Großer Zirkus um Zirkustiergegner. Krones Hausinitiative verteilt Brief an Kommunalpolitiker

20. Juli 2017 | Politik | 4 Kommentare

Es ist schon ein Ritual, so sicher ist wie die obligate Clownnummer: in sicherer Regelmäßigkeit treten Initiativen vor Zirkusgastspielen auf, die gegen die Tierhaltung und Tierdressur in Wanderzirkussen protestieren (Beispiel). Als Gründe geben sie meistens an, die Haltung und Transport von Wildtieren im Zirkus sei nicht artgerecht, oder die Dressur sei schlichtweg Tierquälerei.

Protestaktion gegen einen Zirkusauftritt (nicht Krone) im November 2011 in Halle

Problematisch aus Sicht der Zirkusbetriebe ist, dass die Ablehnung von Tierhaltung in Zirkussen keineswegs eine Außenseiterposition radikaler Tierschützer ist, sondern schon lange zu einer Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung avanciert ist. Einer FORSA-Umfrage vom Mai 2014 zufolge vertraten 82 % der Deutschen die Auffassung, dass Wildtiere im Zirkus nicht artgerecht gehalten werden können. Schon 2011 befanden zwei Drittel der Befragten einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung, dass Wildtiere im Zirkus nicht mehr zeitgemäß seien. 2003 und nochmals Ende November 2011 hatte der Bundesrat in zwei Entschließungsanträgen ein grundsätzliches Verbot von Wildtieren im Zirkus gefordert. Die Bundesregierung hat die Entschließungen bis heute nicht umgesetzt. Viele Länder in Europa haben bereits mehr oder weniger konsequent die Haltung von „Wildtieren“ im Zirkus verboten. Eine umfassende Darstellung der rechtlichen Situiation in Europa hat hierzu 2015 der wissenschaftliche Dienst des Bundestages erarbeitet.

Wegen der rechtlich unklaren Situation hatten in der Vergangenheit mehrere Kommunen versucht, das Problem in die eigene Hand zu nehmen, und Auftrittsverbote auf ihrem Stadtgebiet beschlossen. Dies wurde  Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. So urteilte 2013 das Verwaltungsgericht Darmstadt, dass die Kommune nicht eigenmächtig den Auftritt von Tieren verbieten könne, weitere ähnliche Gerichtsurteile folgten (Beispiel VG Hannover). Diese Urteile bezogenn sich jedoch nur auf eigenmächtige Entscheidungen der Kommunen. Vorsichtiger war deshalb der hallesche Stadtrat: sein beschluss lautete lediglich, ein Auftrittsverbot rechtlich zu prüfen.

Sind beispielsweise Kamele eigentlich Wildtiere? Die Definition ist im Einzelnen schwierig

Der „Circus Krone“, der in den kommenden Tagen in Halle auftritt, hat jetzt einen „offenen Brief“ an OB Wiegand und die Farktionsvorsitzenden geschrieben. Genauer gesagt: nicht der Circus selbst, sondern das Aktionsbündnis „Tiere gehören zum Circus“, das schon ausweislich des Sprachduktus ein überwiegendes Krone-Dressurprodukt zu sein scheint.

Darin stellt das Aktionsbündnis seine Position zum Thema dar. Den Wortlaut des Schreibens kann man hier nachlesen: Halle_OB Dr Bernd Wiegand.

Unter anderem wird damit argumentiert, ein Zirkus halte Tiere fit, die sich ohne Dressur langweilen würden, dass Tiere im Zirkus überdurchschnittlich alt würden, und die Dressurkunststücke freiwillig und ohne Zwang unternähmen. Ein nicht unbedeutender Teil des Schreibens ist allerdings auch schlichtweg Werbung für das Gastspiel in Halle.

Na bitte! es geht auch ohne Wildtiere.

(Red)

 

 

 

 

 

 

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