Europäische Klimakonferenz: „Energieversorgung wird noch lange Zeit auf Erdgas basieren“

23. Mai 2023 | Umwelt + Verkehr | 2 Kommentare

Heute hat die Leopoldina das Communiqué der ersten Europäischen Klimakonferenz veröffentlicht. Die Konferenz, die von der Leopoldina und der Polnischen Akademie der Wissenschaften organisiert wurde, befasste sich mit den regionalen Auswirkungen des Klimawandels und Maßnahmen zur Minderung und Anpassung. Das Communiqué betont die Notwendigkeit, Transformationsanstrengungen zu beschleunigen, Klimaneutralität zu erreichen und die Vielfalt Europas als Stärke zu nutzen. Es fordert die Abstimmung regulatorischer und marktbasierter Instrumente sowie eine konsequente CO2-Bepreisung und Offenheit gegenüber grüner Technologie. Die Konferenz brachte 90 Experten aus 45 europäischen und eurasischen Ländern zusammen und soll alle zwei Jahre wiederholt werden.

Das Diskussionspapier „Leitideen für die Transformation des Energiesystems“ der Leopoldina skizziert wichtige Konzepte für die notwendige Umgestaltung des Energiesystems in Deutschland und Europa, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Es betont auch die Bedeutung der Bereitstellung von Technologien, die weltweit eine solche Transformation ermöglichen. Das Papier dient als Beitrag für den Forschungsgipfel von Stifterverband, Expertenkommission Forschung und Innovation, VolkswagenStiftung und Nationaler Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Die Autorinnen und Autoren des Papiers betonen, dass Transformationsstrategien entwickelt werden müssen, die auf die zu erreichenden Ziele ausgerichtet sind und technologieoffen gestaltet werden, um private Investitionen in die Transformation attraktiver zu machen. Es ist entscheidend, klare Rahmenbedingungen für Investitionen zu schaffen und deren Verlässlichkeit sicherzustellen. Gleichzeitig sollten Anreize und Vorgaben geschaffen werden, um eine effizientere Nutzung von Energie zu fördern. Eine breite gesellschaftliche Partizipation und Diskussion sind ebenfalls wichtig, um die Energiewende erfolgreich umzusetzen.

Das Papier betont die Bedeutung des Kohlenstoffkreislaufmanagements und empfiehlt, dass die zweite Phase der Klimapolitik, die sich mit der Entnahme von nicht vermeidbaren Emissionen aus der Atmosphäre befasst, bereits jetzt beginnen sollte. Es wird betont, dass ausreichende Anreize für Innovationen in Technologien und Maßnahmen geschaffen werden müssen. Auf EU-Ebene wird ein Rahmenwerk für die Zertifizierung dieser Technologien empfohlen. Das Papier empfiehlt auch eine europäische und ressortübergreifende Weiterentwicklung der Klimapolitik, die auf eine Vertiefung der Kooperationen innerhalb der EU und mit Drittstaaten setzt. Der Ausbau des europäischen Emissionshandels wird als ein wichtiges Instrument zur Steuerung aller Emissionen genannt.

Da ein zukünftiges Energiesystem maßgeblich auf erneuerbaren Energien basieren wird, wird betont, dass stoffliche Energieträger, insbesondere Wasserstoff, eine zentrale Rolle spielen werden. Aufgrund der Schwankungen in der Energieerzeugung aus Sonnen-, Wind- und Wasserkraft werden Speichertechnologien benötigt. Wasserstoff sollte dort produziert werden, wo die Energieerzeugung aus Photovoltaik oder Windenergie kostengünstig ist, um Umwandlungsverluste auszugleichen. Dies kann auch zur nachhaltigen Entwicklung in Ländern mit niedrigem Bruttoinlandsprodukt beitragen.

„Energieversorgung wird noch lange Zeit auch auf Erdgas basieren“

Der Netzausbau für stoffliche Energieträger und Strom wird als entscheidend angesehen. Da jedoch Wasserstoff und seine Derivate langfristig nicht in ausreichendem Maße verfügbar sein werden, wird darauf hingewiesen, dass die Energieversorgung noch für längere Zeit auch auf Erdgas basieren muss. Daher werden parallel Strukturen für Erdgas, Wasserstoff und Wasserstoff-Derivate benötigt. In der Umstellungsphase sollten die Rolle von Gaskraftwerken gestärkt und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen betont werden. Es wird betont, dass die Beteiligung des gesamten Spektrums der Wissenschaft, einschließlich Wirtschafts-, Sozial-, Verhaltens- und Politikwissenschaften, bei der Transformation des Energiesystems wichtig ist. Eine effektive Organisation der Schnittstelle zwischen Forschung und industrieller Nutzung wird in den Technikwissenschaften als entscheidend erachtet.

Das Diskussionspapier und der bevorstehende Forschungsgipfel dienen dazu, Zukunftsperspektiven für das deutsche Forschungs- und Innovationssystem aufzuzeigen und strategische Entscheidungen zu unterstützen. Sie fördern den Dialog und die Vernetzung als interdisziplinäres Forum. Der Forschungsgipfel wird vom Stifterverband, der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) sowie der VolkswagenStiftung veranstaltet.

Die Diskussionspapiere der Leopoldina bieten Wissenschaftlern die Möglichkeit, flexibel und ohne formellen Arbeitsgruppen-Prozess Denkanstöße zu geben, Diskurse anzuregen und Empfehlungen zu formulieren.

Die Autorinnen und Autoren des Diskussionspapiers sind Mitglieder der Leopoldina-Fokusgruppe „Klima und Energie“, die mittelfristige Gestaltung des deutschen und europäischen Energiesystems anregt und kurzfristig zu aktuellen Entwicklungen Stellung nimmt.

 

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