Landesregierung fordert Begrenzung des Zuzugs aus Syrien und Afghanistan

27. August 2024 | Politik | Keine Kommentare

Ministerpräsident Reiner Haseloff und Innenministerin Dr. Tamara Zieschang haben heute  den Bund aufgefordert, umgehend ein Sofortprogramm zur Begrenzung des Zuzugs aus Syrien und Afghanistan sowie zur Erleichterung von Rückführungen in diese Länder umzusetzen. Sie drängen darauf, die operativen Voraussetzungen für die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan und Syrien zu schaffen. Dabei solle der Bund alle rechtlichen und praktischen Möglichkeiten ausschöpfen, um hochsicherheitsrelevante Personen, insbesondere schwere Straftäter, in ihre Heimatländer zurückzuführen.

Zudem fordern Haseloff und Zieschang, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die bestehenden Abschiebungsverbote für ausreisepflichtige afghanische und syrische Staatsangehörige unverzüglich überprüft. Dies sei angesichts der veränderten Lage in beiden Ländern notwendig. Im Fokus der Überprüfung sollen vor allem Fälle von Straftätern und Gefährdern stehen. Bereits im Juli 2024 hatte Sachsen-Anhalt dem BAMF eine Liste zur Überprüfung von Abschiebungsverboten übermittelt.

Weiterhin verlangen die Politiker, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten sofort auszusetzen. Nach geltendem Recht können monatlich bis zu 1.000 Visa für den Nachzug von Familienangehörigen erteilt werden. Angesichts der hohen Zahl an subsidiär Schutzberechtigten aus Syrien und Afghanistan sehen Haseloff und Zieschang hier Handlungsbedarf, um den Zuzug zu begrenzen.

Das 2022 eingeführte Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete afghanische Staatsangehörige soll nach Ansicht der beiden Landespolitiker ebenfalls beendet werden. Dieses Programm, das nicht die Aufnahme von Ortskräften umfasst, sei in der aktuellen Lage nicht mehr gerechtfertigt.

Schließlich fordern sie eine Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan und Syrien. Aktuelle Gerichtsurteile deuten darauf hin, dass Rückführungen unter bestimmten Bedingungen möglich sind, da nicht mehr pauschal von einer Gefährdung der Rückkehrer ausgegangen werden könne. Auch Berichte über Schutzberechtigte, die in ihre Heimatländer reisen, um dort Familienangehörige zu besuchen, sprächen gegen eine generelle Gefährdungslage.

Ministerpräsident Haseloff betont, dass der Bund die Möglichkeit habe, den Zuzug aus diesen Ländern zu steuern und fordert entschlossenes Handeln, um die angekündigten Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern umzusetzen. Innenministerin Zieschang zweifelt zudem an der weiterhin bestehenden Notwendigkeit des subsidiären Schutzes für alle Regionen Syriens und Afghanistan, insbesondere wenn Rückreisen in diese Länder möglich seien.


Quelle: Pressemitteilung des Innenministeriums:

Zur besseren Begrenzung des Zuzugs aus Syrien und Afghanistan und zur Ermöglichung von Rückführungen in beide Länder bitten der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Reiner Haseloff, und Innenministerin Dr. Tamara Zieschang den Bund, mit einem Sofortprogramm folgende Maßnahmen kurzfristig und konsequent umzusetzen:

1. Die operativen Voraussetzungen für die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan und Syrien müssen umgehend geschaffen werden.

Der Bund muss Wege eröffnen, wie Abschiebungen und kontrollierte freiwillige Ausreisen hochsicherheitsrelevanter Personen nach Afghanistan und Syrien praktisch durchgeführt werden können. Zum Schutz der eigenen Bevölkerung – das ist der vorrangige Auftrag deutscher Behörden – sind alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um insbesondere schwere Straf­täter und Gefährder nach Afghanistan und Syrien abzuschieben.

2. Sämtliche Abschiebungsverbote für ausreisepflichtige afghanische und syrische Staatsangehörige sind durch das BAMF unverzüglich zu überprüfen.

