, dass es Ablaufpläne im Falle einer Naturkatastrophe (ausdifferenziert bis auf die kleinste Gemeinde) gibt, und diese in Katastrophenschutzübungen uter Einbindung der Bürger eingeübt werden. Es nutzt nichts, wenn jemand gewarnt wird und nicht weiß, was er tun soll.
Ganz Unrecht hat er nicht, WarnApps sind leider nicht der Weisheit letzter Schluss. Da gehe ich noch nicht mal soweit das man die Warnfunktion der APP deaktivieren kann, es hapert teilweise am Mobilfunkempfang. Was nützt die beste WarnApp wenn ich im Neubaublock in der zweiten Etage null Mobilfunkempfang habe und somit die WarnApp garnicht weiß wo ich bin. Allerdings könnte es auch störend für die Anwohner sein wenn dann wieder Flächendeckend Sirenen in Betrieb sind wenn die bei jedem brennenden Müllcontainer Nachts losheulen.