Frauen gehört die Hälfte des Himmels!

14. September 2019 | Kultur | 6 Kommentare

In der Kunsthalle „Talstraße“ ist die vorzügliche Ausstellung „Die schaffende Galatea“ zu sehen, wir berichteten bereits ausführlich über die Eröffnung. Dazu startete am gestrigen Donnerstag (12. September, 19:30 Uhr) mit dem 1. Salon im Rahmen das Rahmenprogramm der gut besuchten Ausstellung: In einer Podiumsdiskussion unterhielten sich Eva von Angern (MdL, Vorsitzende Landesfrauenrat), Jutta Jahn (Kunsthistorikerin und Vorstand Dornrosa e.V.), Yvonne Most (Fotografin, Empowerment Coach für Mädchen und junge Frauen) über Geschlechterrollen und Rollenmuster in den neuen Medien diskutieren. Moderiert wurde der Abend von Ulrike Thielmann (MDR-Kultur).

Werke von Sarah Haffner in der Ausstellung

Die Frauern fordern mind. die Hälfte des Himmels! Wer frei nach dem chinesischen Sprichwort im ersten Salongespräch zur „Galatea“-Ausstellung, in der nur Kunstwerke von Frauen zu sehen sind, einen kämpferischen Abend erwartet hatte, wurde enttäuscht. Potential war auf  dem Podium (s.o.) vorhanden. Aber es plauderte sich gelassen durch den Abend. Keinesfalls war es uninteressant, was die drei frauenbewegten Diskutanten aus ihren jeweiligen Arbeitsgebieten zu erzählen hatten. Dabei ging es auch um die Frage, wie Rollenbilder und Geschlechter im Social-Media-Angeboten abgebildet werden. Hier werden wieder konservative Geschlechterbilder tradiert. Frau Jahn beklagte dazu die Flut der Werbung, die immer weiter zugenommen hatte. Hier konnte Frau von Angern einharken: „Wir müssen junge Menschen stark machen“, für Social-Media und um dieser Werbeflut zu widerstehen.

Wie gut es sich die Männer im Patriarchat bequem gemacht haben, auch indem sie immer noch die meisten Führungsposten in Wirtschaft, Kunst und Staat besetzen, zeigt sich immer dann, wenn die heile Männerwelt in Frage gestellt wird. Frau von Angern konnte da einiges aus dem Landtag erzählen. Dort sind die Frauen durch den Einzug der AfD hoffnungslos zu einer Minderheit geworden und es wird aggressiv alles in Frage gestellt, was an Errungenschaften im Bereich Gendergerechtigkeit und Frauenförderung erreicht worden ist. Da wird nicht in der Sache gestritten, sondern wird es persönlich. Sehr unangenehm, beklagt die Politikerin diesen Mangel an Kinderstube. Lobend wird die Landtagspräsidentin erwähnt, die immer wieder regulierend eingreift. Sie fragt sich, wie soll bei einem solchen Krawallparlament junge Frauen und Mädchen motiviert werden, für das Kommunalparlament, den Stadtrat oder gar den Landtag zu kandidieren? Eine Hoffnung bleibt ihr: Frauen wählen demokratisch.

v. l. n. r.: Ulrike Thielmann, Eva von Angern, Jutta Jahn und Yvonne Most

Und die Künstlerinnen ? Frau Jahn beklagt, dass Künstlerinnen 47 % weniger auf dem Kunstmarkt verdienen als Männer. Sie befürchtet, dass für Künstlerinnen  am Ende nur die Altersarmut bleibt. Eine mögliche Unterstützungsmöglichkeit wären z.B. Ausstellungshonorare. Die Präsenz von Frauen in der Kultur liegt gerade bei 25 %, so Jahn. In Museen liegt der Frauenanteil in Ausstellung bei 12 – 16 %. Da gibt es noch viel zu tun.

Frau von Angern sagte: „Es wird ja auch vom schwachen Geschlecht geredet. Meine weiblichen und empathischen Eigenschaften werden als schwach eingeschätzt. Aber ich bin nicht schwach.“

Was kann man gegen die Männerbünde tun? Frau Most meinte: „Die Frauen müssen zusammenrücken.“ Und Zickereien unter Frauen? Haben alle drei noch nicht erlebt. Gerade der Landesfrauenrat zeigt gelebte Frauensolidarität, da sind sich Frau Jahn und Frau von Angern einig. Jahn erklärte: Die Männer haben doch jahrtausendelange Erfahrung mit netzwerken. Das müssen die Frauen erst noch lernen.

Ist die Frauenbewegung denn tot? Keinesfalls, wie am Abend zu spüren, ist sie nur nicht mehr so kämpferisch. Vielleicht sollten wir am Frauentag auch die Altersarmut von Frauen mehr thematisieren, überlegt Eva von Angern. Aber das ist nicht so sexy! Manchmal helfen kleine Schritte: Sich für den Öffentlichen Nahverkehr auf dem platten Land einzusetzen, ist schon Einsetzen für Frauen, denn diese nutzen diesen hauptsächlich.

Eine frohe Botschaft gab es am Ende: Das Vorzeigeprojekt Frauenorte in Sachsen-Anhalt läuft weiter und wird gefördert. Darüber freut sich die ganze Runde. Frau von Angern hätte sich da noch etwas mehr versprochen. Aber Frauen müssen sich mit wenig zufrieden geben. Wenn Männer ein neues Seilbahn-, Stadion- oder Museumsspielzeug fordern, springt die Landesregierung schneller. Letzteres haben aber nur wir gedacht.

Epilog auf einer Podiumsdiskussion

Wieder zurück am heimischen Herd und vor dem Schlafen das Radio angemacht. Es lief „MDR Kultur“ (ehemals Figaro). Thomas Bille stellte im Gespräch einen berühmten Maler vor. Es war, welch ein Wunder, ein Mann.

ToK, Fotos: ToK

Weitere Salons zur „Galatea“ in der Kunsthalle „Talstraße“:

Halbakt von Herta Günther

Bereits am 19. September wird ein weiterer Salon folgen, dann wird Christoph Sorger vom Arbeitskreis für Vergleichende Mythologie e.V. über die Metamorphosen eines Mythos sprechen von Ovids Metamorphosen bis zu My Fair Lady sowie den Gender Studies und Cyberwelten des 21. Jahrhunderts. Beginn ist ebenfalls 19:30 Uhr. Begleitet wird der Vortrag durch Ulrich Hellem auf der Oboe. Er wird Teile aus den Metamorphosen nach Ovid von Benjamin Britten vortragen.

Ein dritter Salon wird am 9. Oktober um 19:30 stattfinden, dann wird die Autorin Regine Sondermann der Malerin Elfriede Lohse-Wächtler (-1940) eine Stimme geben. Wie in einem Roman wird sie Elfriede Lohse-Wächtlers Leben vor ihren Bildern beschreiben und die Gäste mitten in das Künstlermilieu der Moderne führen. Begleitet wird die Lesung von Brunhilde Fischer auf der Querflöte mit Livekompositionen und Sounds.

Eine Meldung der Kunsthalle „Talstraße“

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