Forschende identifizieren Gen-Netzwerke für Ährchenbildung bei Gerste

29. April 2021 | Bildung und Wissenschaft, Natur & Gesundheit | Keine Kommentare
Als Ähren bezeichnet man in der Botanik einen bestimmten Typ des Blütenstandes mit gestreckter Hauptachse, an der ungestielte Einzelblüten sitzen. Für den Kornertrag sind diese entscheidend, weshalb es von großer Bedeutung ist, den Prozess der Ährchenbildung von Getreiden immer besser zu verstehen. In der Forschung geht es dabei vor allem um die Frage, wie einzelne Gene zusammenwirken.
Ein internationales Forschungsteam unter Führung des Leibniz-Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) hat daher in einem mehrjährigen Forschungsvorhaben feinste Gewebeteile, die an der Organbildung der Gerstenähre beteiligt sind, mittels Laser herausgeschnitten und genauer untersucht. Die vorgestellten Ergebnisse werden speziell für vergleichende Studien von immenser Bedeutung sein. Die Studie erschien im Fachmagazin „Science Advances“.

Die Organentwicklung in Pflanzen wie der Gerste erfolgt meistens durch kombinatorische Aktivität sogenannter Meristeme. Meristeme sind Pflanzenzellen oder -gewebe, die ähnlich den Stammzellen beim Menschen, neue Organe hervorbringen können – darunter auch Ährchen. Ährchen sind Bestandteile der Ähre. Sie bilden die Blütchen aus, aus denen wiederum nach erfolgter Befruchtung die Körner entstehen.

Die Morphogenese der Infloreszenz bei Gräsern (Poaceae) ist komplex und beruht auf einem spezialisierten Blütenmeristem, dem Ährchenmeristem, aus dem alle anderen Blütenorgane hervorgehen und das auch das Korn entstehen lässt. Das Schicksal des Ährchens bestimmt also nicht nur den Fortpflanzungserfolg, sondern auch zahlreiche ertragsbezogene Merkmale. „Das ist vor dem Hintergrund des Ziels, eine möglichst große Ernährungssicherheit für eine wachsende Weltbevölkerung zu schaffen, also ein wichtiger Ansatzpunkt.“, sagt Prof. Dr. Thorsten Schnurbusch, Leiter der unabhängigen Arbeitsgruppe Pflanzliche Baupläne am IPK, Heisenberg-Professor des IPK und der MLU und Initiator des Projektes.

Dem internationalen Forschungsteam ging es nun darum, regulatorische Netzwerke, Signalwege und Schlüsselregulatoren der Gerstenblüte zu identifizieren und zu beschreiben. „Dazu haben wir zunächst feinste Gewebeteile – und damit besonders reines Gewebe – in einem räumlich stark begrenzten Bereich mittels Laser herausgeschnitten.“, erklärt Dr. Johannes Thiel, Erst-Autor der Studie. Diese Meristeme wurden in der Folge genau analysiert. „Wir haben eine sehr gute Auflösung der Transkripte erhalten, die Gene in Proteine umsetzen und so letztlich an der Organbildung beteiligt sind.“, sagt Dr. Ravi Koppolu, ebenfalls Erst-Autor der Studie.

Durch die Sequenzanalyse der Meristeme wird nachvollziehbar, ob bestimmte Gene in der Ähre exprimieren, also ob die genetische Information eines Gens zum Ausdruck kommt und in Erscheinung tritt. „Es geht also darum, wie der Genotyp einer Pflanze als Phänotyp ausgeprägt wird“, erklärt Schnurbusch.

Er ist fest davon überzeugt, dass diese Erkenntnisse für weitere vergleichende Untersuchungen von großer Bedeutung sein werden. „Möglich werden so noch speziellere Datenanalysen und somit ein noch besseres Verständnis ganz spezieller Prozesse der Ährenbildung.“ So ermöglicht eine Datenbank, die die Wissenschaftler des IPK in enger Zusammenarbeit mit ihren Kolleginnen und Kollegen der Universität Toronto (Kanada) entwickelt haben, die grafische Darstellung gewünschter Kandidatengene und deren Expressionsprofile innerhalb der Ähre.

„Wir haben auf der einen Seite selbst ein besseres Verständnis der regulatorischen Netzwerke gewonnen und können auf der anderen Seite der wissenschaftlichen Gemeinschaft nunmehr ein wichtiges Hilfsmittel an die Hand geben, das die weitere Arbeit erleichtert und viel Zeitgewinn bei eigenen Analysen bringt.“, so das Fazit von Schnurbusch.

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