Corona Update vom 27.04.2020 – keine Geisterspiele des HFC

27. April 2020 | Nachrichten | 2 Kommentare

Hier das Statement des Oberbürgermeisters im Wortlaut:

Zur Gesundheit in der Stadt:
Gesamtzahl der Infektionsfälle: 313 (+/-0)
Anzahl der Geheilten: 221 (+14)
Aktuell an Corona-positiv Getestete in der Stadt: 81 (-14)
Anzahl der schwer Erkrankten mit stationärer Einweisung: 25 (+1), davon Hallenser: 8 (+/-0)
Anzahl der notwendigen Intensivbehandlungen: 6 (+/-0)
Wir beklagen 11 Tote:
– mit dem Virus gestorben: 9
– an dem Virus gestorben: 2
Anzahl der gestern durchgeführten Abstriche: 46 (-14)

Zur medizinischen Situation in der Stadt Halle:

In der vergangenen Woche war das Thema Test-Offensive immer wieder Gegenstand dieser Pressekonferenz. Heute möchte ich berichten, dass die planmäßige Testung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den 56 Alten- und Pflegeheimen der Stadt fortgesetzt wird.

Die Test-Ergebnisse liegen noch nicht vollzählig vor. Aktuell lässt sich aber sagen, dass wir dank der Abstriche das Virus im Umfeld von zwölf Einrichtungen nachweisen konnten. Sollten weitere Einrichtungen betroffen sein, werden wir – wie in den zwölf Fällen bisher geschehen – die Komplett-Testung des betreffenden Heimes in die Wege leiten.

Ich hatte hier auch berichtet, dass über den positiven Nachweis bei einer Pflegeheim-Mitarbeiterin auch ein Kontakt in eine Kita in der Südstadt nachweisbar war. Dort war das Kind der Betroffenen in der Notbetreuung. Das Kind war zwar negativ getestet worden, dennoch sind heute in der Kita „Pustelinchen“ in der Südstadt – wie angekündigt – die Tests bei allen Kontaktpersonen (zwölf Erzieher und neun Kinder) durchgeführt worden. Die Ergebnisse dazu erhalten wir in den nächsten Tagen.

Zur Sicherheit und Ordnung:
Die Ordnungskräfte der Stadt haben gestern 202 Kontrollen durchgeführt. Daraus resultierten 16 Verstöße: 15 davon aufgrund von Personen-Ansammlungen (eine Gruppe von sieben Personen An der Magistrale war davon die größte). Ein Verstoß wurde auf einem Spielplatz verzeichnet.

Zur Öffnung von Geschäften:
Wie gestern berichtet, liegen der Stadt Halle (Saale) aktuell zwei Anträge auf Sondergenehmigungen zur Öffnung von Geschäften in Halle-Neustadt vor. Heute Morgen hat die Stadt eine Begehung durchgeführt, um die vorgelegten Konzepte zur Öffnung mit den Gegebenheiten vor Ort abzugleichen. Aktuell erfüllt ein Ladengeschäft die Vorgaben des Infektionsschutzes (z.B. strenge Hygienemaßnahmen, Mund-Nasen-Schutz, Abstand, eine Person auf 10 Quadratmetern). Insoweit kommt es hier zur einer vorübergehenden Duldung, zudem das Land bereits Änderungen zur 800-Quadratmeter-Regelung angekündigt hat.

Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass die Politik hier pragmatische Lösungen anbieten muss. Und ich begrüße sehr, dass dies auch der Tenor des Treffens der beiden Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und Sachsen gestern hier im Bergzoo von Halle war. Beide Regierungschefs haben dort genau solche pragmatischen Lösungen für Geschäfte, aber auch für die Gastronomie zukünftig in Aussicht gestellt.

Die Debatte um eine Rückkehr in die Normalität geht also weiter. Das ist gut und wichtig.

Zum Thema HFC:
Am Samstag hatte ich berichtet, dass wir uns bei einer Vor-Ort-Begehung ein Bild davon gemacht haben, ob und wie im Erdgas-Sportpark bei einer Wiederaufnahme des Spielbetriebs in Form von „Geisterspielen“ der Infektionsschutz sichergestellt werden kann.

