Trommeln und Tanzen gegen Nazischreihals

8. August 2020 | Politik | Ein Kommentar

Am Samstag mittag schien sich auf dem Markt zunächst wieder die übliche Szene aufzubauen: der stadtbekannte Schreihals, Coronaleugner und Rechtsextremist besteigt seinen Brüllwagen, akkompaniert von vielleicht zehn seiner üblichen Partygänger aus der rechten Verirrtenszene. Dieses Mal war aber ein stattliches Polizeiaufgebot  aufmarschiert, das mehrere Absperrketten bildete. Denn dieses mal hatte Halle gegen Rechts, verstärkt von einer beachtlichen Gruppe „Omas gegen Rechts“ auf der Marktkirchenseite Platz genommen. man wollte damit gegen die ständige Besetzung des öffentlichen Raums durch die rechte Szene Position beziehen.   Schätzungsweise 100 Menschen, vorwiegend ältere Damen, trommelten, trillerten und tanzten, versehen mit fröhlich weißen Regenschirmchen, auf dem Platz, während  „Zwerg vom Brüllwagen“ irgendein Coronazeug in sein Megaphon schrie.

Es kam natürlich zu den üblichen Provokationen, der ebenfalls bekannte Videonazi im orangen Hemd überschritt die von der Polizei gedachte Linie zwischen den Gleisen, jemand von der „Gegen-Rechts-Fraktion“ trat ihm gegenüber – heute aber aber griff die Polizei schneller ein, als man schauen konnte, und trieb die Parteien auseinander.

Irmela Mensah – Schramm mit dabei

Unter die „Omas gegen Rechts“ hatte sich auch Irmela Mensah-Schramm gemischt. Die 1945 in Stuttgart geborene Aktivistin für Menschenrechte und ehemalige Erzieherin und Heilpädagogin an einer Berliner Schule für geistig Behinderte ist nämlich seit 1986 keine Unbekannte mehr. Seit dieser Zeit reist sie unentwegt durch Deutschland,  nie ohne ihre Tasche mit Fotoapparat, Bürsten, Pinseln, Lösungsmitteln und Farbe. Nach einem Unfall im Winter 2009/10 machte sie sich bei Schnee und Glätte selbst auf Krücken auf den Weg, um Hassschmierereien zu suchen und zu entfernen, wie sie auf ihrer Homepage selber schreibt. Sie entfernt Nazischmierereien, was ihr nicht nur viel Lob, sondern auch diverse Anzeigen wegen Sachbeschädigungen eintrug, wie sie auch Hallespektrum gegenüber berichtete. Aber nicht nur das: Nicht immer geht es dabei um Sachbeschädigung, was ein Beispiel zeigen soll: 1992, beim Übermalen des Graffito „Türken vergasen“ auf dem S-Bahnhof Friedenau, soll ihr ein Wachschutz-Beamter versucht haben, den Buntstift zu entreißen. Er schob  sie zum Bahnwärterhäuschen, in der Folge stürzte sie auf den Hinterkopf. Im Krankenhaus wurde sie wegen Schädelhirntrauma und Bluterguss behandelt. Sie erstattete Anzeige wegen Körperverletzung, der Wachschutzbeamte wegen Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung und Körperverletzung. Beide Verfahren wurden eingestellt. Mensah-Schramm engagiert sich seit fast 35 Jahren als „Polit-Putze“, hat bereits mehrere Ausstellungen organisiert und ein Buch online verfasst, in dem sie über Ihr Leben und ihre Aktivitäten berichtet. Alles hier nachzulesen: https://www.hassvernichtet.de/

 

 

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