CSD-Organisatoren erheben schwere Vorwürfe gegen die CDU Halle: werden Queere gegen Migranten ausgespielt?

29. September 2023 | Politik | Keine Kommentare

Nach Äußerungen des CDU-Kreisverbandes erheben die Organisatoren des CSD in Halle schwere Vorwürfe gegen die CDU und werfen ihr vor, Stimmung gegen Migranten zu machen. Insbesondere der Vorsitzender der CDU, Marco Tullner (Ex-Bildungsminister) und die stellvertretende Kreisvorsitzende, Kerstin Godenrath, werden von den Verbänden angezählt.

Hintergrund: Am Samstag, den 9. September, war es zu Überfällen auf den Zug des CSD in Halle gekommen. Beteiligt waren nach deDarstellung der Polizeu Gruppen aus dem migrantischen Millieu:

Vorfall nach CSD in Halle: Zeugenberichte enthüllen schwerwiegenderen Vorfall und Kritik an Polizei

Hier die Stellungnahme der Organiosatoren des CSD im Wortlaut:

Am 11. September veröffentlichte der CDU-Kreisverband Halle (Saale) eine Pressemitteilung mit dem Titel „CDU fordert Krisengipfel von Stadt, Polizei, Justiz und Migrantenorganisationen“, die uns als Vereine und Akteur*innen, die maßgeblich an der Organisation und Durchführung des Christopher Street Day Halle/Saale beteiligt sind, fassungslos zurücklässt.
In der Pressemitteilung wird neben anderen auf die Vorfälle im Nachgang des vergangenen CSD Halle (Saale) Bezug genommen. Hier wurden in der Nacht von Samstag auf Sonntag Besucher*innen des CSD von einer Gruppe von Jugendlichen angegriffen und zum Teil schwer verletzt.
Marco Tullner, ehemaliger Bildungsminister von Sachsen-Anhalt, Mitglied des Landtags und Vorsitzender des CDU-Kreisverbands postete diese Pressemitteilung am 11. September auf dem sozialen Netzwerk X (ehemals Twitter) zusammen mit dem Hashtag #CSDHalle.
Die Pressemitteilung unterstellt, dass es in Halle ein gravierendes Sicherheitsproblem gäbe, das durch eine migrantische Bandenkriminalität zustande käme. Zitiert wird auch die stellvertretende Kreisvorsitzende, Kerstin Godenrath, die die halleschen Migrantenorganisationen auffordert, „stärker präventiv auf die betreffenden Migrantenmilieus einzuwirken“.
Man kann diese Pressemitteilung eigentlich nur mit einem gewissen Erstaunen lesen. Gerade die CDU ist in den letzten Jahren nicht als die Partei in Erscheinung getreten, für die die Lebens- und Sicherheitssituation queerer Menschen eine besondere Rolle spielen würde. Im Gegenteil: Teile der Partei haben die Forderungen queerer Menschen nach gesellschaftlicher Gleichberechtigung und einem Leben in Freiheit und Würde zum Gegenstand eines angeblichen Kulturkampfes gemacht, der die Sicherheit und die Ordnung der Mehrheitsgesellschaft bedrohe. Diese Strategie, die auch von anderen Parteien des rechten Randes genutzt wird, führt zu einer Entsolidarisierung und macht aus queeren Menschen eine Gruppe von „Anderen“.
StellungnahmeUnd so werden dann auch Maßnahmen durchgesetzt, die queeres Leben erschweren. Die Bildungsministerin des Landes Sachsen-Anhalt ordnete beispielsweise an, dass gender-inklusive Sprache an Schulen des Bundeslandes verboten sein soll.
Auch an öffentlichen queer- und transfeindlichen Äußerungen fehlt es nicht. So postete Kerstin Godenrath am 22. August auf dem sozialen Netzwerk X: „Transfrauen sind Männer.“ und positioniert sich damit eindeutig auf der Seite der Gegner*innen geschlechtlicher Selbstbestimmung.
Was der CDU-Kreisverband Halle (Saale) hier versucht, ist, zwei gesellschaftliche Minderheitengruppen, die beide nicht in das Gesellschaftsbild der Unionsparteien passen, gegeneinander auszuspielen und Ängste zu schüren. Das ist eine perfide Strategie, die etwas vorgaukelt, das vor allem in der letzten Zeit kaum erkennbar war: nämlich ein Interesse der CDU, die Lebenssituation von queeren Menschen tatsächlich und nachhaltig zu verbessern. Der queerfeindliche Angriff im Nachgang des CSD in Halle ist absolut zu verurteilen. Queere Menschen wissen, dass sie im öffentlichen Raum nicht sicher sind. Das zeigen alle Studien, die sich damit befassen. Das aber auszunutzen, um rassistisches Gedankengut voranzutreiben, ist schäbig und ein Schlag ins Gesicht der queeren Menschen und der Menschen mit Migrationsgeschichte.
Queerfeindlichkeit ist Queerfeindlichkeit und muss als solche bekämpft werden. Dazu braucht es eine solide finanzielle Ausstattung queerer Vereine, die Förderung entsprechender Forschung und Schulen, in denen alle Kinder und Jugendlichen frei und sicher lernen können. Die CDU regiert in Sachsen-Anhalt mit – all dies wäre also umsetzbar. Und das wären ehrliche und hilfreiche Reaktionen auf queerfeindliche Übergriffe. Rassistische Parolen hingegen sind es sicherlich nicht.

Eine Stellungnahme von
AIDS-Hilfe Halle/Sachsen-Anhalt Süd e.V.
AK que(e)r_einsteigen des Studierendenrats der MLU
BBZ „lebensart“ e.V.
Dornrosa e. V.
Jugendnetzwerk Lambda Mitteldeutschland e.V.

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