Frau Dr. Gröger und ich haben heute den HFC-Präsidenten Jens Rauschenbach in einem Schreiben die Ergebnisse der Prüfung übermittelt. Da das Schreiben die allgemeine Position der Stadt Halle wiedergibt und zudem auch andere Sportarten im Blick hat, möchte ich hieraus umfassend zitieren:

Im Briefes heißt es unter anderem:
„Nach der aktuellen 4. SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt (EindV) darf eine öffentliche Veranstaltung nach § 2 Abs. 1 S. 1 nicht stattfinden. Selbst, wenn sich nur rund 300 Personen im Stadion bei einem „Geisterspiel“ aufhalten, handelt es sich um eine Veranstaltung in diesem Sinne.

Zudem ist der Sportbetrieb auf und in allen Sportanlagen untersagt (§ 8 EindV). In besonders begründeten Einzelfällen kann eine Ausnahme schriftlich durch das Landesverwaltungsamt zugelassen werden.

Selbst, wenn der Landesverordnungsgeber in der kommenden Woche in einer neuen 5. EindV Lockerungen von diesen Bestimmungen beschließen sollte, bleibt das örtliche Gesundheitsamt zuständig, den Infektionsschutz in der Stadt Halle (Saale) umzusetzen und zu überwachen.

Dabei wird die Stadt bei allen Anträgen und Begehren (Ladengeschäfte, Kultur- und Sportveranstaltungen) einen einheitlichen Maßstab anwenden, der sich sachlich ausschließlich auf infektionsschutzrechtliche Aspekte und die EindV stützt.

Ziel und Zweck der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie ist es, einer Übertragung der Krankheit vorzubeugen, die Infektion frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern (vgl. Begründung zur EindV).

Die Hallenserinnen und Hallenser haben sich in den vergangenen Wochen an die Kontaktsperren und Abstandsgebote vorbildlich gehalten und große Erfolge erzielt, die jetzt nicht leichtfertig riskiert werden dürfen.

Solange es also keinen geeigneten Impfstoff gibt, wird die Stadt – eine Änderung der EindV in den nächsten Tagen unterstellt – stets durch Auflagen im Stadtgebiet sicherstellen, dass zwischen Personen ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten wird. Zudem werden Personen, die Kontakt zu einem Infizierten hatten, unter Quarantäne gestellt.

Überall dort, wo die strengen Hygiene-Regeln eingehalten werden können, setzt sich die Stadt für Lockerungen ein. Die Hygienemaßnahmen sind durch den Veranstalter oder Inhaber eines Ladengeschäftes in einem Konzept nachzuweisen.  Etwaige Lockerungen sollten nicht von einer Branche oder Sportart abhängig sein, sondern von der Frage, ob der Infektionsschutz für alle Beteiligten gewährleistet werden kann.

Bezogen auf die Sportart Fußball wird die Stadt keinen unterschiedlichen Beurteilungsmaßstab bei der Bewertung von Veranstaltungen vornehmen.

Die Stadt Halle (Saale) sieht keinen sachlichen Grund, warum der Profi-Fußball gegenüber anderen Sportarten bevorzugt werden sollte. Sollte es zu weiteren Lockerungen kommen, sind Sportarten, die allein oder zu zweit betrieben werden können, vorrangig freizugeben (z. B. Golf, Tennis, Tischtennis, Schach, Leichtathletik mit Einschränkungen.)

Zur Aufhebung des Abstandsgebotes:

Eine Genehmigung unter Wahrung des Abstandsgebotes kann sich nicht nur auf die Zeit des Spieles beziehen, sondern muss auch vor und nach dem Spiel im Kabinentrakt des Stadions diskutiert werden.

Da aber die Regeln des Abstandsgebotes vor und nach dem Spiel erschwert bzw. gar nicht umgesetzt werden können, ist die vorgeschlagene Variante aus infektionsepidemiologischer Sicht abzulehnen.

Nur vorsorglich möchte ich abschließend darauf hinweisen, dass die Stadt Halle (Saale) als Kommune in der Konsolidierung derzeit finanziell nicht in der Lage ist, weitere Ausbauten des Stadions zu finanzieren.

Zu Quarantäne-Regeln:

Das Konzept des DFB geht davon aus, dass es bei einer SARS-CoV-2-Infektion eines Spielers nur zu einer individuellen Quarantäne des Infizierten für zwei Wochen kommt. Die Kontaktpersonen (weitere Spieler, Trainer, Ärzte, Betreuer) sollen dagegen nicht von der Isolation betroffen sein.