Allein in Sachsen-Anhalt ist für gut 2.450 afghanische und gut 450 syrische Staatsangehörige, die eigentlich ausreisepflichtig wären, ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) festgestellt worden. Sämtliche Abschiebungsverbote müssen im Hinblick auf die mittlerweile veränderte Situation in Afghanistan und Syrien überprüft werden. Priorität muss dabei die Überprüfung von Abschiebungsverboten für ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder haben. Hierzu hat Sachsen-Anhalt dem BAMF bereits Anfang Juli 2024 eine erste Liste mit der Bitte um Prüfung übersandt.

3. Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten muss unverzüglich ausgesetzt werden.

Nach § 36a Abs. 2 Satz 2 Aufenthaltsgesetz können derzeit 1.000 Visa im Monat für den Familiennachzug (Kernfamilie) zu Personen mit subsidiärem Schutzstatus erteilt werden. Nach der Asylgeschäftsstatistik des BAMFwurde allein im Jahr 2023 bundesweit 1.115 afgha­nischen Staatsangehörigen und 67.044 syrischen Staatsangehörigen subsidiärer Schutz gewährt. Deren nachzugswillige Familienangehörige können Anträge auf Familiennachzug bei der für ihren aktuellen Aufenthaltsort zuständigen deutschen Auslandsvertretung stellen.

4. Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan aus dem Jahr 2022 sollte umgehend beendet werden.

Das im Dezember 2022 vom Bund beschlossene Bundes­aufnahmeprogramm Afghanistan für besonders gefährdete afghanische Staats­angehörige (welches also nicht die Aufnahme von Ortskräften, die in Afghanistan für Deutschland tätig waren und denen dort deshalb Verfolgung oder Repressionen drohen, betrifft) sollte vom Bund umgehend eingestellt werden.

5. Neubewertung der Sicherheitslage

Dringend erforderlich ist eine Neubewertung der Lage in Afghanistan und Syrien durch den Bund. Lageberichte des Bundes müssen sachlich nüchtern und differenziert ohne pauschale Vorfestlegungen die Lage vor Ort analysieren.

Nach aktueller Rechtsprechung ist nicht mehr anzunehmen, dass zurückkehrende afghanische Staatsangehörige ausnahmslos oder wenigstens im Regelfall einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wären (VG Magdeburg, Urteil vom 08.04.2024 – 1 A 3/24 MD, S. 33 f.). Rückführungen von gesunden männlichen afghanischen Staatsangehörigen sind insofern grundsätzlich möglich.

Dies gilt ebenso für die Neubewertung der Lage in Syrien. Hierzu hat das OVG Münster sich aktuell mit Urteil vom 16. Juli 2024 (14 A 2847/19.A) mit dem Lagebericht des Auswärtigen Amts auseinandergesetzt und diesem widersprechend ausgeführt, dass einem Syrer, der keinen Wehrdienst geleistet hat, in Syrien keine Verfolgung und kein ernsthafter Schaden drohe.

Ebenso belegen Fälle, nach denen Personen, die hier Schutz erhalten haben, in ihr Herkunftsland zurückkehren, um dort Familienangehörige zu besuchen, dass von der pauschalen Annahme einer Gefährdungs- oder Verfolgungslage in Afghanistan und Syrien nicht mehr ausgegangen werden kann.

Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: „Der Bund hat es nach wie vor in der Hand, den Zuzug aus Syrien und Afghanistan zu begrenzen. Wenn ein ernsthafter Wille vorhanden ist, können der Ankündigung, Straftäter und Gefährder nach Syrien und Afghanistan abzuschieben, auch kurzfristig Taten folgen. Das Land Sachsen-Anhalt wird seinen Teil dazu beitragen.“

Innenministerin Dr. Tamara Zieschang: “ Die Lage in Syrien eine andere ist als vor zehn Jahren. Daher bezweifle ich, dass es noch generell den subsidiären Schutzgrund für alle Regionen Syriens gibt. Und wenn Menschen in Syrien in einigen Regionen kein schwerwiegender Schaden mehr zu befürchten haben, gibt es auch keinen Grund mehr, diese bei uns aufzunehmen. Und spätestens wenn Afghanen in den Heimaturlaub reisen können, spricht einiges dafür, dass es keinen allgemeinen oder pauschalen Schutzgrund für Afghanistan mehr geben kann.“

 

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