Öffentlich-rechtliche Anstalten: Schlechte Arbeitsbedingungen für Freie Mitarbeiter

15. März 2019 | Kultur, Soziales | 9 Kommentare

Etwa 42.000 Menschen arbeiten für ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutsche Welle. Doch nur gut die Hälfte von ihnen hat eine Festanstellung. Rund 19.000 Personen arbeiten freiberuflich. Aber wie? ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutsche Welle stehen für Qualitätsjournalismus Made in Germany. Für den guten Ruf der Sender sind zu einem großen Teil freie Mitarbeiter verantwortlich. Sie arbeiten als Redakteure, Cutter, Grafiker, Sendeassistenten oder Moderatoren. Manche verdienen gutes Geld, andere sind Hartz 4-Aufstocker. Freie Reporter sind vor Ort, wenn „Lügenpresse“ skandiert wird und sich Aggression an ihnen entlädt. Dennoch müssen sie um ihre berufliche Existenz bangen, wenn Sparmaßnahmen ins Haus stehen. Denn während feste Mitarbeiter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk kaum gekündigt werden, sind die Freien die Manövriermasse der Anstalten.
Eine umfassende Umfrage unter ihnen ergab: 94 Prozent der befragten Freien fühlen sich gegenüber den fest angestellten Mitarbeiter*innen benachteiligt. Als Gründe werden schlechtere Arbeitsbedingungen, geringere Vergütung, schlechtere soziale Absicherung sowie ein unzureichender Kündigungsschutz genannt. Freie leisten der Studie zufolge oft unbezahlte Überstunden und können ihre Tätigkeit schlecht mit der Familie vereinbaren. Bei einigen reicht die Tätigkeit nicht einmal zum Leben aus, so dass sie Zweitjobs annehmen müssen. Darüber hinaus weist die Studie darauf hin, dass ein Großteil der Freien keine durchsetzungsfähige Mitarbeitervertretung hat, da in vielen Sendern Freie nicht durch die Personalräte vertreten werden können.
Jahrzehntelang ist das Thema verdrängt worden. Dabei hat es eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Die Freien stemmen ein Großteil des Programms vor und hinter den Kameras und Mikrofonen. In der Öffentlichkeit wird dieses Problem kaum wahrgenommen. Die Sender schweigen sich darüber aus und die Freien halten oft genug die Klappe, lassen sich ausbeuten, um ihren Mitarbeiterstatus nicht zu gefährden. Jetzt haben sie sich aber in einem ARD-Freienrat organisiert, um ihre Interessen zu vertreten. Der ARD-Freienrat fordert bessere soziale und tarifliche Bedingungen für alle Freien in der ARD. Freie dürfen nicht länger Mitarbeiter*innen zweiter Klasse sein. Guter Journalismus braucht gute Arbeitsbedingungen.
Freie aus ganz Deutschland treffen sich zum ARD/ZDF-Freienkongress, um u.a. über demokratische Mitbestimmung zu sprechen. Der Kongress findet am 5. und 6. April 2019 in Leipzig unter dem Motto „Öffentlich. Rechtlich. Frei.“ statt. Bei Podiumsdiskussionen, Themenpanels und Gesprächen mit Experten sowie Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland geht es unter anderem um realistische Honorare, Age Management, den Bestandsschutz für Freie beim SWR, Wertschätzung und Beteiligung als Teil der Unternehmenskultur. Erörtert wird zudem, ob die anvisierten Strukturveränderungen und Sparmaßnahmen der ARD zu Lasten der freien Mitarbeiter gehen.
(H.J. Ferenz)

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