Die Grünen möchten keine Scheibe

14. September 2017 | Politik | 2 Kommentare

Auch von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Stadtrat der Stadt Halle gibt es nun eine Stellungnahme zum Bürgerentscheid über die künftige Nutzung der Hochhausscheibe A in Halle-Neustadt:

Wir empfehlen mit Nein zu stimmen.

Fraktionsvorsitzende Dr. Inés Brock erklärt dazu:

„Direkte Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger ist für uns ein Herzensthema. Die Hallenserinnen und Hallenser haben am 24.09.2017 nun die Möglichkeit, eine wichtige und folgenreiche Entscheidung für unsere Stadt zu treffen. Auch wir als Fraktion haben uns intensiv mit der Frage des Bürgerentscheids auseinandergesetzt und uns eine eigene Position dazu erarbeitet, die sie dem beigefügten Positionspapier entnehmen können. Wir empfehlen mit Nein zu stimmen.“

Die Stadtratsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt in Positionspapier weiter dazu: Halle-Neustadt bedarf auch weiterhin einer Unterstützung bei seiner Entwicklung. Aktuell sind mehrere Mio. EUR an Städtebaufördermittel für die Sanierung der Scheiben B und C vorgesehen. Die Ansiedlung eines Verwaltungszentrums in einer der Hochhausscheibe wäre hier sicher auch ein probates Mittel, denn die aktuelle Standortverteilung der Fachbereiche und Verwaltungsmitarbeiter gilt für uns nicht als in Stein gemeißelt. Der Handlungsbedarf im Sinne einer Optimierung ist nachvollziehbar und auch der Sanierungsbedarf an städtischen Verwaltungsgebäuden ist nicht zu übersehen. Es gilt aber die Auswirkungen auf die gesamte Stadt im Auge zu behalten und wir haben Zweifel daran, dass ein neuer Verwaltungsstandort in Halle-Neustadt der richtig Weg ist.

Die finanziellen Auswirkungen sind unklar! Dem Stadtrat und den Bürger*innen liegt genau ein Gutachten vor, das die finanzielle Machbarkeit eines solchen Projektes beschreibt und sich auf einen Zeithorizont von 30 Jahren bezieht (2021 bis 2051). Die Prognosen basieren auf den Kennzahlen eines einzigen Jahres (2015). Geprüft wurden nur die
„Alternativen“: Neubau in der Innenstadt, Sanierung Scheibe A und Fortschreibung des Status Quo. Das erscheint uns im Hinblick auf die Auswirkungen einer solchen Entscheidung für zu eng. Es fehlen Aussagen zur Entwicklung
des Personalbestandes der städtischen Verwaltung und damit zum Bedarf an Flächen. Wir vermissen Aussagen zu den angestrebten Sanierungsstandards für das neue Verwaltungszentrum. Es ist noch nicht einmal klar, zu welchem Preis der potenzielle Investor das Gebäude erwerben wird. Auch ist uns bisher kein Investor bekannt, der sich diesem Projekt wirklich stellen will. Wäre nicht auch eine Sanierung durch die öffentliche Hand denkbar, so dass die Gewinne der Stadtzu Gute kämen?
Eine belebende Wirkung für das Zentrum von Neustadt ist mehr als fraglich! Derzeit haben bereits 628 von 1629 Verwaltungsmitarbeiter*innen ihren Arbeitsplatz in Halle-Neustadt. Zählt man das Jobcenter hinzu, so sind aktuell mehr als die Hälfte allerstädtischen Mitarbeiter*innen dort beschäftigt. Ein nachhaltig belebender Effekt für das
Neustadtzentrum blieb nach unserer Wahrnehmung bisher weitestgehend aus. Nun sollen weitere 450 Mitarbeiter*innen hinzukommen, die sich dann nur temporär dort aufhalten. Eine Nutzung als Wohngebäude wäre hier wesentlich wirkungsvoller und genau hierfür sind derzeit mehrere Mio. EUR als Städtebaufördermittel vorgesehen. Die vorgesehene Verwaltungsverlagerung bedeutet einen Verlust an Zentralität!
Wenn die Pläne der Verwaltungsspitze umgesetzt werden, dann arbeiten in Zukunft rund 2/3 der Verwaltungsmitarbeiter*innen in Halle-Neustadt (bisher rund 2/5). Gleichzeitig verliert das Zentrum der Stadt rund die Hälfte aller Mitarbeiter*innenarbeitsplätze. Faktisch verlagern wir damit den größten Teil der Stadtverwaltung in einen Stadtteil, der ungefähr 1/5 der Gesamtbevölkerung von Halle ausmacht. Ein erheblicher Verlust an Zentralität der Verwaltung ist die Folge. Ein Umzug nach Halle-Neustadt bedeutet auch neuen Leerstand im Zentrum: den Gebäuden im Hansering 15 und 20 sowie in der großen Nikolaistraße 8 droht Leerstand. Deshalb stimmen wir beim Bürgerentscheid mit NEIN!
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