Stadtwald in Halle: Fast Chefsache

27. Februar 2020 | Natur & Gesundheit | Keine Kommentare

Die Stadtverwaltung gibt dem Stadtwald zunehmend mehr Aufmerksamkeit. Das ist der positive Aspekt des Einsatzes für die städtischen Wälder durch Bürgerinnen und Bürger. Sie sollten sich bestärkt fühlen und nicht in ihrem Einsatz nachlassen. Der Oberbürgermeister hat die Anregung aufgenommen.

Die Pflanzaktion am 03.10.2019 in der Dölauer Heide war ein sehr wirksamer Impuls von ihm für den Wald. Mehrere hundert Bürgerinnen und Bürger beteiligten sich. Ohne Nachwuchs mit jungen Bäumen vergreisen unsere Kulturwälder und die positive Wirkung auf das Klima durch die Aufnahme von CO2 läuft aus. Manches kann die Bürgerschaft bewerkstelligen. Für die fachlich fundierte Regie und Bewirtschaftung der etwa 1300 ha Stadtwald sind forstliche Fachkräfte zwingend notwendig.

Für den Aufbau der städtischen Wälder ist der Beschluss des Stadtrates vom 29.05.2019 zum Stadtwald von zentraler Wichtigkeit. Er beinhaltet u. a. die Bildung des Waldbeirates aus Fachleuten und zeigt einen Willen zu mehr und besserer Öffentlichkeitsarbeit bezüglich der städtischen Wälder. Weitere wichtige Baustellen sind z. B. die Waldverjüngung, der Abbau der auch vom NABU genannten Pflegerückstände, Waldumbau zu natürlichen Waldgesellschaften. Der Grundsatzreferent des Oberbürgermeisters hat beim Dauerthema „Trothaer Wäldchen“ die Sache anhand intensiver Bürgerkritik offensichtlich in die Hand genommen und schafft Lösungen. Das ist gut so. Der städtische Wald ist ein Bürgerwald und deshalb ist bestmögliche Information und Handlungsweise eine Kür und auch eine Pflicht! Aber sollte hier nicht eine städtische Forstverwaltung zuständig sein? Denn das Landeswaldgesetz verpflichtet dazu, dass ein Kommunalwald wie der von Halle von so ausgebildeten Forstleuten, wie sie im Landeswald tätig sind, bewirtschaftet wird. Der Grundsatzreferent des Oberbürgermeisters ist doch für andere, bedeutendere Aufgaben im Amt. Ohne forstliches Studium gerät man in Sachen Wald schnell mal auf einen Irrweg.

Die Stadt Halle und das Landeswaldgesetz

Schade, dass im Trothaer Wäldchen so viele Robinien Opfer sind. Die Robinie ist der Baum des Jahres 2020 und gehört zu den wichtigsten Bienennährgehölzen. Für den Waldumbau kann man auf die fachliche Vorarbeit im aktuellen Forsteinrichtungswerk zurückgreifen. Hoffentlich ist der Standort für die neuen Bäume geeignet, neben anderen Faktoren wichtig ist insbesondere sein Substrattyp. In Trockenjahren wie 2018 und 2019 ganz besonders. Das ist sicher vorher geprüft worden. Es soll ja keine Fehlinvestition werden, egal, wer es bezahlt.

Zuerst steht nicht die Wahl der Baumart an, sondern eine Standortuntersuchung. Der Standort ist im Klimawandel von besonderer Bedeutung für die Zukunft der Bäume. Ein Standort kennzeichnet sich immer durch Lage (Höhe, Exposition) Klima (Makro- und Mikroklima) und Boden. Besonders wichtig sind heute in den Trockenjahren die Kenntnisse über die speziellen Lokalbodenformen. Der Standort gibt den Existenzbereich vor, ob eine Baumart ihre Nische findet oder nicht. Das Ordnungsprinzip der potenziell natürlichen Waldgesellschaften ist eine bedeutende Grundlage bei der Waldplanung. Jede Baumart besitzt eine mehr oder weniger charakteristische ökologische und physiologische Amplitude, die der örtliche Förster kennen muss. Bei der Wahl der Baumarten sind viele Komplexe zu berücksichtigen. Dies reicht von der Analyse des vorhandenen Bewuchses hinsichtlich waldbaulicher, ökologischer sowie auch ertragskundlicher und betriebswirtschaftlicher Kriterien, bis hin zu integriertem Naturschutz und Waldästhetik. Auch die Möglichkeiten der vielfältigen Verjüngungs- und Ausbreitungsmechanismen der Baumarten, spezielle Sukzessionsmechanismen sowie die Konkurrenzbeziehungen der Baumarten untereinander müssen beachtet werden. Man kann erkennen, wie wichtig forstliche Fachkompetenz und Vorbereitung sind.

In Halle könnte diese mit der Einstellung eines Diplomforstingenieurs zur Leitung einer städtischen Forstverwaltung mit den jetzt vorhandenen Mitarbeitern und vollständige Zuständigkeit für alle forstlichen Anliegen und Waldflächen der Stadt in die Stadtverwaltung eingepasst und ein Zustand unterschiedlicher Zuständigkeiten beendet werden.

Der Stadtwald mit einer Größe von fast 1300 Hektar ist ein Erholungswald und Klimaregulator u. a. mit wertvollen Auelandschaften. Er sollte fachgerecht bewirtschaftet und sinnvoll erweitert werden, um nachhaltig seine Waldfunktionen zu sichern, u. a. als wichtigste CO2- Senke. 2019 wurden größere Flächen als Kompensationsmaßnahmen neu aufgeforstet. Ist hier auch gesichert, dass die gepflanzten Bäume standortsgerecht sind, auf der Grundlage fachgerechter Standorterkundung? Das Landeswaldgesetz verlangt, dass die Waldbewirtschaftung auf der Grundlage periodischer Pläne (aufgestellt im Forsteinrichtungswerk) und von Jahresplänen erfolgt. Übrigens ist der vom Landeswaldgesetz geforderte und im o. g. Beschluss vom 29.05.2019 genannte Jahresplan für 2020 ist noch nicht öffentlich einsehbar. Es gibt viel Arbeit im Stadtwald, die fachgerecht und kostenbewusst nach diesen Jahresplänen zu erledigen ist.

Andreas Müller, Halle, Foto: Müller

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