Auf ein Neues: Die Franckeschen Stiftungen auf dem Weg zum UNESCO-Welterbe 2.0

1. Juni 2021 | Bildung und Wissenschaft, Kultur | Keine Kommentare

Die Franckeschen Stiftungen sind zweifellos ein einzigartiges Zeugnis sozialer und pädagogischer Architektur bürgerlichen Ursprungs aus dem Zeitalter des Barock. Sie wurden 1698 von dem Theologen und Pädagogen August Hermann Francke (1663-1727) gegründet. Im Zentrum des Gebäudeensembles stand die Idee von einer bestmöglichen Bildung für Alle. Unter diesem Motto soll nun auch der zweite Welterbeantrag der Stiftungen stehen.

Denn: Seit 1999 stehen sie auf der deutschen Tentativliste für die UNESCO-Welterbeliste. Ein erster Antrag wurde 2015 nach eingehenden Diskussionen allerdings aus dem Wettbewerbsverfahren zurückgezogen. Seitdem wurde zusammen mit dem Land und dem Auswärtigen Amt über mögliche Perspektiven debattiert. Dank der vollen Unterstützung durch Sachsen-Anhalt kann jetzt die Arbeit an einem zweiten Antrag aufgenommen werden.

Hierzu überreichte Staats- und Kulturminister Rainer Robra Stiftungsdirektor Prof. Dr. Thomas Müller-Bahlke nun einen Zuwendungsbescheid des Landes in Höhe von 186.600 Euro. Minister Robra zeigte sich vom Förderziel überzeugt: „Die UNESCO-Stätten Sachsen-Anhalts sind in ihrer Mehrheit nicht einfach herausragende kulturelle Zeugnisse; sie stehen auch für Ideen, die die Welt verändert haben. Das gilt selbstredend für die Reformation Martin Luthers und für das Bauhaus in Dessau als Grundlage der weltweiten Moderne. Es gilt aber auch für das Gartenreich Dessau-Wörlitz als praktische Anwendung der philosophischen Ideen der Aufklärung. Zur Reihe dieser Orte revolutionärer Ideen zählen auch die Franckeschen Stiftungen. Franckes Vision war die Verbesserung des Menschengeschlechts, die Erziehung und Bildung jedes Einzelnen entsprechend seiner individuellen Begabungen – Waisen und Fürstenkinder gleichermaßen, Jungen ebenso wie Mädchen. Seine Pädagogik ist bis heute wirksam in den Schulen unseres Landes, seine Schulstadt hier in Halle gibt als Kulturdenkmal ersten Ranges Zeugnis von dieser Leistung und ist es wert, als Erbe der Menschheit anerkannt zu werden.“

Staatssekretär Dr. Gunnar Schellenberger unterstrich zudem: „August Herrmann Franckes Idee ist heute so aktuell wie je: die bestmögliche Bildung aller Schülerinnen und Schüler nach Fähigkeit und Neigung zu ermöglichen, unabhängig von Stand und Vermögen ihrer Eltern. Sie ist als Schlüssel für Innovation und persönliche Entfaltung ein Ideal, das mir als langjährigem Pädagogen besonders am Herzen liegt und das in den Franckeschen Stiftungen schon vor über 300 Jahren verwirklicht wurde. Diesen andauernden Auftrag der Franckeschen Stiftungen für die Gegenwart und Zukunft wird die Überarbeitung des UNESCO-Antrags in den Mittelpunkt stellen. Als Mitglied des Kuratoriums der Franckeschen Stiftungen ebenso wie als Staatssekretär für Kultur ist es mir eine Freude, dieses Verfahren finanziell zu unterstützen!“

Die Förderung soll der Erarbeitung der inhaltlichen Grundlagen eines neuen Antragsverfahrens dienen. Der geplante Welterbeantrag der Franckeschen Stiftungen soll unter dem Thema Bildung für Alle stehen. „Vor allem im Bauensemble der Franckeschen Stiftungen kommt die grundlegende Idee der Bildung für Alle einzigartig zur Geltung.“, erläuterte Stiftungsdirektor Thomas Müller-Bahlke. Damit greife die Stiftungen eines ihrer eigenen Kernthemen auf, das bis heute von höchster Aktualität sei und die gesellschaftlichen Debatten bestimme sowie global eine der größten Zukunftsherausforderungen für die Menschheit darstelle.

Das Antragsverfahren ist in zwei Phasen unterteilt. Der Zuwendungsbescheid ermöglicht die Durchführung der ersten Phase. Dabei liegt der Fokus auf einem sogenannten »Upstream-Prozess«, der jetzt vorbereitet und voraussichtlich im Jahr 2023 durchgeführt werden soll. Hierfür werden mit internationaler fachwissenschaftlicher Unterstützung Konzept und Argumentationslinien für den eigentlichen Antrag erarbeitet und anschließend kritisch durch ICOMOS International in einem Dialog geprüft. Erst nach erfolgreichem Abschluss erfolgt in der zweiten Phase die Erarbeitung des eigentlichen Welterbeantrags.

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