Die Stadt Halle (Saale) wird an ihrem erfolgreichen Konzept zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie festhalten: Jede Kontaktperson eines Infizierten hat sich für zwei Wochen in Quarantäne zu begeben und wird mit einem Verwaltungsakt vom städtischen Gesundheitsamt dazu aufgefordert. Hierzu gibt es grundsätzlich keine Ausnahmen. Für Spieler, Trainer und Betreuer gilt dabei das Wohnortprinzip, so dass es gegebenenfalls in einer anderen Kommune andere Regelungen gibt.

Fazit:

Sollten sich die zuständigen Gremien des DFB tatsächlich entschließen, einen Sonderspielbetrieb einzuführen, ist vorab zwingend die Genehmigung des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt im Hinblick auf den Sportbetrieb und die Erlaubnis des Gesundheitsamtes der Stadt Halle (Saale) zur Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes einzuholen.

Der Erdgas Sportpark ist nicht auf eine Pandemie-Lage ausgerichtet und müsste mit einem erheblichen Kostenaufwand nachgerüstet werden. Hinzu käme eine Vielzahl von Hygiene-Auflagen.

Aus den oben genannten Gründen können wir Ihnen im städtischen Stadion in der gegenwärtigen Pandemie-Lage, deren Ausgang zudem noch nicht absehbar ist, einen Fußball-Spielbetrieb nicht in Aussicht stellen.

Ich bedauere, Ihnen keine andere Auskunft geben zu können.“ (Ende Zitat aus dem Brief)

Liebe Hallenserinnen und Hallenser,
die Deutsche Presse Agentur berichtet heute von einem Bericht, den Kanzleramtsminister Helge Braun am vergangenen Freitag an die Abgeordneten der Großen Koalition geschickt hat. Darin heiß es wörtlich, dass „auch berücksichtigt werden muss, dass die Epidemie sich in Deutschland nicht gleichmäßig ausbreitet, sondern die Lage regional unterschiedlich sein kann“. Dies könne bedeuten, „dass Beschränkungen in bestimmten Regionen aufrechterhalten oder nach zwischenzeitlichen Lockerungen wieder verschärft werden müssen“.

Aus den Pressekonferenzen der vergangenen Tage wissen Sie, dass ich diese Einschätzung ausdrücklich teile. Und zwar in beiden angesprochenen Punkten. Ja, es muss möglich sein, vor Ort in den Kommunen Einzelfall-Entscheidungen zu treffen, weil wir nur hier mit der nötigen Flexibilität auf aktuelle Entwicklungen reagieren können. Das gilt besonders in einer kreisfreien Stadt, in unserem Flächenland Sachsen-Anhalt.

Und ja: Wir müssen bei allem Wunsch nach Lockerungen den Menschen auch immer wieder sagen, dass wir nicht über den Berg sind. Sollten die Infektions- und vor allem die Krankheitsfälle wieder ansteigen, werden wir auch wieder über Verschärfungen reden müssen. Unter weiter die richtige Balance finden.

Ich will das auch deshalb so ausdrücklich betonen, weil sich mancherorts – auch hier in der Stadt – der Eindruck aufdrängt, dass eine gewisse Sorglosigkeit einzieht.

Das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ hat jüngst die Ergebnisse einer Umfrage der Uni Erfurt veröffentlicht. Danach hält ein Drittel der Menschen in Deutschland es gegenwärtig bereits für unwahrscheinlich, sich beim Einkaufen, beim Arzt oder bei Treffen mit Freunden mit dem Corona-Virus zu infizieren. Zwar würden die Ausgangsbeschränkungen, Abstandsregelungen und Quarantäne noch immer von einer Mehrheit als richtig und wichtig empfunden; aber bereits 20 Prozent der Befragten geben an, sich über die Maßnahmen zu ärgern oder sogar Wut zu empfinden. Zu dieser Gruppe zählen vor allem junge Menschen unter 30.

Mein Appell lautet daher: „Genehmigen“ Sie sich keine Ausnahme von den Regelungen. Machen Sie sich klar, welche Folgen es haben kann, wenn wir zu sorglos mit dem Thema umgehen.

Denn: Nur gemeinsam und solidarisch können wir erfolgreich gegen das Virus sein.

Bleiben Sie gesund – und allen Erkrankten: Gute Besserung!

Auch heute wieder die tägliche Corona-Pressekonferenz mit dem berühmten Dreigestirn Wiegand, Brederlow und  Dr. Gröger.

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